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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9

Chinesisch, Japanisch, Hindustani, Arabisch, Persisch, Türkisch und Suaheli. In Verbindung mit dem sprachlichen Unterricht werden auch zur Vermittelung des Verständnisses für Land und Leute die Realien der betreffenden Sprachgebiete, insbesondere Religion, Sitten und Gebräuche, Geographie, Statistik und neuere Geschichte, behandelt. Für jede Sprache wird ein besonderer Lehrkursus eingerichtet, welcher den theoretischen Unterricht mit praktischen Übungen in der Art verbindet, daß regelmäßig der erstere durch deutsche Lehrer, die letztern durch eingeborne Lektoren erteilt werden. Der Kursus dauert 6–8 Semester für das Chinesische, 6 Semester für das Japanische, je 4 Semester für Hindustani, Arabisch, Persisch und Türkisch, 2 Semester für Suaheli. Mit Beginn jedes Wintersemesters wird für jede Sprache, sofern ein Bedürfnis vorliegt, ein neuer Kursus eröffnet. Die Zahl der Teilnehmer an einem Kursus darf in der Regel nicht mehr als 12 betragen. Die Kurse sind für unbemittelte deutsche Teilnehmer unentgeltlich. Zu den Prüfungen am Schluß der einzelnen Kurse werden nicht nur die Mitglieder des Seminars, sondern in gleicher Weise auch solche Kandidaten zugelassen, welche ihre Studien an andern deutschen Universitäten gemacht haben. Künftige Aspiranten für den Dolmetschdienst des Auswärtigen Amtes, welche eine solche Prüfung bestanden, haben Aussicht, bei eintretenden Vakanzen vor andern Aspiranten berücksichtigt zu werden.

Dr. R. K. Der Polarforscher Leutnant Greeley findet gebührende Erwähnung in unserm Artikel „Nordpolarexpeditionen“. Einen besondern Artikel haben wir ihm nicht geben können, da wir auch eine große Reihe andrer Männer so hätten bedenken müssen, deren Thätigkeit ausführliche Würdigung unter den Stichwörtern findet, welche die Gebiete eingehend behandeln, auf denen sie sich ausschließlich bewegen.

S. Sch. in München. Die Sachen, die Sie in Ihrem Brief aufzählen, gehören in die Diätetik oder in die Arzneimittellehre; es liegt kein Grund vor, sie unter einem besondern Stichwort zusammenzufassen, es sei denn, man wolle damit medizinische Sektiererei treiben, was nicht unsre Sache ist. Ihr Citat aus Moleschott zielt auf die Physiologie und ist gewiß nicht geeignet, unter dem usurpierten wissenschaftlichen, aber wenig benutzten Stichwort eine neue Disziplin für Geheimmittelkrämer und Phantasten zu schaffen.

F. Koch in Düsseldorf. Durch die Errichtung geographischer Lehrstühle an englischen Universitäten ist ein bedeutsamer Fortschritt in der Hebung des geographischen Unterrichts in England zu verzeichnen. Die Universität Oxford hat im Juni d. J. einen solchen Lehrstuhl errichtet, und Cambridge wird im nächsten Jahr diesem Beispiel folgen; in letzterm Fall wird die R. Geogr. Society einen beträchtlichen Zuschuß zu den Kosten leisten. Auch in Rußland steht die Errichtung geographischer Lehrstühle bevor; die erste Professur für Geographie sollte noch 1887 in St. Petersburg gegründet werden.

Abonnent in Prag. Die von Dr. Otto Finsch geschaffene Sammlung von Gesichtsmasken von Völkertypen der Südsee und des Malaiischen Archipels umfaßt im ganzen 164 Stück und kostet 1600 Mk.; eine Probesendung von 6 Stück ist für 80 Mk. zu beziehen. Die Gesichter sind von dem bekannten Forscher während seiner großen Reise durch den Stillen Ozean 1879–82 in Gips abgeformt; die Vervielfältigung und das schwierige Kolorit der Masken wurde von Castans Panoptikum in Berlin besorgt.

M. Streckfuß in Berlin. Sie haben recht. An der betreffenden Stelle hat der unvermeidliche Schreib- und Druckfehlerteufel, der selbst der größten Sorgfalt gegenüber seinen Tribut begehrt, sein Wesen getrieben. Es muß Bd. II, S. 854 heißen:

Mit Einschluß der Totgebornen kamen im Durchschnitt von 1872 bis 1877 auf 1000 Einw. Geburten:

in Österreich 40,1
„ England 37,3
„ Italien 38,1
„ Frankreich 27,3
im Deutschen Reich 41,7
in Belgien 34,0
„ der Schweiz 32,4
„ Schweden 31,6

Mithin kam eine Geburt

  Einw.
in Österreich auf 24,9
„ England auf 26,8
„ Italien auf 26,2
„ Frankreich auf 36,6
im Deutschen Reich auf 24,0
in Belgien auf 29,4
„ der Schweiz auf 30,9
„ Schweden auf 31,6

Diese Zahlen stimmen mit den Ausführungen überein, welche a. a. O. gebracht werden. Die Zeit von 1872 bis 1877 wurde deswegen gewählt, weil für dieselbe aus allen genannten Ländern vergleichbare Angaben vorlagen.

H. Wagner in Posen. Der Austausch der Ratifikationen des internationalen Vertrags zum gegenseitigen Schutz des Urheberrechts an Werken der Litteratur und Kunst ist am 5. September d. J. in Bern vollzogen worden. Die vertragschließenden Teile sind: Deutschland, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Irland, Italien, Spanien, die Schweiz, Haïti, Liberia, Tunis. Die Übereinkunft wird drei Monate nach dem nunmehr erfolgten Austausch der Ratifikationen in Kraft treten.

Z. in Stuttgart. Die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen kann schon jetzt durch Gerichtsbeschluß ausgeschlossen werden, wenn sie eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit besorgen läßt (deutsches Gerichtsverfassungsgesetz, § 170 ff.). Der Gesetzentwurf, welcher in der Reichstagssession von 1887 vorgelegt und in der Kommission durchberaten wurde, bezog sich auf solche Fälle, in denen die Öffentlichkeit der Verhandlung durch Gerichtsbeschluß ausgeschlossen ist. Die Erfahrungen, welche man bei dem bekannten Prozeß gegen den Maler Gräf in Berlin und in einigen Landesverratsprozessen machte, führten zu diesem Gesetzvorschlag, welcher folgendes bezweckte: 1) Nach bestehender Gesetzesvorschrift muß auch in denjenigen Fällen, in welchen die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, die Verkündung des Urteils öffentlich erfolgen. Nach dem Gesetzentwurf sollte nur die Urteilsformel (der sogen. Tenor des Urteils) künftighin öffentlich verkündet werden müssen, während dies bezüglich der Urteilsgründe nicht mehr der Fall sein würde. 2) Es sollten in der Folgezeit über Gerichtsverhandlungen, die unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattgefunden haben, Berichte durch die Presse nicht mehr veröffentlicht werden dürfen. 3) Gegenwärtig kann der Vorsitzende zu nichtöffentlichen Verhandlungen einzelnen Personen den Zutritt gestatten. Diese Bestimmung sollte künftighin wegfallen, unbeschadet des aus der Dienstaufsicht fließenden Rechts der Justizaufsichtsbeamten, auch nichtöffentlichen Gerichtsverhandlungen beizuwohnen. 4) Das Gericht sollte befugt sein, den bei einer nichtöffentlichen Verhandlung anwesenden Personen, z. B. Zeugen und Sachverständigen, die Geheimhaltung des Inhalts bestimmter Teile der Verhandlung bei Strafvermeidung zur besondern Pflicht zu machen, sofern von dem Bekanntwerden desselben eine Gefährdung der Staatssicherheit zu befürchten sei. Die vom Reichstag zur Vorberatung

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 1027. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b9_s1027.jpg&oldid=- (Version vom 30.7.2021)