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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

(Hg) zu Schwefelquecksilber wird also ausgedrückt Hg + S = HgS. Nun bezeichnen aber die Symbole nicht beliebige Mengen der betreffenden Substanzen, sondern stets 1 Atom. Die obige Gleichung sagt also: 1 Atom Quecksilber verbindet sich mit 1 Atom Schwefel zu 1 Molekül Schwefelquecksilber, und man erfährt, daß Schwefelquecksilber aus 1 Atom Schwefel und 1 Atom Quecksilber besteht. Da nun 1 Atom Quecksilber = 200 und 1 Atom Schwefel = 32, so sagt die F. zugleich, daß sich 200 g Quecksilber mit 32 g Schwefel verbinden und 232 g Schwefelquecksilber geben, woraus dann auch die prozentische Zusammensetzung des letztern leicht zu berechnen ist. Die Elemente verbinden sich bekanntlich in mehreren Verhältnissen, und um dies anzudeuten, bedient man sich kleiner Zahlen, welche man rechts unten an das Atomsymbol schreibt. SO3 bezeichnet also 1 Molekül einer Verbindung, die entstanden ist aus der Vereinigung von 1 Atom Schwefel mit 3 Atomen Sauerstoff. Nun ist das Atomgewicht des Schwefels 32, das des Sauerstoffs 16, und mithin ist das Molekulargewicht der Verbindung SO3 = 3 × 16 = 48 + 32 = 80. Die F. bezeichnet also 80 Gewichtsteile jener Verbindung. Handelt es sich bei einem chemischen Prozeß um mehrere Moleküle einer Verbindung oder eines Elements, so schreibt man eine große Zahl links vor die F. Fünf Moleküle der zuletzt genannten Verbindung schreibt man also 5SO3, und man hat in dieser Menge 5 Atome Schwefel und 15 Atome Sauerstoff. Die F. 2SbCl3 + 3H2S = Sb2S3 + 6HCl sagt, daß 2 Moleküle Antimonchlorid (SbCl3) und 3 Moleküle Schwefelwasserstoff (H2S) 1 Molekül Schwefelantimon (Sb2S3) und 6 Moleküle Chlorwasserstoff (HCl) geben. Ob die F. richtig ist, zeigt sich, wenn man die Anzahl der Atome rechts und links von = zusammenzählt. Die Formeln leisten aber noch mehr. Die empirische F. des Essigäthers ist C4H8O2. Aus gewissen Zersetzungen, welche der Essigäther erleidet, weiß man, daß in demselben nicht alle 4 Atome Kohlenstoff (C), alle 8 Atome Wasserstoff (H) und die 2 Atome Sauerstoff (O) in gleicher Weise miteinander verbunden sind, sondern vielmehr zwei Gruppen bilden, nämlich C2H3O2 und C2H5. Der empirischen F. C4H8O2 steht mithin die rationelle F. C2H3O2.C2H5 gegenüber, welche einen Einblick in die Konstitution des Körpers gewährt und ihn von einem andern, dem gleichfalls die empirische F. C4H8O2 zukommt, unterscheiden läßt. Ammoniak NH3 besteht aus 1 Atom Stickstoff und 3 Atomen Wasserstoff. Durch gewisse Prozesse kann man im Ammoniak 1 Atom Wasserstoff durch die Atomgruppe C2H5 ersetzen und erhält dann den Körper NH2.C2H5. Wird ein zweites Atom Wasserstoff durch C2H5 ersetzt, so entsteht NH(C2H5)2, endlich N(C2H5)3. Diese Formeln sagen ohne weiteres, daß es sich um einen ammoniakähnlichen Körper handelt, in welchem 1, 2 oder 3 Atome Wasserstoff durch Äthyl C2H5 vertreten sind. Um nun einen chemischen Prozeß auszudrücken, werden die Formeln zu Gleichungen verbunden. Bringt man Schwefelquecksilber mit Eisen in Berührung, so wird das Schwefelquecksilber zersetzt, es entstehen Schwefeleisen und metallisches Quecksilber. Mit Hinzufügung der Atomgewichte ergibt dies folgende Gleichung:

HgS + Fe = FeS + Hg
200+32   56   56+32   200.

Man sieht hieraus, daß zur Zerlegung von 232 Teilen Schwefelquecksilber 56 Teile Eisen erforderlich sind und dabei 200 Teile Quecksilber erhalten werden. Über diese Rechnungen vgl. Stöchiometrie.

Formelbücher, Mustersammlungen für Urkunden und Briefe, im Anschluß an vorhandene Vorbilder verfaßt und daher eine wichtige Quelle der Rechtsgeschichte wie der Geschichte überhaupt. Die frühsten Spuren wissenschaftlicher Thätigkeit auf dem Rechtsgebiet, entstanden sie zuerst in den romanischen Staaten, bei den Franken und Westgoten, seit dem 8. Jahrh. auch im südlichen Deutschland, in Bayern und Alemannien. Die Formeln dieser ältern Zeit sind gesammelt von Eugène de Rozière: „Recueil général des formules“ (Par. 1859–71, 3 Bde.). Eine neue Ausgabe ist begonnen von K. Zeumer in den „Monumenta Germaniae historica“ (Legum Sectio V,1, Hannov. 1882) auf Grund von Vorstudien „Über die ältern fränkischen Formelsammlungen“ und „Über die alamannischen Formelsammlungen“ (im „Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde“, Bd. 6 u. 8, 1881–83). Unter den ältern Formelbüchern ist die Sammlung des Mönchs Marculf in zwei Büchern (um 660) die umfassendste und verbreitetste. Aus dem 9. Jahrh. stammt das „Formelbuch des Bischofs Salomo III. von Konstanz“ (hrsg. von E. Dümmler, Leipz. 1857). Drei Formelsammlungen aus der Zeit der Karolinger sowie Formeln über das Verfahren bei Gottesurteilen, aus Münchener Handschriften, veröffentlichte Ludw. Rockinger in den „Quellen und Erörterungen zur bayrischen und deutschen Geschichte“, Bd. 7 (Münch. 1857–58). Zu den ältesten Formelbüchern der päpstlichen Kanzlei gehört der „Liber diurnus“ (zwischen 685 und 751), neu herausgegeben von Rozière (Par. 1869). Über die zahllosen F. des spätern Mittelalters vgl. Rockinger, Über F. vom 13. bis zum 16. Jahrhundert als rechtsgeschichtliche Quellen (Münch. 1855); Derselbe, Über Briefsteller und F. in Deutschland während des Mittelalters (das. 1861), und Herm. Bärwald, Zur Charakteristik und Kritik mittelalterlicher F. (Wien 1858); mit Bezug auf böhmische Geschichte Franz Palacky in den „Abhandlungen der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften“, 5. Folge, Bd. 2 u. 5 (Prag 1842–47). Eine Sammlung derselben veranstaltete Rockinger in den „Quellen und Erörterungen“, Bd. 9 (Münch. 1863–64). Im einzelnen sind hervorzuheben: die „Summa curiae regis“, mitgeteilt von O. Stobbe im „Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen“, Bd. 14 (Wien 1855); „Theoderich von Bocksdorffs Gerichtsformeln“, von H. Böhlau („Zeitschrift für Rechtsgeschichte“, Bd. 1, Weim. 1861); Arnold von Protzans „Summula dictaminum“, von Wattenbach herausgegeben („Codex diplomaticus Silesiae“, Bd. 5, Bresl. 1862); das Formelbuch des königlichen Notars Heinricus Italicus, von Joh. Voigt (Wien 1863); das „Baumgartenberger Formelbuch“, herausgegeben von Bärwald in den „Fontes rerum austriacarum“, Abt. 2, Bd. 25 (das. 1866); der „Liber cancellariae“ des Stanislaus Ciolek, gedruckt von J. Caro (das. 1871–74, 2 Tle.); endlich ein „Thorner Formelbuch“, von welchem H. Prutz und E. Steffenhagen in der „Altpreußischen Monatsschrift“, Bd. 6 und 8 (Königsb. 1869 u. 1871), Nachricht gegeben haben. Andre sind verzeichnet bei Österley, „Wegweiser durch die Litteratur der Urkundensammlungen“ (Teil 1, Berl. 1885). Im 16. Jahrh. fanden die F. in den deutsch geschriebenen Rhetoriken, Titular- und Kanzleibüchern ihren Abschluß.

Formell (franz.), förmlich, der Form nach; ausdrücklich, deutlich. Vgl. Formal.

Formenlehre, in der Grammatik entweder Wortlehre im Gegensatz zur Syntax oder Satzlehre

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 435. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0435.jpg&oldid=- (Version vom 19.11.2022)