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10 Tagen nur zweimal Pferdefleisch, an den übrigen Tagen Gefrierfleisch und Rindfleischkonserven.

Will man damit einer allgemeinen Erschöpfung der Mannschaft vorbeugen, oder ist dies tatsächlich, wie allgemein behauptet wird, auch ein Zeichen unserer zunehmend günstigeren äußeren Lage?

Jedenfalls erwacht damit wieder in jedem einzelnen die Spannkraft und der Glaube an den baldigen Entsatz.

Man spricht davon, daß die Entsatzarmee schon ganz nahe sei und hofft noch diesen Monat auf Befreiung. Man erzählt sich sogar, daß unsere Armee schon in Chyrow stehe, aber ein ausgesandter Flieger hat sie nicht sichten können.

Seit einigen Tagen rollen ab und zu wieder vereinzelte Salven um die Festung.

Es ist ein unendliches Aufatmen unter der Besatzung und Bevölkerung. Wie gerne glauben Menschen, die monatelang leiden, an das Gute!

Einstweilen schreitet unsere Offensive in der Bukowina und in den Karpathen gut vorwärts, Schnee und Kälte zum Trotz.

Przemysl, den 11. Februar 1915,
     am 96. Tag der 2. Belagerung.

Nachrichten, die durch Flieger vom Hinterland her eingebracht werden, berichten, daß draußen auf der Strecke ganze Waggons voll Liebesgaben für uns stehen. Die Pilsner Bierbrauerei soll der Besatzung von Przemysl mehrere Waggons Pilsner gespendet haben, die nur darauf warten, wenn die Festung frei ist, hereinzurollen. Bier, Bier, die Soldaten lachen über das ganze Gesicht, wenn sie das hören. Es klingt wie ein Klang aus guten fernen Zeiten! Fast hätten sie vergessen,

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/127&oldid=- (Version vom 1.8.2018)