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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8

sich aber vorzugsweise mit Sprachen, Philosophie und Kritik. Nach Beendigung seiner Studien führte er ein unstetes Leben, bald als Hauslehrer bei der Baronin v. Budberg zu Grünhof (1752), bald ohne Beschäftigung an verschiedenen Orten. Dann fand er zu Riga in einer Kaufmannsfamilie Aufnahme und suchte sich hier mit den Handlungswissenschaften vertraut zu machen. Darauf wurde er wieder Hauslehrer, hielt aber auch in dieser Stellung nicht lange aus und nahm wieder seine Zuflucht zu seinen Freunden in Riga. In Angelegenheiten derselben unternahm er eine Reise nach England über Berlin, wo er Moses Mendelssohn, Ramler und Sulzer kennen lernte, Hamburg, Lübeck und durch Holland. In London blieb er über ein Jahr und ergab sich aus Mißmut über den ungünstigen Erfolg der ihm übertragenen Geschäfte Ausschweifungen, aus denen ihn endlich das Lesen der Bibel rettete. 1758 war er wieder in Riga, bis ihn 1759 sein Vater nach Königsberg zurückrief. Hier lebte er in glücklicher Muße dem Studium der alten Litteratur und der orientalischen Sprachen, sah sich aber endlich genötigt, einen Erwerb zu suchen, und ward zuerst Kopist bei dem Königsberger Magistrat, dann Kanzlist bei der Domänenkammer, entsagte aber 1764 auch diesen Geschäften, machte eine Reise nach Deutschland und der Schweiz und ward 1765 abermals Hauslehrer in Mitau. Später erhielt er durch Kants Empfehlung die Stelle eines Schreibers und Übersetzers bei der Provinzialaccise und Zolldirektion und 1777 die eines Packhofsverwalters. Nachdem er 1782 einen Teil seiner Einkünfte verloren, lebte er mit seiner Familie in dürftigen Umständen, bis ihm 1784 ein ihm damals unbekannter Wohlthäter (Buchholz in Münster) durch ein ansehnliches Geldgeschenk aus der Not half. H. nahm 1787 seinen Abschied und lebte von da an abwechselnd zu Düsseldorf und Münster im vertrauten Umgang mit Jacobi und der Fürstin Galizyn, die ihm auch zu Münster, wo er 21. Juni 1788 starb, ein Denkmal setzen ließ. Als Schriftsteller wurde H. von seinen Zeitgenossen wenig beachtet, da die eigentümliche Einkleidung seiner oft sehr tiefsinnigen Gedanken und seine Vorliebe für biblische und symbolische Darstellung seine Schriften der großen Menge unzugänglich machten. Seine im Druck erschienenen Schriften aus den drei Zeiträumen: 1759–63, 1772 bis 1776 und 1779–84 sind zahlreich, aber die meisten nicht über zwei Bogen stark. Alle waren Gelegenheitsschriften voll persönlicher und örtlicher Beziehungen, zugleich aber auch voll Anspielungen auf die Bücherwelt, in der er lebte und gelebt hatte. Da sie überdies der damals herrschenden Aufklärungsbildung schnurstracks widersprachen, so wurden sie nur von wenigen, einem Herder, Goethe, Jacobi, Jean Paul u. a., mit Achtung aufgenommen. Die meisten dieser Schriften polemisieren gegen Materialismus und Freigeisterei sowie gegen die Verehrung des Fremden. Alle Gedankenauslassungen Hamanns wurzeln in der Tiefe eines religiösen Gemüts und behandeln, doch stets mehr in begeistert aphoristischer Weise als in zusammenhängender Betrachtung, die wichtigsten sozialen und religiös-sittlichen Fragen des Menschenlebens. Fragmente aus Hamanns Schriften gab Cramer heraus unter dem Titel: „Sibyllinische Blätter des Magus aus Norden“ (Leipz. 1819), seine „Sämtlichen Schriften“ Fr. Roth (Berl. 1821–43, 8 Bde.). Vgl. „Biographische Erinnerungen an H.“ (von C. Carvacchi, Münst. 1855); Gildemeister, J. G. Hamanns, des Magus im Norden, Leben und Schriften (Gotha 1857–68, 5 Bde.; Bd. 6: „Hamann-Studien“, 1873); „J. G. Hamanns Schriften und Briefe“, erläutert und herausgegeben von Moritz Petri (Hannov. 1872–74, 4 Bde.); Poel, J. G. H., der Magus im Norden; sein Leben und Mitteilungen aus seinen Schriften (Hamb. 1874–76, 2 Tle.); „Hamanns Leben und Werke in geordnetem gemeinfaßlichen Auszug“, herausgegeben von Claassen (Gütersl. 1885); Minor, J. G. H. in seiner Bedeutung für die Sturm- und Drangperiode (Frankf. 1881).

Haemanthus L. (Blutblume), Gattung aus der Familie der Amaryllidaceen, schön blühende Zwiebelgewächse aus dem südlichen und tropischen Afrika, mit wenigen, oft nur zwei Blättern, kurzem Schaft und reichblütiger Dolde. Mehrere Arten, wie H. albiflos W. mit weißen Blüten, H. amarylloides Jacq. mit rosenroten, H. carinatus L. mit dunkelroten, H. coccineus L. mit scharlachroten, H. puniceus L. mit gelbroten Blüten, sind schöne Zierpflanzen, die wie Amaryllis behandelt werden. Den Saft der Zwiebel von H. toxicarius Ait. (Brunswigia toxicaria Ker.) benutzen die Hottentoten zur Bereitung ihres Pfeilgifts.

Hamar, norweg. Stift, grenzt südlich an das Stift Christiania, westlich an Bergen, nördlich an Drontheim, östlich an Schweden und umfaßt die beiden Ämter Christiansamt und Hedemarken (s. d.) mit zusammen 51,086 qkm (927,8 QM.) und (1876) 236,432 Einw. – Die Hauptstadt H., erst 1848 angelegt, liegt an der Ostseite des Mjösen und an der Eisenbahn Christiania-Drontheim, ist Sitz des Bischofs und des Amtmanns und zählt (1876) 2281 Einw. Ungefähr an derselben Stelle lag im Mittelalter ein katholischer Bischofsitz gleiches Namens, der von 1152 bis 1520 bestand, mit einer Domkirche und andern geistlichen Stiftungen. Der Ort wurde 1567 von den Schweden zerstört. Vom Dom, einer Basilika, sind noch drei mächtige Pfeiler übrig.

Hamartīe (griech.), Sünde; Sündhaftigkeit.

Hamâsa (arab., „Tapferkeit“), Titel arab. Anthologien, deren berühmteste, die Große H., aus handschriftlichen Quellen von Abu Temmâm (s. d.) gesammelt und in zehn Bücher eingeteilt ist, wovon das erste und ausführlichste, von welchem auch der Titel des Ganzen stammt, Lieder zum Preis der Tapferkeit enthält, während den Inhalt der andern Bücher Totenklagen, Liebeslieder, Sittensprüche etc. bilden. Den Text mit den Scholien des Tebrisi und einer lateinischen Übersetzung beider gab Freytag („Hamasae carmina“, Bonn 1828–51, 2 Bde.) heraus. Eine treffliche metrische Übersetzung lieferte F. Rückert in „H., oder die ältesten arabischen Volkslieder“ (Stuttg. 1846, 2 Bde.). Die Kleine H. (so trotz größern Umfanges wegen ihrer geringern Berühmtheit genannt) ist von Bóhtori (s. d.) gesammelt und noch ungedruckt (Handschrift in Leiden).

Hamat, Stadt, s. Hama.

Hämateïn, s. Hämatoxylin.

Hämatemĕsis (griech.), s. Blutbrechen.

Hämatīn, s. Hämatoglobin.

Hämatinōn (Porporino), rote, undurchsichtige, harte, sehr politurfähige Glasmasse, welche von den Alten zu Fußbödenmosaiken, Wandbekleidungen und Prunkgefäßen vielfach verwendet wurde. Pettenkofer erhielt eine ganz ähnliche Glasmasse durch Zusammenschmelzen von Kieselsäure, Kalk, Bleiglätte und Soda sowie Hinzufügen von Kupferhammerschlag, Eisenhammerschlag und etwas Kohle. Die beim Erkalten leberbraune Masse nimmt nach dem Erhitzen bis zum Erweichen und darauf folgenden sehr langsamen Abkühlen die prächtig rote Farbe an. Das H.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b8_s0036.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2023)