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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8

auch auf die neuere Dichtung eine mächtige Anziehungskraft, namentlich seit den 30er Jahren. In epischer Form wurde sein Leben behandelt von Ernst v. Brünnow in dem Roman „Ulrich v. H.“ (Leipz. 1843), von A. E. Fröhlich in den Gesängen „Ulrich v. H.“ (Zürich 1845), von Schlönbach in einem gleichnamigen Epos (Berl. 1862), am vortrefflichsten von K. F. Meyer in der lyrisch-epischen Dichtung „Huttens letzte Tage“ (Leipz. 1871). Zum Helden eines Dramas machten ihn R. Gottschall (1842), H. Köster (Bresl. 1846, neu bearbeitet 1855), G. Logau (1848), K. Nissel (Leipz. 1861), K. Berger (Schaffh. 1864).

Hütten (Lagerhütten) dienen zur Unterkunft der Truppen, wenn dieselben längere Zeit im Freien lagern müssen. Die H. haben meist Dachform und werden aus Stangen oder Latten, die man mit Stroh dicht bedeckt, für je 8–20 Mann erbaut. Der Eingang wird in eine Giebelseite gelegt. Läßt es der Boden und die Wasserableitung zu, so hebt man im Innern die Erde wohl 30–50 cm tief aus, um eine größere innere Höhe zu gewinnen.

Hüttenarbeiter, die auf Hüttenwerken (s. Hütte) beschäftigten Arbeiter. Der den Hüttenbetrieb leitende Beamte heißt Hüttenmeister oder Hüttenverwalter, der Rechnungsführer des Werkes gewöhnlich Hüttenschreiber, welche Beamte unter einem Hüttenraiter, Hütteninspektor, Hüttendirektor oder einem Hüttenamt stehen.

Hüttenberg, Marktflecken im österreich. Herzogtum Kärnten, Bezirkshauptmannschaft St. Veit, 767 m ü. M., an der Görtschitz und an der Kronprinz Rudolf-Bahn (Linie von Launsdorf nach H.), am Fuß des Hüttenberger „Erzbergs“, welcher durch seinen unerschöpflichen Eisenreichtum berühmt ist und schon den Römern bekannt war, Mittelpunkt der Eisenindustrie des Görtschitzthals, mit (1880) 882, als Gemeinde 2572 Einw. H. wurde unter den Karolingern an das Erzbistum Salzburg geschenkt und kam 1803 an Österreich. In der Umgebung mehrere der Alpinen Montangesellschaft gehörige große Eisenwerke, so zu Heft (Bessemerhütte), Lölling etc.

Hüttenfest, s. Feste (jüdische) und Laubhüttenfest.

Hüttenglas, in der Glasmalerei farbige Glastafeln, die in der Masse gefärbt sind, im Gegensatz zu denen, auf welchen die Farben auf der Oberfläche aufgebrannt sind.

Hüttenheim, Dorf im deutschen Bezirk Unterelsaß, Kreis Erstein, an der Ill, hat eine kath. Pfarrkirche, Baumwollspinnerei und -Weberei, Tabaksbau und (1885) 1981 meist kath. Einwohner.

Hüttenkunde, die Lehre von den wissenschaftlichen Grundsätzen, auf welchen die Abscheidung der nutzbaren Metalle aus ihren Erzen im großen, in Hüttenwerken, seltener durch mechanische als durch chemische Prozesse (Hüttenprozesse) beruht. Als Hilfswissenschaften für dieselbe kommen vorzugsweise Chemie, Physik und Mineralogie, dann auch Mechanik, Maschinenlehre, Mathematik, Baukunst u. a. in Betracht. Bald nimmt man H. und Metallurgie für identisch, bald versteht man unter letzterer im weitern Sinn die Lehre von der Metallgewinnung überhaupt und zieht auch die Aufbereitungskunde mit in ihr Gebiet; bald weist man der Metallurgie im engern Sinn nur den theoretischen Teil, der H. mehr den praktischen Teil des Hüttenwesens, d. h. der Gesamtheit aller zur Anlage und zum Betrieb von Hütten erforderlichen Kenntnisse, zu. Man teilt die H. gewöhnlich in einen allgemeinen und einen speziellen Teil. Der allgemeine Teil handelt von den besonders den Hüttenmann interessierenden chemischen und physikalischen Eigenschaften der Metalle und ihrer Verbindungen; von den Hüttenprozessen (trockne und nasse Prozesse, je nachdem die chemischen Reaktionen durch Wärme oder durch Behandlung der Substanzen mit Flüssigkeiten herbeigeführt werden, z. B. ersternfalls Rösten, Schmelzen, Sublimieren, Destillieren etc., letzternfalls Auflösen, Fällen, Amalgamieren etc.); von den zur Hervorbringung dieser Reaktionen erforderlichen Materialien (Erze, Zuschläge, Brennmaterialien etc.) und Hüttenapparaten und zwar Hauptapparaten (Öfen, Lösegefäße etc.) und Hilfsapparaten (Gebläse, Winderhitzungsapparate etc.); endlich von den Hüttenprodukten, welche aus den Prozessen hervorgehen und sein können: Edukte, die aus den Erzen dargestellten Rohmetalle (Kupfer, Blei, Silber etc.); Hüttenfabrikate, als Handelsware abzugebende zusammengesetzte Substanzen, welche als solche in den Erzen nicht präexistieren, sondern während der Verhüttung derselben durch Vereinigung mehrerer Bestandteile entstanden sind (Hartblei, Realgar etc.); Zwischenprodukte, bei Hüttenprozessen entstandene zusammengesetzte Substanzen, welche nicht technisch nutzbar, also keine Handelsware sind und bei größerm Metallgehalt entweder für sich oder gemeinschaftlich mit Erzen weiter verarbeitet werden (Schwarzkupfer, Werkblei, Leche oder Steine, Speisen, reiche Schlacken etc.), oder bei nur geringem, mit Vorteil nicht mehr auszuziehendem Metallgehalt als Hüttenabfälle weggeworfen werden (arme Schlacken, Eisensauen, manche Ofenbrüche etc.). Der spezielle Teil der H., welchen man wohl in die Metall- und Eisenhüttenkunde zerfallen läßt, umfaßt die Lehre von der hüttenmännischen Gewinnung der einzelnen Metalle unter besonderer Berücksichtigung der dazu erforderlichen Materialien, Apparate und der auf den verschiedenen Hüttenwerken vorkommenden Abweichungen. Vgl. außer den ältern Werken von Lampadius, Karsten, Wehrle u. a.: Scheerer, Lehrbuch der Metallurgie (Braunschw. 1848–1853, 2 Bde.; unvollendet); Plattner-Richter, Vorlesungen über allgemeine H. (Freiberg 1860–63, 2 Bde.); Rivot, Principes généraux du traitement des minerais métalliques (2. Aufl., Par. 1872; deutsch von Hartmann, Naumb. 1860, 2 Bde.); Percy, Metallurgie (deutsch von Knapp, Wedding und Rammelsberg, Braunschw. 1863–81, 4 Bde.); Stölzel, Metallurgie (das. 1863–86); Kerl, Handbuch der metallurgischen H. (2. Aufl., Leipz. 1861–65, 4 Bde.); Derselbe, Grundriß der allgemeinen H. (2. Aufl., das. 1879); Derselbe, Grundriß der Metallhüttenkunde (2. Aufl., das. 1880) und der Eisenhüttenkunde (das. 1875); Dürre, Allgemeine H. (das. 1877); Balling, Die Metallhüttenkunde (Berl. 1885); Beckert, Leitfaden zur Eisenhüttenkunde (das. 1885); Frantz und Dannenberg, Hüttenmännisches Wörterbuch (Leipz. 1882).

Hüttenmeister, s. Bergbeamte.

Hüttenrauch (Hüttennicht), aus Hüttenapparaten durch den Gebläsewind oder Luftzug herausgetriebene staubförmige Erz- u. Kohlenteilchen, Asche etc. oder in Gas- oder Dampfform entweichende Substanzen, welche nach der Verdichtung des Kondensierbaren ein gelbes, rötliches, seltener grünliches zartes Pulver (Flugstaub, Fluggestübbe) absetzen. Der H. kann zu beträchtlichen Metallverlusten führen und auf Menschen und Tiere sowie auf die benachbarte Vegetation sehr schädlich einwirken, so daß die Hüttenbesitzer oft beträchtliche Entschädigungen für die Verwüstung fremder Äcker zahlen müssen. Von den

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 827. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b8_s0827.jpg&oldid=- (Version vom 23.3.2022)