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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8

Buch der Welt“ zu interpretieren versucht („Revue archéologique“ 1859). Ein ähnliches, aber viel jüngeres Werk, die Maximen des Schreibers Ani, hat derselbe Gelehrte in seiner Zeitschrift „L’Égyptologie“ (Châlon sur Saône 1876–78) analysiert. Von den veröffentlichten hieratischen Papyrussammlungen verdient außer den in Lepsius’ „Denkmälern aus Ägypten und Äthiopien“ faksimilierten besonders genannt zu werden: „Select papyri in the hieratic character from the collections of the British Museum“ (Lond. 1841–60). Die von Mariette besorgte Ausgabe der „Papyrus du Musée de Boulaq“ (Par. 1871–72) und die von Rossi und Pleyte edierten „Papyrus de Turin“ (Tur. 1869–76) lassen es leider mitunter an der bei dieser Schriftgattung unumgänglich notwendigen diplomatischen Treue fehlen. Vgl. noch A. Lincke, Korrespondenzen aus der Zeit der Ramessiden (Leipz. 1878); A. Wiedemann, Hieratische Texte (das. 1877); G. Maspero, Romans et poésies du papyrus Harris 500 (Par. 1880). Von wissenschaftlichen Werken, deren die alten Ägypter nach dem Zeugnis des Clemens von Alexandria viele hatten, sind uns nur wenige erhalten. Ein mathematischer Papyrus im Britischen Museum enthält die Anfangsgründe der Geometrie und Arithmetik; er stammt aus der Regierungszeit des Hyksoskönigs Raāa-us Apophis; herausgegeben und interpretiert wurde er von Eisenlohr („Ein mathematisches Handbuch der alten Ägypter“, Leipz. 1877). Besonders gepflegt wurde im alten Ägypten die Medizin; medizinische Papyrusrollen befinden sich in London, Leiden, Berlin und die umfangreichste und in jeder Hinsicht vortrefflichste auf der Leipziger Universitätsbibliothek. Dieser sogen. „Papyrus Ebers“ enthält auf 108 Seiten ein vollständiges Handbuch altägyptischer Arzneimittellehre vermutlich aus der 18. Dynastie; er gehört zu den eigentlichen „hermetischen“ Büchern und gewährt uns einen Einblick in die anatomischen, pathologischen und therapeutischen Kenntnisse des merkwürdigen Volkes. Er ist vollständig erhalten, in schönstem Hieratisch geschrieben und wurde herausgegeben von G. Ebers, mit einem Glossar versehen von Ludw. Stern (Leipz. 1875). Neben den medizinischen Schriften spielen bei den alten Ägyptern die magischen oder Zauberpapyrus eine wichtige Rolle; statt vieler erwähnen wir nur den einen von Chabas edierten „Papyrus magique Harris“ (Châlon sur Saône 1860). Die demotische Litteratur ist ärmer als die hieroglyphische. Einige demotische Papyrus sind religiösen Inhalts, wie z. B. der „Papyrus Rhind“, in dem die demotische Übersetzung dem hieratischen Text gegenübersteht; einige enthalten Erzählungen, deren eine, in einem Bulaker Papyrus befindliche von H. Brugsch bekannt gemacht („Revue archéologique“ 1867), dann aber von E. Révillout im einzelnen interpretiert ist („Le roman de Setna“, Par. 1877). Die Mehrzahl der demotischen Papyrus enthält geschäftliche Urkunden oder Kauf- und Ehekontrakte; die vollständige Übersetzung und Erläuterung der letztern ist wiederum E. Révillout gelungen („Chrestomathie démotique“, Par. 1880, u. „Nouvelle chrestomathie démotique“, das. 1878). Derselbe hat auch in einem Pariser Papyrus eine mit Manetho gleichzeitige Chronik der letzten einheimischen Herrscher (28.–30. Dynastie) in demotischer Sprache entdeckt und in der „Revue égyptologique“ veröffentlicht. Übersetzungen ägyptischer Schriften jeder Art sind vereinigt in den von Birch herausgegebenen „Records of the Past“ (Bd. 2, 4, 6, 8, 10, 12).

Keine historische oder linguistische Wissenschaft hat in den letzten 30 Jahren solche Fortschritte gemacht wie die Ägyptologie, und doch bleibt noch vieles in ihr zu thun übrig. Man überblickt das Material fast vollständig, und die nächsten Forschungen müssen auf das einzelne gerichtet sein. Was aber die übrigen Gebiete der alten Geschichte, namentlich der hebräischen und assyrischen, vom Studium der H. zu erwarten haben, ist unberechenbar. Seit man die H. zu Rate ziehen konnte, hat die Behandlung der frühern Geschichte der alten Völker ein ganz andres Aussehen gewonnen. Nach Bunsens Werk „Ägyptens Stelle in der Weltgeschichte“ (Hamb. 1844–57, 6 Tle.) sind es besonders Lepsius’ „Chronologie“ (Berl. 1849) und „Königsbuch“ (das. 1858), welche für die folgenden Untersuchungen die Grundlage bildeten. Über die altägyptische Geschichte nach den Denkmälern handeln: H. Brugsch, Histoire d’Égypte (2. Aufl., Leipz. 1875) und „Geschichte Ägyptens“ (das. 1877); F. Chabas, Études sur l’antiquité historique (2. Aufl., Par. 1872); G. Maspero, Histoire des peuples de l’Orient (das. 1875; deutsch von Pietschmann, Leipz. 1877); S. Birch, Ancient history from the monuments: Egypt (Lond. 1875); J. Dümichen, Geschichte des alten Ägypten (Berl. 1878–82, 3 Lfgn.); A. Wiedemann, Geschichte Ägyptens von Psammetichos I. bis auf Alexander d. Gr. (Leipz. 1880); E. Meyer, Geschichte des Altertums, Bd. 1 (Stuttg. 1887); A. Erman, Ägypten u. ägyptisches Leben im Altertum (Tübing. 1885). Insofern die geschichtlichen Fragen die übrigen mit Ägypten in Berührung getretenen Völker angehen, namentlich die Hebräer, darf nichts übereilt werden; denn bis jetzt hat man weder den Namen des Hebräers Joseph noch auch, wie es scheint, den des Moses in den H. gefunden. Vgl. dagegen Lauth, Moses der Ebräer (Münch. 1869), und „Moses-Hosarsyphos-Salichus“ (Straßb. 1877). Ein Organ der ägyptologischen Forschungen nach jeder Richtung bildet in Deutschland die seit 1863 in Leipzig erscheinende, von H. Brugsch begründete „Zeitschrift für ägyptische Sprache u. Altertumskunde“; in Frankreich führte Maspero, nachdem das Journal „L’Égyptologie“ von Fr. Chabas und die „Mélanges d’archéologie égyptienne et assyrienne“ eingegangen waren, den „Recueil de travaux relatifs à l’archéologie égyptienne et assyrienne“ weiter, und E. Révillout rief seine „Revue égyptologique“ ins Leben. In England erfüllen die „Proceedings“ und „Transactions of the society of biblical archeology“ in ähnlicher Weise die Zwecke der Ägyptologie und Assyriologie. – Über Chittitische H. s. d.

Hiëroglyphik (griech.), Hieroglyphenkunde.

Hiërográmma (griech.), heilige Schrift, geheime Priesterschrift, besonders Hieroglyphen.

Hiërogrammaten (griech. Hierogrammăteis), bei den alten Ägyptern diejenigen, welche der heiligen Schrift, d. h. der Hieroglyphenschrift, mächtig waren; dann überhaupt die Gelehrten, eine Priesterordnung, welche, als vorzugsweise in den alten schriftlichen und mündlichen Traditionen bewandert, in schwierigen Fällen Rat und Auskunft erteilte. Sie hatten die Tempelbücher, in welchen die Geschichte des Landes chronikartig aufgezeichnet ward, fortzuführen. Ferner war ihnen der Unterricht der Söhne der Priester anvertraut, und obschon die Horologen und Horoskopen eine besondere Priesterordnung bildeten, so war die Astronomie und Astrologie doch auch ihnen nicht fremd.

Hiërogrăpha (griech.), sinnbildliche Darstellungen heiliger Dinge; Hiërographīe, heilige Geheimschrift, Beschreibung heiliger Bräuche etc.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 522. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b8_s0522.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2021)