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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

seine Lieder, deren er über 250 veröffentlicht hat, in immer weitere Kreise. Seit 1853 wurde ihm seine Thätigkeit durch ein schon früher hervorgetretenes Gehörleiden außerordentlich erschwert, und nachdem noch eine allgemeine Schwächung des Nervensystems hinzugetreten war, sah er sich 1868 gezwungen, seine Ämter niederzulegen. Die materielle Lage des Meisters wäre von nun an eine mißliche gewesen, hätten sich nicht unter der Initiative seines Schülers und Freundes, des Sängers A. Senfft v. Pilsach, die Verehrer seiner Kunst vereinigt, um ihm ein Ehrengeschenk von 40,000 Thaler darzubieten, wodurch er aller Nahrungssorgen überhoben wurde. Während der Zeit seines Siechtums beschäftigten ihn vorzugsweise die erwähnten Bearbeitungen der Meisterwerke Bachs („Matthäus-Passion“, „Magnifikat“ u. a.) und Händels („L’allegro, il pensieroso ed il moderato“, „Arion“ etc.), mit deren Technik und Kunstgeist er sich in diesen Arbeiten völlig vertraut zeigt. Gleichwohl liegt der Schwerpunkt seines Schaffens in seinen Liedern, in denen er den Geist der Romantik, den Ernst und die Formreinheit des klassischen Stils und den Charakter des Volkstümlichen in einer Weise zu vereinigen und zu verschmelzen gewußt hat, wie es seit Franz Schubert keinem Liederkomponisten gelungen war. Im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte konnte F. noch 1885 seinen 70. Geburtstag feiern, bei welcher Veranlassung ihm von ganz Deutschland sowie vom Ausland die glänzendsten Huldigungen dargebracht wurden. Vgl. F. Liszt, Robert F. (Leipz. 1872); Osterwald, R. F., ein Lebensbild (das. 1886); A. Saran, R. F. und das deutsche Volks- und Kirchenlied (das. 1875).

4) Julius, Bildhauer, geb. 1824 zu Berlin, besuchte seit 1838 Wichmanns Atelier, wo er sein Erstlingswerk, den Schmetterlingsfänger, bildete. Nacheinander besuchte er darauf die Ateliers von Fischer, Wredow und endlich das von Rauch, dem er zwei Jahre lang am Friedrichsdenkmal half. Seine selbständige Thätigkeit eröffnete er 1851 mit der Gruppe eines Schäfers mit seinem Hund im Kampf gegen einen Tiger. Im folgenden Jahr schuf er als Pendant eine Amazonengruppe. Zwei 1858 modellierte kolossale Gruppen einer schwermütig und einer heiter sinnenden Najade, jede auf einem Seetier, erhielten auf der Berliner Ausstellung die goldene Medaille. Im J. 1859 unternahm F. auf Staatskosten eine Reise nach Italien. Von da ab wurde seine Thätigkeit vorwiegend durch umfangreiche Aufträge mehr dekorativer Bildwerke von allegorischem Charakter und großem Maßstab in Anspruch genommen. Wir nennen: den Jäger, den Fischer, die Schnitterin, den Landmann, die Spinnerin, als Personifikationen verschiedener Monate; die Künste in acht dreieckigen Zwickelreliefs; die Jahreszeiten in Köpfen; Winter und Frühling, auch in ganzen Figuren; Ceres und Flora etc. Die Originale fast aller dieser oft vervielfältigten Werke findet man in den königlichen Schlössern in Potsdam. In dieselbe Reihe gehören auch die kolossalen Sandsteingruppen von England und Amerika für die Berliner Börse. Außer zahlreichen Büsten, Grabdenkmälern etc. lieferte er noch wertvolle Entwürfe für die Kunstindustrie. Besondere Beachtung verdienen ferner seine anatomischen Studien des Hundes und des Königstigers, von denen namentlich die letztere in keiner größern Akademie Europas fehlt. Von 1867 an führte er nach Modellen und Skizzen des verstorbenen F. A. Fischer zwei kolossale Marmorgruppen für den Belle-Allianceplatz in Berlin aus. In neuerer Zeit machte er gelungene Versuche, durch Prellung des Marmors mit einem feinen Hammer Porträtmedaillons herzustellen, schuf eine Gruppe des Achilles und der Penthesilea und eine Statue des Prinzen Friedrich Karl von Preußen.

Franz von Assisi, mit dem Beinamen Seraphicus, Heiliger, s. Franziskaner.

Franz von Paris, s. Konvulsionäre.

Franz von Paula (Paola), Stifter des Ordens der Minimen (s. d.), geb. 1416 zu Paola in Kalabrien, stiftete 1436 einen Orden, dessen Mitglieder die Regeln des Quadragesimalfastens auf das ganze Leben ausdehnten. Von Ludwig XI. an sein Sterbebett nach Frankreich berufen, blieb er bei dessen Nachfolger Karl VIII. Er starb 1507 zu Plessis lès Tours und wurde 1519 kanonisiert; sein Tag ist der 2. April.

Franz von Sales, s. Sales.

Franz Xaver, s. Xaver.

Franzband, s. v. w. Lederband, s. Buchbinden, S. 545.

Franzbäume, in einigen Gegenden von Deutschland s. v. w. Obstbäume, welche zwergartig gehalten werden; die daran wachsenden Früchte heißen Franzobst, Franzäpfel, Franzbirnen. Diese Art Obstzucht hat sich aus Frankreich überall verbreitet; s. Obstgarten.

Franzbranntwein (Weinbranntwein, Weinsprit, Esprit de vin), in weinreichen Ländern, namentlich in Frankreich, Spanien und Portugal, durch Destillation aus verschiedenen Weinsorten gewonnener Spiritus. Die Destillation wird entweder in einfachen, mit Dampf geheizten Blasen ausgeführt, wo dann zuerst Lutter übergeht, oder man bedient sich komplizierterer Apparate, wie sie zu diesem Zweck von Derosne, Laugier u. a. angegeben worden sind. Destilliert man den Wein aus der Blase, solange das Destillat noch entzündlich ist, so bildet das ganze Destillat den gewöhnlichen Weinbranntwein. Für feinere Ware läßt man das letzte Fünftel oder Sechstel des Destillats unbenutzt. Schwere Weine geben keinen guten Kognak, und weiße Weine geben durchgängig einen feinern, mehr aromatischen F. als die roten. Die Ausbeute beträgt 10–15 Lit. Spiritus zu 93 Proz. Tr. von je 100 L. Wein oder 330–1395 Literproz. Der in den Handel kommende F. zeigt 52–86°. Er ist farblos, wird aber beim Lagern auf eichenen Fässern gelblich und enthält dann viel Gerbsäure. Der F. besitzt eine ausgezeichnete Reinheit und gewürzhafte Milde, die nach der Sorte Wein, aus welcher er bereitet wurde, modifiziert wird. Sein eigentümlicher Geschmack rührt von den flüchtigen Bestandteilen des Weins her, resp. den Umsetzungsprodukten derselben, soweit solche durch die bei der Destillation erhöhte Temperatur gebildet werden. Man destilliert auch die Weintrester oder Treber und die Hefenrückstände und gewinnt so einen Branntwein, der einen starken Fuselgehalt besitzt. Der F. führt je nach den Orten, an welchen er bereitet wurde, verschiedene Namen. Die beste Sorte ist der Kognak, von welchem in den beiden Departements der Charente aus den dort gewonnenen Weinen in Mitteljahren 18–23 Mill. L. in einer Stärke von 60–70° gebrannt werden. Den Armagnak liefern die Weine des Departements Gers und zwar etwa 12 Mill. L. von 52–56°. Die Languedocsprite werden in den Gegenden von Nîmes, Montpellier, Cette, Perpignan, Carcassonne und Toulouse aus den dortigen feurigen Weinen in einer Stärke von 86° gebrannt, stehen aber den Kognaks und Armagnaks weit nach. Sie werden mit Wasser bis zu 40° verdünnt und als Branntwein konsumiert. Sie behalten trotz der Verdünnung den Weingeschmack und werden

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 585. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0585.jpg&oldid=- (Version vom 1.7.2021)