Seite:Meyers b6 s0434.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

(Ethik) sind Formwissenschaften, indem sowohl das Schöne als das Gute in der F., nicht im Stoff des Gefallenden (des Kunstwerks wie des tugendhaften Wollens) gelegen ist. Beide sowie die gleichfalls von Formen (nur nicht des Denkens überhaupt, sondern des richtigen und gültigen Denkens, d. h. des Erkennens) handelnde Erkenntnislehre (Noetik) unterscheiden sich jedoch von den früher genannten darin, daß sie Normalformen (formelle Musterbilder, Ideen, die Ästhetik für das künstlerische Schaffen, die Ethik für das sittliche Wollen, die Erkenntnislehre für das Erkenntnis suchende Denken) aufstellen, nach denen die in der Erfahrung gegebenen, wenn sie befriedigen sollen, umzugestalten, die aber nicht selbst aus der Erfahrung zu entlehnen sind. Bei Aristoteles bedeutet F. (eidos) im Gegensatz zur Materie (hyle) das begriffliche Wesen des Gegenstandes, z. B. dasjenige, was die (stofflich angesehen: steinerne oder hölzerne) Kugel eben zur Kugel macht. – In der Grammatik bezeichnet F. die Gesamtheit der äußern Unterscheidungsmerkmale an den Wörtern, besonders insofern sie durch Flexion und Ableitung bedingt sind, sowie an den Sätzen in Bezug auf ihre äußere (syntaktische) Beschaffenheit (vgl. Wort und Satz); in der Mathematik das Gesetz, nach welchem sich eine Größe aus andern gegebenen Größen ableiten, entwickeln läßt (s. Formel).

Form, im technischen Sinn ein Mittel, um einem Körper dadurch eine bestimmte Gestalt zu geben, daß man das Material, aus dem der Körper gebildet werden soll, an Flächen, welche die Form ausmachen, andrückt. Daher ist F. in der Gießerei (s. d.) ein Hohlkörper zur Aufnahme des flüssigen Metalls. In der Färberei ist F. ein zum Drucken der Zeuge bestimmter Holzschnitt, worauf die Figuren erhaben geschnitten sind (Druckform). Über F. (Eßeisen) zur Windeinführung in Öfen s. Gebläse. – In der Buchdruckerei versteht man unter F. die nach Beschaffenheit des Formats in 2, 4, 8, 12, 16 oder mehr Seiten (Kolumnen) geteilten, in einem Rahmen eingeschlossenen Typen oder Stereotypplatten, mit welchen die ganze Seite eines Bogens auf einmal bedruckt wird.

Formābel (lat.), bildsam; Formabilität, Bildsamkeit.

Formāl (lat.), was sich auf die Form (s. d.) bezieht, im Gegensatz zu material. Daher formale Prinzipien Grundsätze, welche die Form unsers Erkennens, Denkens oder Handelns, ohne Rücksicht auf dessen Inhalt, bestimmen; formales Recht die allgemeine Befugnis eines jeden vernünftigen Wesens, mit Freiheit in der Außenwelt zu wirken; formale Wahrheit, die sich bloß auf den logischen Charakter unsrer Vorstellungen und Erkenntnisse beziehende, den Gesetzen des reinen (formalen) Denkens entsprechende Wahrheit. Ebenso spricht man von formalen oder Formwissenschaften, wie Mathematik, Logik, Ästhetik (s. Form), und von formaler Bildung (s. Bildung).

Formalĭen (Formalitäten, lat.), Förmlichkeiten, d. h. äußere Umstände, womit man gewisse Handlungen zu begleiten hat, um letztern zufolge gesetzlicher Bestimmung die nötige Rechtsgültigkeit zu geben, z. B. bei der Errichtung eines Testaments. Gewöhnlich spricht man auch von F., um an und für sich unwesentliche Handlungen und Erklärungen zu bezeichnen, die aber gleichwohl nach Herkommen oder Gesetz zur Rechtsgültigkeit eines Aktes erforderlich sind.

Formalisieren (franz.), etwas in strenge Form bringen; reflexiv: etwas übelnehmen, sich ärgerlich über etwas äußern.

Formalismus (lat.), in der Wissenschaft und im Leben ein Verfahren, welches sich überhaupt nach einer bestimmten Form richtet; im schlimmen Sinn ein solches, welches über der (oft unwesentlichen) Form den Gehalt eines Objekts übersieht oder (aus Vorliebe) eine gewisse Form dem in Rede stehenden Gegenstand, mag sie ihm noch so fremd sein, aufzudringen sucht, z. B. philosophische Probleme nach einem fertigen Schematismus (Kants Kategorientafel oder Hegels Dialektik) behandelt.

Formalitäten, s. Formalien.

Formalĭter (lat.), förmlich, in aller Form.

Formaria (lat.), eine Klosterfrau, welche um ihres reinen Wandels willen andern als geistliche Helferin zugeordnet wurde, zugleich auch das Amt hatte, der Unterredung einer Schwester mit weltlichen Personen als Zeugin beizuwohnen. Ein ähnliches Amt hatte bei den Mönchen der Formarius.

Formāt (lat.), die Größe des Papierbogens. Gegenüber den bisherigen unzählbaren und ganz willkürlichen Bogengrößen bemüht man sich, 12 Normalformate einzuführen, von denen Nr. 1, das offizielle Reichsformat, 33×42 cm mißt. Unter F. versteht man auch die Größe des gebrochenen Bogens und unterscheidet namentlich: Folio mit 4, Quart mit 8, Oktav mit 16, Duodez mit 24, Sedez mit 32 Seiten pro Bogen. Vgl. Papier. In den Buchdruckereien nennt man F. die Ausfüllstege, welche auf dem bedruckten Bogen die weißen Räume bilden.

Formation (lat.), Bildung, Gestaltung. Im militärischen Sinn versteht man unter F. 1) das organische Gefüge einer Truppe oder eines Truppenteils und unterscheidet hierin die Kriegs- und Friedensformation, z. B. einer Feldbatterie, eines Armeekorps; Neuformationen werden erst bei planmäßiger Mobilmachung aufgestellt; 2) die taktische Gestaltung, z. B. die Marsch-, Rendezvous-, Gefechtsformation; 3) die durch das Exerzierreglement vorgeschriebene Art der Aufstellung, z. B. in Linie, in Kolonne, Sektionen etc. – Über geologische Formationen s. d.

Formbäume, s. Obstgarten.

Formel (lat. formula), für besondere Fälle entweder ausdrücklich vorgeschriebene oder durch den Gebrauch eingeführte Worte, Redensarten oder Wendungen, z. B. Gebets-, Rechtsformeln. In der Mathematik versteht man darunter jede Verbindung algebraischer Zeichen. Eigentliche Formeln datieren demzufolge erst seit der Anwendung von Buchstaben zur Bezeichnung von Zahlen.

Chemische Formeln, zur Veranschaulichung der chemischen Prozesse, heißen die eigentümlichen Zeichen und Symbole, welche die chemische Zusammensetzung einer Verbindung sowohl in Bezug auf die in ihr enthaltenen Elemente als auch in Bezug auf die Anzahl der in ihr enthaltenen Atome ausdrücken. Im allgemeinen wird jedes Element mit dem ersten Buchstaben seines lateinischen Namens bezeichnet: Schwefel (Sulfur) S; Stickstoff (Nitrogenium) N; Kohlenstoff (Carboneum) C; Wasserstoff (Hydrogenium) H; Sauerstoff (Oxygenium) O etc. Da aber die Namen mehrerer Elemente mit demselben Buchstaben anfangen, so muß man häufig noch einen zweiten zu Hilfe nehmen: Baryum Ba, Beryllium Be, Chlor Cl, Chrom Cr, Cerium Ce, Calcium Ca, Kadmium Cd, Cäsium Cs etc. Will man in dieser Zeichensprache ausdrücken, daß zwei Elemente chemisch aufeinander einwirken, so stellt man zwischen beide ein + und schreibt das Produkt der Einwirkung hinter ein Gleichheitszeichen. Der Satz: Schwefel (S) verbindet sich mit Quecksilber

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 434. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0434.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2021)