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Rose findet doch noch ihren Platz, und im Weiterfahren hängt das Auge von manchem jungen Leutnant nachdenklich an dieser roten Rose.

Auf den Hauptbahnhöfen sind die zum Abtransporte bereiten Regimenter angetreten. Dazwischen Reserve-Offiziere, die zu ihrem Truppenkörper einrücken.

Da stehen Bräute, junge Frauen und weißhaarige Eltern. Und kein Augenblick, vielleicht nicht einmal der letzte Augenblick draußen im Feld, bevor er geht für immer, ist dem Soldaten so hart wie dieser letzte Kuß. Die mühsam beherrschten alten Gesichter der Eltern, das bleiche Gesichtchen der jungen Frau, mit den zerdrückten Tränen im Augenwinkel. Doch selbst in der Abschiedsnot dieser Stunde leuchtet aus allen Augen der gleiche reine Glanz.

Der heilige Wille zum letzten großen Opfer.


Wien, den 20. August 1914.

Ich habe meinen Mann, der als Sanitätsoffizier einem Przemysler Spital zugeteilt ist, gebeten, mich beim roten Kreuz in Przemysl anzumelden und warte sehnsüchtig darauf, daß man mich ruft.

Es duldet mich nicht hier. Ich habe keine Kinder, die mich halten, und darum bin ich am ersten berufen.

Es drängt mich, an der Seite meines Mannes im Herzen dieser großen Zeit zu stehen. Sind meine Kräfte auch schwach, so wird doch auch mir eine Aufgabe werden.


Przemysl, den 11. September 1914.

Heute bin ich den 4. Tag hier. Am Abend des 7. September kam ich in Przemysl an.

Fast gleichzeitig zogen die Russen in Lemberg ein!

Ich habe die 47 stündige Fahrt von Wien hierher

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)