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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

zur Rechtfertigung seines staatsmännischen Wirkens: „Politisches Martyrtum, eine Kriminalgeschichte mit Aktenstücken“ (das. 1855).

4) P. Karl, Obstzüchter und Landwirt, geb. 29. Nov. 1800 zu Hoschnitz bei Saaz, fungierte nach absolvierten theologischen Studien 1824–35 als Hilfspriester, von 1836 bis 1853 als selbständiger Seelsorger in Turtsch, errichtete überall Schulgärten, Baumschulen und Obstpflanzungen; auch suchte er, besonders in der Schule, die Liebe zum Gartenbau als Beförderungsmittel des Fleißes und der Sittlichkeit zu erregen. In Turtsch errichtete er 1835 eine landwirtschaftliche Schule. In der nach 1848 eingetretenen Reaktionszeit mußte er den Abschied nehmen und lebt seitdem in Kaaden. Er schrieb: „Die zehn Gebote des Obstbaues“ (Berl. 1861); „Der Weinbau“ (das. 1861); „Handbuch der rationellen Obstzucht“ (das. 1861); „Illustriertes Handbuch der Obstbaumzucht“ (2. Aufl. 1863); „Der Obstfreund u. Obstzüchter“ (Leipz. 1864).

5) Johann Karl, Medailleur, geb. 14. Juli 1802 zu Berlin, war erst zum Goldarbeiter bestimmt, bildete sich dann zum Graveur aus und arbeitete seit 1823 in der Medaillenanstalt von Loos, dann beim Hofjuwelier Wagner. Der Reformator der preußischen Kunstindustrie, Beuth, verschaffte ihm ausgedehntere Thätigkeit und berief ihn in das Gewerbeinstitut. Außer den Medaillen arbeitete er Stempel für die königliche Münze und schnitt Edelsteine u. Bildnisse in Elfenbein. Er starb 25. März 1865 in Berlin.

6) Ferdinand August, Bildhauer, Bruder des vorigen, geb. 17. Febr. 1805 zu Berlin, widmete sich auf der Berliner Akademie unter Schadows Leitung der Plastik, trat dann als Lehrer in die Anstalt ein und wurde 1847 Mitglied derselben und Professor. Er starb 2. April 1866 in Berlin. Die Verhältnisse beschränkten seine Thätigkeit mehr auf Leistungen für die Kunstindustrie und für dekorative Zwecke. Von seinen zahlreichen Medaillen ist besonders diejenige wertvoll, welche der Senat der Akademie Rauch bei der Enthüllung des Friedrichsdenkmals 1851 überreichte. F. fertigte außerdem geschmackvolle Modelle für Gold- und Silberwerke, so das nach der Zeichnung von Cornelius für den sogen. Glaubensschild, Patengeschenk König Friedrich Wilhelms IV. an den Prinzen von Wales, ferner das für einen von der Stadt Berlin dem Kronprinzen von Preußen als Hochzeitsgeschenk dargebrachten Tafelaufsatz. Auch der sogen. Legitimitätsschild, den deutsche Adlige dem Exkönig Franz II. von Neapel verehrten, ist nach Fischers Modell ausgeführt. Von seinen plastischen Arbeiten sind zu nennen: die Statue der römischen Wasserträgerin (1839, im Besitz des deutschen Kaisers), die Mosesstatue aus Sandstein auf der Berliner Schloßkuppel und die der Minerva und des Merkur auf der Balustrade des königlichen Schlosses. Dagegen war es ihm nicht vergönnt, die vier Gruppen zur Erinnerung an die Freiheitskriege auf dem Belle-Allianceplatz, zu denen er zwei Modelle geschaffen und zwei Skizzen geliefert hatte, selbst auszuführen. Es sind dramatisch bewegte Kämpfergruppen, mit den Wappentieren der Länder England, Preußen, Niederlande und Hannover zusammengestellt. Dieselben wurden von den Bildhauern Franz und Walger in Marmor ausgeführt.

7) Karl Philipp, Philosoph, geb. 5. März 1807 zu Herrenberg in Württemberg, ward Privatdozent, dann außerordentlicher Professor der Philosophie zu Tübingen, wirkte seit 1841 als ordentlicher Professor in Erlangen, von wo er 1876 nach Kannstatt übersiedelte, und starb 25. Febr. 1885 in Lindau. F. gehört mit Chr. H. Weiße (s. d.) und I. H. Fichte (s. d.) zu den Gründern der neuern Theistenschule, obgleich er nicht, wie Weiße, von Hegel, noch, wie Fichte, von seinem Vater, sondern von Schelling (in dessen späterer Periode) und dem Theosophen Baader (s. d.) angeregt worden ist. Seine hauptsächlichsten Schriften sind: „Die Freiheit des Willens“ (Tübing. 1833); „Wissenschaft der Metaphysik“ (Stuttg. 1834); „Idee der Gottheit“ (das. 1839); „Spekulative Charakteristik und Kritik des Hegelschen Systems“ (Erlang. 1845); „Die spekulative Dogmatik des Dr. Strauß“ (Tübing. 1841–42, 2 Hefte); „Grundzüge des Systems der Philosophie“ (Frankf. 1845–55, 3 Bde.), sein Hauptwerk; ferner: „Über die Unwahrheit des Sensualismus und Materialismus“ (Erlang. 1855); „Über die Unmöglichkeit, den Naturalismus zum ergänzenden Teil der Wissenschaft zu machen“ (das. 1854; gegen Erdmann, der darauf mit einem „Denkzettel“, Halle 1854, antwortete); „Zur hundertjährigen Geburtsfeier Baaders“ (Erlang. 1865).

8) Johann Georg, Dichter, geb. 25. Okt. 1816 zu Großsüßen in Württemberg, war zuerst Volksschullehrer, besuchte dann die Universität Tübingen und ward 1846 als Professor für Geschichte, Geographie und Litteratur an der Oberrealschule in Stuttgart angestellt. Er trat zuerst mit einer Sammlung „Gedichte“ (Stuttg. 1854, 3. Aufl. 1883) hervor, welche bedeutendes Talent verrieten, und denen später „Neue Gedichte“ (das. 1865) und weitere Sammlungen unter den Titeln: „Den deutschen Frauen“ (das. 1869), „Aus frischer Luft“ (das. 1872), „Neue Lieder“ (das. 1876), „Merlin“, Liedercyklus (das. 1878), und das Idyll „Der glückliche Knecht“ (das. 1881) folgten. F. bekundet sich in diesen Werken als einen Dichter, der den heitern Humor und den würdigsten Ernst gleich glücklich zu behandeln weiß und beide oft mit feinem Takt und Gefühl verbindet. Außerdem veröffentlichte er die Dramen: „Saul“ (Stuttg. 1862), „Friedrich II. von Hohenstaufen“ (das. 1863), „Florian Geyer, der Volksheld im deutschen Bauernkrieg“ (das. 1866) und „Kaiser Maximilian von Mexiko“ (2. Aufl., das. 1868). Im allgemeinen ist im Dramatiker F. die Neigung zum Deklamatorischen vorherrschend; seine Stücke, von denen drei den Kampf zwischen der Hierarchie und der weltlichen Macht zum Gegenstand haben, lassen bei vielem Schönen in der Sprache und zum Teil in der Charakteristik doch eine klar sich aufbauende, kunstvoll gesteigerte und spannende Handlung vermissen. Die naturpsychologische Skizze „Aus dem Leben der Vögel“ (Leipz. 1863) zeugt von feiner Beobachtung und sinniger Auffassung des Naturlebens. Im J. 1882 wurde dem Dichter vom König von Württemberg mit dem Kronenorden der persönliche Adel erteilt; 1885 zog er sich in den Ruhestand zurück.

9) Heinrich, Mineralog und Geolog, geb. 19. Dez. 1817 zu Freiburg i. Br., studierte dort und in Wien Medizin und Naturwissenschaften, praktizierte als Arzt und habilitierte sich gleichzeitig als Privatdozent für Mineralogie und Zoologie an der Universität Freiburg, an welcher er 1854 zum außerordentlichen, 1859 zum ordentlichen Professor der Geologie und Mineralogie und Direktor des mineralogisch-geologischen Museums ernannt wurde. F. starb daselbst 2. Febr. 1886. Seine ersten Arbeiten bewegten sich auf entomologischem Gebiet, später widmete er sich mehr der Mineralogie und war einer der ersten, die das Mikroskop in dieser Wissenschaft anwandten. Er schrieb: „Orthoptera europaea“ (Leipz. 1853); „Clavis der Silikate“ (das. 1864); „Chronologischer

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0300.jpg&oldid=- (Version vom 17.9.2022)