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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

(Aisne), kaufte sich das Amt eines Prokurators am Châtelet, veräußerte es aber schuldenhalber wieder und diente nun in Paris als geheimer Polizeispion. Die Revolution fand an ihm einen blutgierigen Anhänger. Nach der Katastrophe vom 10. Aug. 1792 durch Robespierre zum Obmann der Geschworenen und 1793 zum öffentlichen Ankläger des Revolutionstribunals ernannt, führte er, ohne Bildung, Gewissen und Rechtssinn, von Natur grausam, unter der Maske der Unbestechlichkeit die Blutbefehle des Wohlfahrtsausschusses mit kalter Roheit aus. Er war es auch, der die Gironde des Verrats gegen die Republik anklagte und dem Konvent die Errichtung eines Schafotts im Saal des Gerichts vorschlug, was selbst ein Collot d’Herbois u. a. zurückwiesen. Nachdem aber der 9. Thermidor Robespierre und dessen Genossen auf das Blutgerüst befördert hatte, ward F. nach dem Sturz der Schreckensherrschaft der Jakobiner zum Tod verurteilt und 7. März 1795 guillotiniert. Vgl. Domenget, F. et le tribunal révolutionnaire (Par. 1878).

Fourage, s. Furage.

Fourbe (franz., spr. furb), Betrüger, Schelm; Fourberie, Betrügerei, Schelmstreich.

Fourchambault (spr. furschangboh), Stadt im franz. Departement Nièvre, Arrondissement Nevers, an der Loire, über die eine schöne Brücke führt, und der Eisenbahn Paris-Nevers-Lyon, hat (1876) 5686 Einw. und ein großes metallurgisches Etablissement mit 11 Hochöfen, einer Eisengießerei, Drahtziehwerk, Nägelfabrik und gegen 5000 Arbeitern.

Fourchette (franz., spr. furschétt), Gabel; déjeuner à la f., Gabelfrühstück (s. Dejeuner).

Fourcroy (spr. furkrŏa), Antoine François de, Chemiker, geb. 15. Juni 1755 zu Paris, studierte daselbst und ward 1784 Professor der Chemie im Jardin des plantes. Im J. 1792 Mitglied des Nationalkonvents, setzte er die Einführung der Gleichheit des Maßes und Gewichts durch und war auch im Komitee des öffentlichen Unterrichts und in der Section des armes thätig. Nach dem 9. Thermidor Mitglied des Wohlfahrtsausschusses, kam er 1795 in den Rat der Alten, nahm aber 1798 sein Lehramt der Chemie wieder an. Bonaparte berief ihn in den Staatsrat und vertraute ihm 1801 die oberste Leitung des öffentlichen Unterrichts an. Er starb 17. Dez. 1809. Seine Hauptschriften sind: „Leçons d’histoire naturelle et de chimie“ (Par. 1781, 2 Bde.; 1791, 5 Bde.; unter dem Titel: „Système de connaissances chimiques“, das. 1801, 6 Bde.; deutsch im Auszug von F. Wolf, Königsb. 1801–1803, 4 Bde.); mit Lavoisier, Guyon de Morveau und Berthollet „Méthode de nomenclature chimique“ (Par. 1787); „La médecine éclairée par les sciences physiques“ (das. 1791, 4 Bde.); „Philosophie chimique“ (das. 1792; 3. Aufl., das. 1806; deutsch von Gehler, Leipz. 1796); „Tableaux synoptiques de chimie“ (Par. 1805; deutsch von Görres, Andernach 1802) u. a.

Fourcroya Vent., Gattung aus der Familie der Amaryllidaceen, benannt nach dem Chemiker Fourcroy, früher zu der nahe verwandten Gattung Agave gerechnet und in Südamerika und Westindien heimisch. F. gigantea Vent., mit stachelspitzigen, sonst unbewehrten, fast 2 m langen, 16 cm breiten, im Kreise stehenden Blättern, treibt einen 10 m hohen, armsdicken, stark verzweigten Blütenschaft mit mehreren Tausend hängenden, grünlichweißen Blüten und liefert in den Blattfasern einen Teil der Agavefaser des Handels. F. cubensis Haw., kleiner als die vorige Art, mit kürzern, breitern, mit Stacheln besetzten Blättern, liefert in den Blattfasern einen Teil des Gras- oder Sisalhanfs, in den Stacheln eine Art Nägel und in dem Saft, welcher sich in der durch Ausbrechen einiger Herzblätter entstandenen Höhlung ansammelt und gärt, ein beliebtes berauschendes Getränk sowie auch Zucker. Beide Arten und die buntblätterige F. Lindeni werden wie die Agaven als Zierpflanzen kultiviert.

Fourgon (franz., spr. furgóng), Ofengabel; Bagagewagen mit Gabeldeichsel auf Reisen und im Feld; in der österreichischen Armee Bagage- und Vorratswagen. Fourgonnieren, das Feuer schüren, auch s. v. w. umwühlen.

Fourichon (spr. furischóng), Martin, franz. Admiral, geb. 9. Jan. 1809 zu Vivier (Dordogne), trat 1824 in die Seemannsschule zu Brest ein, wurde 1833 Leutnant, 1843 Korvettenkapitän, 1848 Fregattenkapitän, bald darauf Gouverneur zu Cayenne und 1853 Konteradmiral. Er bekleidete zuerst die Stelle eines Generalstabschefs der Marine zu Brest, erhielt dann das Kommando der Flotte im Stillen Ozean und die Leitung der algerischen Marine. Von da zurückberufen, wurde er 1859 mit dem Rang eines Vizeadmirals an die Spitze der Mittelmeerflotte gestellt. Infolge seiner anerkannten Tüchtigkeit im Seewesen wurde er in das Komitee für Marineangelegenheiten berufen und 1864 zum Präsidenten desselben ernannt. Am 31. März 1870 wurde er Kommandant des Übungsgeschwaders und beim Ausbruch des deutsch-französischen Kriegs Kommandant des zweiten Geschwaders, welches den Befehl hatte, in der Nordsee zu operieren. Da aber die deutsche Flotte einen Kampf vermied, mußte sich F. mit der Blockade der deutschen Küsten begnügen. Nach dem Sturz des Kaiserreichs wurde er 4. Sept. zum Marineminister ernannt und der Delegation in Tours beigegeben, welche ihm auch die Funktionen des Kriegsministers übertrug. Wegen Differenzen mit Crémieux und Glais-Bizoin legte er die letztern 5. Okt. nieder. Das Marineministerium behielt er, ohne in diesem eine erfolgreiche Thätigkeit entwickeln zu können, und unterschrieb auch alle Dekrete Gambettas. Bei den Wahlen vom 8. Febr. 1871 in die Nationalversammlung gewählt, nahm er seinen Sitz im rechten Zentrum. 1876 zum Senator ernannt, bekleidete er noch einmal das Marineministerium vom 9. März 1876 bis zum 16. Mai 1877 und starb 24. Nov. 1884.

Fourier, s. Furier.

Fourier (spr. furjē), 1) Jean Baptiste Joseph, Baron de, Mathematiker und Physiker, geb. 21. März 1768 zu Auxerre, besuchte die Militärschule seiner Vaterstadt, ging dann in das Kloster St.-Benoît sur Loire als Novize, trat jedoch 1789 in das Weltleben zurück und erhielt zu Auxerre den Lehrstuhl der Mathematik, den er bis 1794 innehatte. Er nahm an den Jakobinerversammlungen teil und gehörte zu dem furchtbaren Comité de survelliance. Kurze Zeit bekleidete er eine Professur an der Normalschule zu Paris, dann an der polytechnischen Schule und folgte 1798 Bonaparte nach Ägypten, wo er als dessen Sekretär für das ägyptische Institut und als Diplomat thätig war. Zugleich war er eifriger Mitarbeiter an der „Description de l’Égypte“, deren historische Einleitung er verfaßte. 1802 wurde er zum Präfekten des Isèredepartements, 1808 zum Baron und 1815 zum Präfekten des Rhônedepartements ernannt, legte aber letztere Stelle bald nieder und lebte seitdem in Paris seinen Studien; 1815 ward er Mitglied und später beständiger Sekretär der

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 470. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0470.jpg&oldid=- (Version vom 1.7.2021)