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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 7

um, mit welchen dies bewerkstelligt wurde, so läßt sich zweierlei formulieren: das Bestreben, die in der Physik und Chemie geltenden Gesetze auch auf die G. zu übertragen, und das weitere Bemühen, die geologischen Erscheinungen der Vorzeit mit denjenigen, welche die Gegenwart erfahrungsmäßig darbietet, zu parallelisieren. Obgleich beide Sätze so einfach klingen und so naturgemäß sind, daß sie Anspruch erheben können, als Grundsätze aller wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der G. zu gelten, war doch ihre Formulierung seiner Zeit ein hohes Verdienst, und Bischofs Wort: „Unsre Erde ist ein großes chemisches Laboratorium“ (1847) und Lyells erste Anwendung der Methode (1830), von der Betrachtung der geologischen Erscheinungen der Gegenwart auszugehen und an ihnen und durch sie die frühern geologischen Vorgänge zu studieren, können als Wendepunkte in der Entwickelung der G. betrachtet werden. Als weiteres Mittel, schlecht fundierte Hypothesen zu untergraben, muß die Vervollkommnung der Untersuchungsmethoden geologischer Objekte betont werden, in erster Linie die Einführung des Mikroskops (Sorby, Vogelsang, Zirkel, Rosenbusch), wesentlich ergänzt durch den Ausbau mikrochemischer Reaktionen (Streng, Behrens). Auf paläontologischem Gebiet hat sich gleichfalls die Überzeugung von der Notwendigkeit der Rücksichtnahme auf das „Jetzt“, d. h. auf die in der gegenwärtigen geologischen Periode lebenden Formen, rückhaltlos Bahn gebrochen, und die befruchtende, weil heuristische Kraft des Darwinismus, welche auch von den Gegnern nicht geleugnet werden kann, hat auch auf diesem Gebiet reiche Lorbeeren gepflückt. Und so können wir als die das heutige Studium geologischer Erscheinungen beherrschenden Grundideen die Sätze formulieren: Alle umwandelnden Prozesse in den verschiedenen Perioden der Entwickelung der Erde haben sich langsam und stetig im Verlauf großer Zeiträume vollzogen unter nicht größern Katastrophen, als heute ebenfalls noch lokal auftreten; bei aller Umwandlung waren keine andern Ursachen und Kräfte wirksam als die, welche auch heute gleichen Umwandlungen zu Grunde liegen; nicht einseitig dem Neptunismus oder dem Vulkanismus ist ausschließlich oder auch nur vorwiegend die Umgestaltung der Erde nach Form und Material zuzurechnen, sondern beide wirkten zu allen Zeiten wie heute neben- und miteinander; an der allmählichen, nicht sprungweisen Entwickelung haben die Lebewesen gleichfalls teilgenommen; auch für sie darf von keiner allgemeinen Katastrophe die Rede sein. Diese Sätze sind nun freilich in vielfacher Beziehung nur ein Programm für die Fortsetzung begonnener und für den Angriff neuer Untersuchungen; auf dem Gebiet der G. muß uns aber gerade der Vergleich mit frühern Perioden in der geschichtlichen Entwickelung unsrer Wissenschaft belehren, daß die Existenz einer Reihe noch „offener Fragen“ unbedingt dem Zustand vorzuziehen ist, in welchem solche streitige Punkte schul- und schablonenmäßig erledigt oder vielmehr in Selbsttäuschung hinweggeleugnet werden. Vgl. Hoffmann, Geschichte der Geognosie (Berl. 1838); Cotta, Beiträge zur Geschichte der G. (Leipz. 1877), und die betreffenden Kapitel in den unten citierten Lehrbüchern, namentlich in Lyells „Principles“.

Sammlungen. Karten. Litteratur.

Als Hilfsmittel des Studiums der G., welche wenigstens bis zu einem gewissen, freilich nur bescheidenen Grad eigne Beobachtung und eignes Sammeln ersetzen können, sind vor allen die öffentlichen Sammlungen aufzuführen, welche sich an allen Universitäten, Polytechniken, Bergakademien, forstlichen und landwirtschaftlichen Hochschulen zu Lehrzwecken und in den meisten Residenzen als Staatssammlungen vorfinden, und deren Benutzung meist durch übersichtliche Beschreibungen des Systems der Aufstellung erleichtert wird. Von größtem wissenschaftlichen Wert sind besonders auch diejenigen Sammlungen, welche die geologischen Landesanstalten (s. d.) von dem bei der Kartierungsarbeit gesammelten Beweismaterial anlegen. Die litterarischen Hilfsmittel zerfallen in Kartenwerke, Lehrbücher und Zeitschriften, einschließlich der Gesellschaftsschriften.

[Karten.] Von Karten seien mit Übergehung der geologischen Spezialkarten folgende, meist mit besondern Erläuterungen versehene genannt: Marcou. Carte géologique de la terre, Maßstab 1:23,000,000 (Zürich 1875); Dumont, Carte géologique de l’Europe, 1:4,000,000 (Par. u. Lütt. 1850); Dufrenoy u. Elie de Beaumont, Carte géologique de la France, 1:500,000 (Par. 1840); Phillips, Geological map of the British Isles and adjacent coast of France, 1:1,500,000 (2. Aufl., Lond. 1862); Dumont, Carte géologique de la Belgique, 1:833,333 u. 1:160,000 (1836–49); Staring, Geol. kaart van Nederland, 1:200,000, mit einer Übersichtskarte in 1:1,500,000 (Haarlem 1858–67); Dechen, Geognostische Übersichtskarte von Deutschland, Frankreich, England und den angrenzenden Ländern, 1:2,500,000 (2. Ausg., Berl. 1869); Derselbe, Geologische Karte von Deutschland, 1:2,000,000 (das. 1870); Gümbel, Geognostische Karte des Königreichs Bayern und der angrenzenden Länder, 1:500,000 (Münch. 1855); Fraas, Geognostische Wandkarte von Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1:280,000 (Stuttg. 1882); Bach, Geognostische Übersichtskarte von Deutschland, der Schweiz und den angrenzenden Ländern (Gotha 1855, 9 Blatt); Derselbe, Geologische Karte von Zentraleuropa (Stuttg. 1859) und Geognostische Karte von Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1:450,000 (das. 1860); Hauer, Geologische Übersichtskarte der österreichisch-ungarischen Monarchie, 1:576,000 (Wien 1867–76, 12 Blatt); Derselbe, Geologische Karte von Österreich-Ungarn, 1:2,026,000 (4. Aufl., das. 1884); Studer und Escher von der Linth, Carte géologique de la Suisse, 1:760,000 (2. Aufl., Winterthur 1867; Übersichtskarte in 1:380,000, 2. Aufl., das. 1872); „Carta geologica d’Italia“, 1:1,111,111 (Rom 1881). Über die Veröffentlichungen der geologischen Landesanstalten s. d.

[Lehrbücher.] Naumann, Lehrbuch der Geognosie (2. Aufl., Leipz. 1858–72; nicht vollendet); Lyell, Principles of geology (Lond. 1830–32; 12. Aufl. 1876, 2 Bde.); Derselbe, Elements of geology (1838, 6. Aufl. 1865); Bischof, Lehrbuch der chemischen und physikalischen G. (2. Aufl., Bonn 1863–66); Roth, Allgemeine und chemische G. (Berl. 1879 ff.); Credner, Elemente der G. (5. Aufl., Leipz. 1883); Vogt, Lehrbuch der G. und Petrefaktenkunde (4. Aufl., Braunschw. 1879); Leonhard, Grundzüge der Geognosie und G. (4. Aufl., hrsg. von Hörnes, Leipz. 1885); Pfaff, Allgemeine G. als exakte Wissenschaft (das. 1873); Senft, Lehrbuch der Mineralien- und Felsartenkunde (Jena 1869); Derselbe, Synopsis der Mineralogie u. Geognosie (Hannov. 1878); Derselbe, Fels und Erdboden (Münch. 1876); Gümbel, Grundzüge der G. (Kassel 1884 ff.); Dana, Manual of geology (10. Aufl., Philad. 1880); Geikie, Textbook of geology (2. Aufl., Lond. 1885); Stoppani, Corso di geologia (Mail. 1871); Süß, Das Antlitz der Erde (Prag 1885, 2 Bde.); Quenstedt, Epochen der Natur (Tübing. 1861); Cotta, G. der

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 7. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b7_s0129.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2021)