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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9

Waren mit Verlust losschlagen und kehrte nun nach Wellaune zurück, um vom Junker seine Pferde zurückzuverlangen. Dieser erklärte sich zur Herausgabe bereit, wenn K. das Futtergeld im Betrag von 5–6 Groschen erstatte, wozu sich K. aber nicht verstand. K., der infolge der Vernachlässigung seines Geschäfts in Vermögensverfall geriet, nahm nun dem Junker gegenüber, den er als den Urheber seines Unglücks ansah, die Hilfe seines Landesherrn, des Kurfürsten von Brandenburg, in Anspruch, indem er Erstattung des doppelten Wertes seiner Pferde und 150 Gulden für den Schaden, den er durch verspätetes Eintreffen auf der Leipziger Messe erlitten haben wollte, beanspruchte. Zaschwitz dagegen wies nicht nur diese Ansprüche als ungerechtfertigt zurück, sondern verlangte noch ein Futtergeld von 12 Gulden. Schließlich nahm K. die abgetriebenen und dem Tod nahen Tiere, von denen eins auch bald starb, gegen Zahlung von 12 Gulden unter Vorbehalt seiner weitern Forderungen zurück. Nachdem nun nochmalige Vergleichsverhandlungen erfolglos gewesen waren, erließ K., welcher keinen Rechtsschutz fand, einen Fehdebrief, der in Sachsen große Unruhe erregte. Mehrere Feuersbrünste in Wittenberg und umliegenden Dörfern wurden K. schuld gegeben. Auf einem Rechtstag in Jüterbog reinigte sich K. aber durch einen Eid von jenem Verdacht und versprach, die Fehde einzustellen, wenn ihm die Familie des inzwischen verstorbenen Junkers v. Zaschwitz 600 Gulden als Entschädigung zahle. Wiewohl die Familie v. Zaschwitz sich hiermit einverstanden erklärte, so erhob doch der Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige von Sachsen gegen den Vertrag nicht nur Einspruch, sondern ließ auch auf K. fahnden und setzte einen Preis von 100 Thlr. auf dessen Einbringung. Nun begann K. 1535 wirklich die angedrohte Fehde mit einem Einbruch in die Mühle zu Gommig und fing, nachdem nochmals wiederholt, aber vergeblich, gütliche Erledigung der obschwebenden Händel versucht worden war, Wegelagerei an. So kam es denn zu einem förmlichen Kampf zwischen K. und seinen Genossen und Sachsen, dem man auf seiten Brandenburgs unthätig zuschaute, wenn man nicht K. insgeheim begünstigte. Dieser überfiel und plünderte Marzahna, erpreßte bedeutende Summen und gedachte selbst Baruth in Asche zu legen. Für jede Exekution, die an einem seiner Genossen vollzogen ward, nahm er blutige Rache. Erst 2. Jan. 1539 erließ der Kurfürst Joachim II. von Brandenburg eine Aufforderung an seine Behörden, den Sachsen zur Habhaftwerdung Kohlhases behilflich zu sein. Doch niemand wollte sich dazu verstehen. Da jeder Mord und Brand ihm zugeschoben wurde, so stieg die Furcht vor ihm ins Maßlose, und ganz Kursachsen war in Verzweiflung. Ein Versuch, durch Luther einen Vergleich mit Kursachsen herbeizuführen, mißlang. K. war inzwischen immer mehr verwildert und erwählte sich seine Helfershelfer aus dem verworfensten Gesindel. Auf Anraten eines gewissen Georg Nagelschmidt beschloß er zuletzt, seinen eignen Landesherrn zu befehden, um denselben dadurch zu nötigen, mit Sachsen zu brechen. Wirklich glückte es ihm, einen Transport Silber, der aus den mansfeldischen Bergwerken nach Berlin ging, bei dem danach sogen. Kohlhasenbrück bei Potsdam wegzunehmen; er wurde aber nun auf Befehl Joachims II. 8. März 1540 ergriffen und 22. März d. J. vor dem Georgenthor zu Berlin aufs Rad geflochten. Denselben Tod starb sein Genosse Nagelschmidt. Vgl. Burkhardt, Der historische K. und H. v. Kleists Michael Kohlhaas (Leipz. 1864).

Kohlhernĭe (Kohlkropf), eine in ganz Europa allverbreitete, aber auch in Amerika auftretende ansteckende Krankheit, welche Kopf-, Blumen-, Braun-, Wirsingkohl, Kohlrabi und alle Kohlrübenarten, den Raps sowie einige andre Kruciferen befällt und dieselben oft in hohem Grad schädigt. Die Krankheit äußert sich in unregelmäßigen, meist unförmlichen Wurzelauswüchsen, infolge deren die Kohlköpfe entweder gar nicht oder nur mangelhaft zur Ausbildung gelangen. Diese Krankheit wird nach Woronin hervorgerufen durch einen Schleimpilz, Plasmodiophora Brassicae Wor. Er besteht aus kleinen amöbenartigen Zellchen, welche in die Wurzeln hineinkriechen und in deren Zellen zu kleinen Schleimklümpchen zusammentreten. Diese zerfallen später in eine Summe von winzigen Kugeln (Sporen), deren jede wieder eine Amöbe erzeugt. Die Zellen der Wirtspflanze werden ausgesogen, und das Zellgewebe geht bald in Fäulnis über. Caspary und Frank vermochten den Pilz in den wurzelkranken Kohlpflanzen nicht aufzufinden. Als Mittel zur Vernichtung des Pilzes werden empfohlen: das Verbrennen der alten Kohlstrünke nebst deren Wurzeln; sorgfältige Auswahl der zum Auspflanzen bestimmten Keimlinge; die Einführung einer strengen, rationellen Wechselwirtschaft.

Kohlkropf, s. v. w. Kohlhernie.

Kohlmalve, s. Malva.

Kohlpalme, Pflanzengattung, s. Euterpe und Oreodoxa.

Kohlpappel, s. Malva.

Kohlrabi, s. Kohl.

Kohlraps, s. Raps.

Kohlrausch, 1) Friedrich, Schulmann und historischer Schriftsteller, geb. 15. Nov. 1780 zu Landolfshausen bei Göttingen, studierte in Göttingen Theologie und besuchte sodann als Erzieher des jungen Grafen Wolf Baudissin noch die Universitäten Berlin, Kiel und Heidelberg. 1810 ward er Vorsteher einer Erziehungsanstalt zu Barmen, 1814 Lehrer am Gymnasium zu Düsseldorf, 1818 Konsistorial- und Provinzialschulrat in Münster, 1830 aber als Oberschulrat und Generalinspektor aller gelehrten Schulen des Königreichs nach Hannover berufen, wo er, 1864 zum Generalschuldirektor ernannt, 29. Jan. 1867 starb. Sein bekanntestes Werk ist die „Deutsche Geschichte für Schulen“ (Elberf. 1816; 16. Aufl., bearbeitet von W. Kentzler, Hannov. 1875, 2 Bde.), daneben der „Chronologische Abriß der Weltgeschichte“ (15. Aufl., Leipz. 1861). Auch schrieb er: „Erinnerungen aus meinem Leben“ (Hannov. 1863).

2) Rudolf Hermann Arndt, Physiker, geb. 6. Nov. 1809 zu Göttingen, war folgeweise Lehrer der Mathematik und Physik an der Ritterakademie zu Lüneburg, am Gymnasium in Rinteln, an der polytechnischen Schule zu Kassel, am Gymnasium in Marburg und außerordentlicher Professor an der Universität daselbst, bis er 1857 Professor der Physik an der Universität Erlangen ward. Er machte sich um die Lehre vom Galvanismus hochverdient, indem er namentlich das Voltasche Spannungsgesetz durch exakte Messungen an dem von ihm konstruierten Kondensator bestätigte. Gemeinschaftlich mit W. Weber führte er die ersten Messungen der elektrischen Ströme in mechanischem Maß aus, welche einen Teil der Grundlage des neuerdings allgemein eingeführten absoluten elektrischen Maßsystems bilden. Er starb 9. März 1858 in Erlangen.

3) Friedrich, Physiker, Sohn des vorigen, geb. 14. Okt. 1840 zu Rinteln, studierte in Erlangen und Göttingen, wurde 1864 Dozent des Physikalischen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 923. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b9_s0923.jpg&oldid=- (Version vom 7.4.2022)