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im Gange. Der Feind hat sich auf Novosielica zurückgezogen.

Die Zahl der Gefangenen an den masurischen Seen hat sich bisher auf 64 000 Mann erhöht.

S. M. der deutsche Kaiser stand selbst in der Schlachtfront.“

Przemysl, den 23. Februar 1915,
     am 108. Tag der 2. Belagerung.

Nach dem letzten Sturm scheinen die Russen erschöpft. Sie greifen nicht mehr an und haben sich stellenweise zurückgezogen.

Das Feuer der Unseren ist nicht gänzlich eingestellt, doch fallen nur mehr wenige Schüsse. Bei der Besatzung und der Zivilbevölkerung ist frohe Zuversicht, und die Hoffnung aus baldige Befreiung nimmt täglich zu.

Besonders mittags und abends sind die Straßen voll heiterer Menschen. Die ersten warmen Vorfrühlingstage locken alle hinaus und machen doppelt zuversichtlich. Jungen laufen durch die Straßen und verkaufen die ersten Schneeglöckchen, die jungen Mädchen stecken sich Schneeglöckchen, Veilchen und Föhrenzweiglein an die Brust und Offiziere und Mannschaften tragen den frischen Tannenbruch an der Feldmütze.

Seit vier Wochen sind wir in der Stadt von russischen Bomben verschont geblieben — im Augenblick, wo ich diese Zeilen niederschreibe, hört man Schlag auf Schlag drei Explosionen.

Nachmittags. — Die russischen Flieger haben uns wieder besucht. Eine Bombe ging in der Ulica Grodzka nieder. Sie fiel in den Hof des katholischen Heimes für arme Mädchen, gegenüber dem Offizierskasino. Sie zertrümmerte im Kasino die Fensterscheiben, warf

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/135&oldid=- (Version vom 1.8.2018)