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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8

später nach Gotha zurückzuziehen, wo er in der Nacht zum 16. April 1885 starb. Von seinen Schriften erwähnen wir: „Zur Beurteilung des Entwurfs eines Kriminalgesetzbuches für das Königreich Sachsen“ (Leipz. 1836) „Johann Freiherr zu Schwarzenberg“ (das. 1841); „Über die Stellung der Religionsgemeinschaften im Staat“ (Götting. 1849); „Zur Beurteilung des Entwurfs der badischen Kirchenverfassung“ (das. 1861); „Über den Entwurf einer Kirchenordnung für die sächsische Landeskirche“ (Berl. 1861); „Die notwendigen Grundlagen einer die konsistoriale und synodale Ordnung vereinigenden Kirchenverfassung“ (das. 1862); „Das staatliche Veto bei Bischofswahlen nach dem Rechte der oberrheinischen Kirchenprovinz“ (Heidelb. 1869); „Grundriß zu Vorlesungen über das deutsche Strafrecht“ (das. 1871). Mit J. N. Falck, M. Tönsen u. a. gab er heraus: „Staats- und Erbrecht des Herzogtums Schleswig“ (Hamb. 1846). In dem „Corpus juris civilis“ der Gebrüder Kriegel bearbeitete er den Justinianischen Kodex.

3) Wilhelm, protest. Theolog, geb. 6. Dez. 1846 zu Melkow (Regierungsbezirk Magdeburg), studierte in Halle, habilitierte sich daselbst 1874 und wurde 1879 als ordentlicher Professor der systematischen Theologie nach Marburg berufen. Er schrieb: „Die Metaphysik in der Theologie“ (Halle 1876); „Die Religion im Verhältnis zum Welterkennen und zur Sittlichkeit“ (das. 1879); „Die Bedeutung der Inspirationslehre für die evangelische Kirche“ (das. 1882); „Der Verkehr des Christen mit Gott“ (Stuttg. 1886).

Herrnhut, Gemeinde in der sächs. Kreishauptmannschaft Bautzen, Amtshauptmannschaft Löbau, am Hutberg und an der Linie Löbau-Zittau der Sächsischen Staatsbahn, merkwürdig als Stammort der 1722 hier gegründeten Brüdergemeinde (s. d.), deren Mitglieder danach Herrnhuter genannt werden. Der Ort ist regelmäßig gebaut, sehr reinlich gehalten, hat ein Amtsgericht und (1885) 1125 Einw., meist Herrnhuter, die sich gleicherweise durch Einfachheit, Ordnung, stillen Fleiß und gesetzmäßiges Verhalten auszeichnen. Ihre Gewerbthätigkeit liefert mannigfache Produkte, besonders Leinenzeuge. Die Brüdergemeinde hat zu H. 2 Bethäuser, ein Erziehungshaus und 3 Chorhäuser (große Wohn- und Arbeitsgebäude für die Witwen und ledigen Brüder und Schwestern). H. wurde 1722 von ausgewanderten Mährischen Brüdern auf dem Grunde des damals dem Grafen Zinzendorf gehörigen Ritterguts Berthelsdorf erbaut. Von der Hauptmissionsanstalt daselbst gingen im Lauf der Zeit über 90 Kolonien aus, die besonders zahlreich in Amerika und im Kapland sind.

Herrnskretschen, Dorf in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Tetschen, dicht an der sächsischen Grenze, in engem Felsenthal am Einfluß der Kamnitz in die Elbe, der Station Schöna an der Bahnlinie Dresden-Bodenbach gegenüber, mit einer Zwirnfabrik, Sägemühlen, starkem Holzhandel, Zollamt und (1880) 698 Einw. H. ist ein Ausgangspunkt für die Besucher der Sächsisch-Böhmischen Schweiz. In der Nähe der Edmundsgrund an der Kamnitz (mit künstlicher Fischzucht) und das Prebischthor, ein natürlicher Felsenbogen.

Herrnstadt, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Guhrau, zwischen der Bartsch und Horle, die sich unterhalb der Stadt vereinigen, und an der Eisenbahn Trachenberg-H., hat ein Amtsgericht, ein königliches Schloß, eine evangelische und eine kath. Kirche, Ziegelfabrikation, Spiritusbrennerei, eine Dampfsägemühle und (1885) 2118 meist evang. Einwohner.

Hers (l’Hers oder Lhers, spr. lähr), Fluß im südlichen Frankreich, der im Departement Ariége in der Gebirgskette von Tabe entspringt, in gewundenem Lauf die vorgelagerten tertiären Kämme durchbricht und, 120 km lang, bei Cintegabelle rechts in den Ariége mündet.

Hersbruck, Bezirksstadt im bayr. Regierungsbezirk Mittelfranken, 338 m ü. M., an der Pegnitz und den Linien Krailsheim-Furth i. W. und Nürnberg-Eger der Bayrischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, 3 Kirchen, ein Schloß, eine Lateinschule, 2 Bahnhöfe, Steinbrüche, starken Hopfenbau (nächst Spalt der umfangreichste in Bayern), eine Bronzefabrik, Kunstmühlen, Ziegeleien und (1885) 4046 meist evang. Einwohner. H. ward zuerst 1353 als Stadt genannt und gehörte früher zu Nürnberg. In der Nähe liegt der 612 m hohe Arzberg mit Aussichtsturm. Vgl. Ulmer, Chronik der Stadt H. (Nürnb. 1872).

Hersch, Hermann, dramat. Dichter, geb. 1821 zu Jüchen (Rheinpreußen) von jüdischen Eltern, studierte in Bonn, ging darauf nach München, wo er unter Dingelstedts Leitung 1854 sein erstes Drama, „Prinz Guzman“, zur Aufführung brachte, und wählte dann Berlin zu seinem bleibenden Aufenthalt; starb 27. Juli 1870 daselbst. Er schrieb eine Reihe von Stücken, unter denen namentlich das Lustspiel „Die Anna Liese“ (Frankf. 1858, 3. Aufl. 1876), in welchem die Ehe des Prinzen Leopold von Dessau mit der Apothekerstochter behandelt wird, durch volkstümlich-patriotischen Anstrich und burleske Charakterzeichnung Glück machte, ohne eigentlich poetischen Wert und bleibende Bedeutung zu besitzen.

Herschel, 1) Friedrich Wilhelm, Astronom, geb. 15. Nov. 1738 zu Hannover als Sohn eines Musikers, trat in seinem 14. Jahr in das Hoboistenchor der hannöverschen Fußgarde, ging 1757 nach London, ließ sich als Musiklehrer in Leeds nieder, ward sodann Organist in Halifax und 1766 Musikdirektor zu Bath. Das Studium der mathematischen Theorie der Musik führte H. auch dem aller übrigen mathematischen Wissenschaften zu, und besonders weckte das Lesen von Fergusons astronomischen Werken die Liebe zur Sternkunde in ihm. Er baute 1774 einen fünffüßigen Refraktor, durch den er den Ring des Saturn und die Trabanten des Jupiter beobachten konnte, und fertigte von nun an zahlreiche Fernrohre, zum Teil von einer Größe, wie sie bis dahin noch unbekannt war, und beobachtete mit denselben unermüdlich den Himmel. Sein Ruf verbreitete sich rasch in weiten Kreisen, als er 13. März 1781 den Uranus entdeckte, welchen er dem König von England zu Ehren Georgsgestirn (Georgium sidus) nannte. Georg III. machte es nun H. durch Aussetzung eines Jahrgehalts möglich, sich ganz seinen astronomischen Studien zu widmen, worauf sich dieser nach Slough bei Windsor zurückzog. Es folgten nun Entdeckungen auf Entdeckungen. An dem Planeten Mars machte er von 1777 bis 1783 merkwürdige Beobachtungen. Vorzüglich aber richtete er seine Untersuchungen auf die Nebelflecke und Sternhaufen und fand, daß ein Stück der Milchstraße, 15° lang und 2° breit, nicht weniger als 50,000 deutlich erkennbare Sterne enthalte. Auf diese Beobachtungen gründete er seine Theorie der Milchstraße (s. d.). Im J. 1786 entdeckte er zwei Nebenplaneten des Uranus und 1790 und 1794 vier andre Trabanten jenes Gestirns. Mittels eines Riesenteleskops von 12 m Länge entdeckte er zwei neue Trabanten des Saturn und bestimmte die Zeit der Rotation dieses Planeten. Lange Zeit wandte er seine Beobachtungen den Doppelsternen zu,

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 445. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b8_s0445.jpg&oldid=- (Version vom 10.7.2021)