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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

Tafel II: Flaggen des Deutschen Reichs.

Die deutsche Reichsverfassung (Art. 55) bestimmt, daß die Flagge der Kriegs- und Handelsmarine schwarz-weiß-rot sein soll. Eine Verordnung vom 25. Okt. 1867 verordnete über die Form der Handelsflagge, daß dieselbe ein längliches Rechteck, bestehend aus drei gleich breiten horizontalen Streifen, von welchen der obere schwarz, der mittlere weiß und der untere rot, bilden solle. Das Verhältnis der Höhe der Flagge zur Länge soll wie zwei zu drei sein. Die Kauffahrteischiffe haben diese Flagge am Flaggstock auf dem Heck oder am hintern Mast und zwar in der Regel an der Gaffel dieses Mastes, in Ermangelung eines solchen aber am Topp oder im Want zu führen.

Das Flaggtuch der deutschen Kriegsflagge wird durch ein liegendes schwarzes Kreuz in 4 Felder geteilt, von denen die 2 am Flaggstock liegenden kürzer als die rechtsseitigen sind. Die beiden längern und das dritte untere Feld sind weiß. Das obere Feld zeigt die 3 Horizontalstreifen der deutschen Handelsflagge: Schwarz-Weiß-Rot, mit darauf stehendem Eisernen Kreuz. Der Schnittpunkt der Kreuzarme wird vom preußischen Wappenadler in weißem kreisförmigen Feld verdeckt. Die Kreuzesarme sind von weißen und schwarzen Linien umgeben.

1) Die Kaiserstandarte, Seidentuch, zeigt als Hauptfigur das stehende Eiserne Kreuz, dessen Außenkanten sich überall mit den Rändern des Flaggtuches decken; in der Mitte ist es vom kaiserlichen Wappenschild, umgeben von der Kette des Schwarzen Adlerordens, verdeckt, und auf seine Arme ist die Inschrift „Gott – Mit – Uns – 1870“ verteilt. Jedes der zwischenliegenden 4 gelben Felder ist mit 3 schwarzen Wappenadlern und einer goldenen Kaiserkrone geschmückt. Geheißt wird die Kaiserstandarte am Topp des Großmastes, jedes andre Kommando und Unterscheidungszeichen aber gestrichen, sobald sich der Kaiser an Bord begibt.

2) Die Standarte der Kaiserin, Seidentuch, unterscheidet sich von der des Kaisers wesentlich durch die Zeichnung, während dieselben Farben benutzt sind. Das Eiserne Kreuz, erheblich kleiner und ohne die Inschrift, aber mit darauf stehendem (roten) Johanniterkreuz, nimmt hier die obere Ecke am Flaggstock ein. Der kaiserliche Wappenschild weicht nur in der Krone ab; das gelbe Flaggtuch schmücken 26 schwarze Wappenadler.

3) Die kronprinzliche Standarte weicht von der kaiserlichen nur in der Wappenkrone und dadurch ab, daß sie in den 4 gelben Feldern je 3 Wappenadler zeigt.

4) Die Königsstandarte (nur auf besondern Befehl geheißt) zeigt auf rotem Grunde das Eiserne Kreuz, ohne Inschrift, mit dem königlichen Wappenschild und in jedem der 4 Felder die Königskrone und 3 Wappenadler.

5) Die Königinstandarte ist gleichfalls rot und zeigt (wie oben) das Eiserne Kreuz ohne das Johanniterkreuz und in der Mitte den königlichen Wappenschild, Kronen und Adler wie 4).

6) Die Standarte des königlichen Hauses weicht von der Königsstandarte einzig darin ab, daß statt Rot überall Weiß erscheint.

Die zur deutschen Reichsmarine zählenden Schiffe führen außerdem folgende Flaggen:

7) Die Flagge des Chefs der Admiralität. Auf weißem Grund liegt ein schwarzes Kreuz (das Eiserne), in dessen Winkeln die Flunken von 4 roten, diagonal gestellten Ankern placiert sind.

8 Flagge der Admirale. Kleiner als die vorige und wie jene quadratisch. Das gleiche Kreuz deckt sich an den Außenkanten mit den Rändern des weißen Flaggtuches. Der Admiral führt diese Flagge am Großtopp, der Vizeadmiral am Vortopp, der Konteradmiral am Kreuztopp (auf Vollschiffen). Auf zweimastigen Fahrzeugen setzt auch der Konteradmiral seine Kommandoflagge am Vortopp, und auf einmastigen Fahrzeugen führt der Vizeadmiral im obern Viertel seiner Kommandoflagge, zunächst dem Flaggstock, eine schwarze Kugel. Auf ein- oder zweimastigen Schiffen ist auch in der Flagge des Konteradmirals im obern und im untern Viertel zunächst dem Flaggstock eine schwarze Kugel.

9) Der Kommodore führt einen weißen Stander (Breitermigel) mit dem Eisernen Kreuz am Topp des Großmastes. Der Stellvertreter eines Flaggoffiziers oder Kommodore setzt den Kommodorestander am Vortopp.

Jedes Kriegsfahrzeug, von dessen Bord keins der erwähnten Unterscheidungszeichen weht, führt im Dienste den weißen Kriegswimpel mit dem Eisernen Kreuz am Großtopp. An Feiertagen, bei Inspizierungen etc. setzt jedes Kriegsfahrzeug am Bugspriet die Gösch (s. Text). In England vertritt die Stelle der Gösch die Union-Jack. Alle nicht direkt zur kaiserlichen Marine gehörigen Regierungsfahrzeuge des Deutschen Reichs haben Flaggen zu führen, welche sich durch ein für jeden Verwaltungszweig besonderes Merkmal von der allen gemeinsamen Kriegsflagge unterscheiden. Diese Abzeichen haben ihren Ort in dem untern, dem Flaggstock benachbarten weißen Feld wie folgt:

10) Flagge für Last-, Arbeits- und Mietfahrzeuge der kaiserlichen Marine: 4 rote, mit den Flunken zusammen und diagonal gestellte Anker.

11) Flagge für Zollfahrzeuge: Ein blauer, aufrechter Anker, dem zu beiden Seiten die roten Buchstaben K und Z gesetzt sind.

12) Flagge der Postschiffe: Ein gelbes Posthorn.

13) Lotsenflagge: 2 blaue, gekreuzte Anker.

14) Flagge der zum Ressort des Handels zählenden Fahrzeuge: Ein blauer, aufrechter Anker.

Die zur Führung der unter 10) — 14) verpflichteten Fahrzeuge sind auch berechtigt, eine Gösch zu führen, die dann inmitten des weißen Flaggstreifens das Abzeichen trägt.


Deutsche Einzelstaaten.

Preußen: Die preußische Flagge zeigt die preußischen Farben: inmitten des weißen, oben und unten mit schwarzen Streifen eingefaßten Flaggtuches mit eckigem Ausschnitt den preußischen Wappenadler.

Mecklenburg führt eine horizontal blau-weiß-rot gestreifte Trikolore, als großherzogliche Standarte geschmückt inmitten des weißen Streifens mit dem vom Stier und Greif flankierten Wappenschild.

Oldenburg: Auf blauem Flaggtuch ein liegendes rotes Kreuz, das als großherzogliche Standarte verziert ist durch das oldenburgische Landeswappen.

Hamburg: Das rote Flaggtuch ist mit dem Wappen Hamburgs, den 3 weißen Türmen, geschmückt.

Bremen: Das abwechselnd rot und weiß gestreifte Flaggtuch (8 Streifen) zeigt am Flaggstock 2 Reihen schachbrettartige Felder in denselben Farben.

Lübeck: Weiß und rot gestreiftes Flaggtuch, die untern zwei Drittel der deutschen Handelsflagge darstellend.

Die Flagge der ehemaligen deutschen Flotte zeigte die Farben der deutschen Burschenschaft, die schwarz-rot-goldene Trikolore.


Die Flagge der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft: Weißes Flaggtuch, durch darauf liegendes schwarzes Kreuz in 4 gleiche Felder geteilt, von denen das obere am Flaggstock liegende rot ist, das „südliche Kreuz“, 5 weiße Sterne zeigend.




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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 334f. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0334f.jpg&oldid=- (Version vom 13.5.2022)