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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8

neuerlich wurden sie herausgegeben von Schuster in Ritschls „Acta societatis philol. Lipsiensis“, Bd. 3 (Leipz. 1873), besser von Bywater (Oxf. 1877). H. nimmt das Feuer als die Ursache alles Seins und Werdens an; daher ist alles im Werden, „im Fluß“ (weshalb seine Anhänger spottweise die „Fließenden“ hießen). Die doppelte Richtung des Werdens nennt er den Weg nach oben und unten; das Entstehen aller Veränderungen beruht auf Gegensatz; über allen aber waltet das Gesetz der Notwendigkeit. Daher ist ihm die Welt ein lebendes, in steter Ordnung sich entzündendes und verlöschendes Feuer und der Weltenlauf ein harmonisches, aber notwendiges Wechselspiel von Entstehen und Vergehen der Dinge aus und durch Feuer (Weltverbrennung). Ebenso ist das Feuer der Grundstoff alles Denkens und Empfindens, die durch das ganze Weltall verbreitete höhere, geistige Kraft, die Seele oder gleichsam die Gottheit des Alls; die Seelen der Menschen und Tiere sind aus jener entstandene, feurige, eingeatmete Wesen, die sich beim Tod wieder mit ihr vereinigen. Vgl. Lassalle, Die Philosophie H.’ des Dunkeln (Berl. 1858, 2 Bde.); Teichmüller, Neue Studien zur Geschichte der Begriffe, Heft 1 (Gotha 1876); Mohr, Über die historische Stellung Heraklits von Ephesos (Würzb. 1876); Pfleiderer, Die Philosophie des Heraklit von Ephesus im Lichte der Mysterienidee (Berl. 1886).

Herakleōnas (Heraklios), Sohn des byzantinischen Kaisers Heraklios und der Martina, wurde nach dem Tod seines Vaters (641) Mitregent seines Stiefbruders Konstantin und nach dessen baldigem Tod noch in demselben Jahr alleiniger Kaiser im Alter von 15 Jahren. Schon nach sechs Monaten wurde er aber von den Soldaten gestürzt, die Constans II., den Sohn Konstantins, auf den Thron erhoben, und nebst seiner Mutter, an Nase und Zunge verstümmelt, in die Verbannung geschickt, wo er sein Leben in Vergessenheit beschloß.

Herakleopŏlis, im Altertum Stadt in Mittelägypten, am Eingang zum Fayûm, Sitz der Verehrung des Ichneumons, lag an der Stelle von Ahnâs. Von hier stammten die neunte und zehnte ägyptische Dynastie.

Herăkles (bei den Römern Hercules), Nationalheros der Griechen, dessen ursprünglicher, in Thessalien bei den dorischen Herakliden heimischer Sagenkreis allmählich erweitert, mit ähnlichen Helden anderer Völker in Verbindung gebracht und namentlich mit phönikischen und ägyptischen Elementen versetzt wurde, woher es kommt, daß unter allen griechischen Mythen der des H. der umfangreichste und komplizierteste ist. H. war der Sohn des Zeus und der schönen, dem thebanischen König Amphitryon vermählten Alkmene aus dem Geschlecht des Perseus; sein Zwillingsbruder Iphikles, welchen die Mutter von Amphitryon empfing, nachdem sich Zeus eben aus ihren Armen entfernt hatte, wurde in der folgenden Nacht geboren. Niemals aber war die immer wache Eifersucht der Hera heftiger entfacht worden als bei dieser Gelegenheit, und die Rache, welche sie für die Treulosigkeit des Gemahls nahm, entsprach ihrer Erbitterung. Schon vor der Geburt des H. begann sie das Werk der Verfolgung, um es bis zu seinem Tod fortzusetzen. Als der Tag der Niederkunft Alkmenes gekommen war, gelobte Zeus im Übermaß der ihm bevorstehenden Vaterfreude, daß derjenige Abkömmling des Perseus, der heute das Licht erblicken werde, über alle andern Perseïden unumschränkter Herr sein solle. Hera ließ sich das Wort durch einen Eid bekräftigen und wußte mit Hilfe der Geburtsgöttin Eileithyia die Niederkunft der Alkmene (s. d.) noch um sieben Tage zu verzögern, während sie die der Gemahlin des Sthenelos beschleunigte, wodurch deren Sohn Eurystheus, an jenem Tage geboren, die Oberherrschaft über H. erhielt. H. wächst heran als der Starke an Körper und Geist, der im Übermut selbst der Unsterblichen nicht schont, die Hera und den Ares verwundet und unter dem Schutz seines Erzeugers und der Athene den ihm von Hera drohenden Gefahren trotzt. Homer gedenkt noch seiner Vermählung mit Megara (s. unten). Erst bei Pindar finden wir die Sage von der Schlangenerdrückung. Kurze Zeit nämlich war H. mit Iphikles geboren, als Hera zwei ungeheure Schlangen in das Gemach sandte, um die Kinder zu verderben; H. aber faßte die Tiere mit beiden Händen und erdrosselte sie. Amphitryon läßt den Seher Teiresias rufen, und dieser weissagt in begeisterter Rede die große Zukunft des Wunderkindes. Nach andrer Sage brachte Hermes den Säugling in den Olymp und legte ihn der Hera, während sie schlief, an die Brust. Diese warf ihn aber beim Erwachen von sich, und von der verspritzten Milch entstand die Milchstraße am Himmel. Im Wagenlenken unterrichtete den jungen Helden Amphitryon selbst, im Ringen Autolykos, im Faustkampf Harpalykos, im Bogenschießen Eurytos, in den Waffen Kastor, in der Musik Eumolpos oder Linos, in den Wissenschaften Cheiron oder Linos. Letztern erschlug er, weil er ihn gezüchtigt hatte, mit der Laute. Aus Furcht vor seiner ungebändigten Kraft schickte der Pflegevater den Herangewachsenen auf das Land, um die Herden zu hüten. In diese Zeit verlegt der Sophist Prodikos die sinnreiche Fabel von H. am Scheideweg. Zwei Frauen von hoher, aber sehr verschiedener Gestalt treten an den einsam sinnenden Jüngling heran: die Lust und die Tugend; jene malt ihm ein Leben voll üppiger Freude vor, diese zeigt ihm den mühevollen Weg zum Ruhm; H. wählte den Weg der Tugend (vgl. Welcker, Alte Denkmäler, Bd. 3, S. 310–341). Aus jener Zeit des Hirtenlebens berichtet Apollodor noch folgendes Abenteuer. Auf dem Kithäron, an welchem die Herden des Amphitryon und des Thespios weideten, hauste ein Löwe, den H. zu bekämpfen unternahm. Thespios gab dem jungen Helden hierfür 50 Tage hindurch jede Nacht eine seiner 50 Töchter (nach andern alle in einer Nacht) zur Umarmung, von denen darauf 50 Söhne geboren wurden. Nach langem Kampf erlegte sodann H. den Löwen und trug seitdem dessen Haut statt seines gewöhnlichen Gewandes, wozu später noch die einem Ölbaum bei Nemea entnommene Keule kam (daher sein römischer Beiname Claviger). Bei seiner Rückkehr nach Theben begegnete H. den Gesandten des orchomenischen Königs Erginos, welche einen den Thebanern abgedrungenen Tribut von 100 Ochsen holen wollten. H. schnitt ihnen Nasen und Ohren ab, schickte sie gefesselt nach Hause und zwang in dem darauf folgenden Krieg die Orchomenier, den empfangenen Tribut doppelt zurückzuerstatten. Kreon, der König von Theben, gab ihm zum Lohn seine Tochter Megara zur Gattin, mit der er drei Söhne zeugte. Darauf rief Eurystheus ihn in seine Dienste. Zeus hatte nämlich die für diesen von Hera erschlichene Oberherrschaft dahin gemildert, daß H. zwölf Arbeiten, die ihm Eurystheus auferlegen würde, verrichten, durch deren Vollendung aber seine Freiheit und zugleich die Unsterblichkeit erringen solle. H. verweigerte anfangs die Dienstbarkeit, und als ihm das delphische Orakel befahl, dem Ruf zu folgen, verfiel er in Raserei, in welcher er seine mit Megara erzeugten

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 394. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b8_s0394.jpg&oldid=- (Version vom 9.4.2022)