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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

organischen Lebens voneinander getrennt. Jenseit der Schwarzen Berge verbreitet sich die ganz ebene, tier-, pflanzen- und wasserlose, nur mit einer Salzkruste überzogene Wüste Ben Afien bis zu den Omm el Abid genannten Quellen. Im NW. von Mursuk (jenseit des Wadi Gharbi und Wadi Schergi) liegt eine Gruppe von Natronseen. Das Klima ist regelmäßig und gesund, die Durchschnittstemperatur beträgt +21° C.; im Winter sinkt das Thermometer zuweilen bis −5° C., im Sommer steigt es bis 44,6° C. im Schatten. Regen kommen zuweilen von S., sind aber selten; zur Bewässerung des Feldes sind jedoch Brunnen reichlich in geringer Tiefe vorhanden. Man baut Weizen, Gerste, Durra- und Hirsearten, ferner Melonen, Gurken, Tabak, Baumwolle, Ölbäume, Feigen und Mandeln. Der Reichtum des Landes wird aber in allen Oasen durch die Palmen gebildet, welche etwa 30 Dattelsorten für den Export liefern. Von Haustieren hat man hauptsächlich Ziegen und Kamele; Pferde und Esel sind selten. Das Schaf mit dem Fettschwanz kommt im N. vor. Von wilden Tieren gibt es Strauße, Gazellen, Muflons, Hyänen, Schakale und Füchse. Der Handel Fezzans ist unbedeutend und beschränkt sich meist auf Zwischenhandel zwischen dem Mittelmeer und den Negerländern im S. Dagegen blüht der Sklavenhandel noch immer in voller Ausdehnung. Die Zahl der Bewohner ist schwer zu ermitteln, doch gering. Hornemann nahm 70,000, Vogel 54,000, Richardson gar nur 26,000, Rohlfs dagegen 200,000 Seelen an. Nachtigal schätzt die seßhafte Bevölkerung auf ca. 33,000 Seelen in 90 Ortschaften, im ganzen auf 50,000. Die Fezzaner sind unzweifelhaft ein Mischlingsvolk, entstanden aus den umwohnenden Tibbu-, Bornu-, Tuareg-, Berber- und Arabervölkern. Von Sprachen sind das Kanuri (Bornusprache), dann Arabisch und die Sprachen der Tuareg und Tibbu herrschend. Die Fezzaner gelten als gutmütig und sanft, doch ist die Sittenlosigkeit eine arge. Herrschende Religion ist der Islam. Die Mehrzahl der Wohnungen des Landes besteht aus Palmhütten, die mit Lehm beworfen sind, in den wenigen Städten auch aus Erdklumpen und einzelnen Steinen. Hauptnahrung machen die Datteln aus. In administrativer Hinsicht ist F. in 7 Mudiriehs geteilt; Hauptstadt ist Mursuk mit 3500 Einw. Außer ihr zählt man nur noch 7 Ortschaften, die als Städte bezeichnet werden: Sokna und Sebha mit je 2500, Semmu mit 1200, Gatron mit 1000, Sirkhen mit 900, Tedscherri mit 800 und Temenhint mit 600 Einw. Die Verwaltung ist, wie in den übrigen türkischen Provinzen Afrikas, eine sehr willkürliche. Trotz des Reichtums des Landes liefert F. jährlich nur 800,000 Piaster (etwa 150,000 Mk.) als direktes Einkommen. Interessant sind die Ruinen und eine Gruppe von 50 kleinen Pyramidengräbern, die sich im Ostteil der oben erwähnten Seengruppe finden. Vgl. Nachtigal, Sahara und Sudân, Bd. 1 (Berl. 1879).

Fezzanwurm, s. Kiemenfuß.

Fiaker (franz. Fiacre), s. v. w. Mietkutsche, so genannt nach einem Bilde des heil. Fiacrius (eines irischen Mönchs aus dem 6. Jahrh., Schutzpatrons der Gärtner), welches dem Haus der Rue St.-Martin in Paris als Schild diente, in dem der Erfinder der Mietkutschen, ein gewisser Sauvage, Ende des 17. Jahrh. wohnte. Diese Mietkutschen, für welche man, besonders in Norddeutschland, auch den aus dem Russischen entlehnten Namen Droschke (s. d.) braucht, sind bekanntlich jetzt in jeder größern Stadt zu finden; sie stehen unter polizeilicher Aufsicht, tragen bestimmte Nummern, führen feste Preise und sind hinsichtlich ihrer Fahrten auf die Stadt und deren nächste Umgebung beschränkt. In Wien, wo die F. infolge ihrer guten Ausstattung und des geschickten Fahrens eine gewisse Berühmtheit erlangt haben, versteht man speziell unter der Bezeichnung F. ein zweispänniges, numeriertes Mietsfuhrwerk im Gegensatz zum Komfortabel oder „Einspänner“. Der Name F. ist dort auch, wenigstens in der populären Sprache, auf den Wagenführer übergegangen.

a Fialen, dazwischen die Wimperge.

Fiālen (Phialen, griech.), im got. Baustil schlanke Spitztürmchen, welche entweder die giebelförmigen Fensterverdachungen (Wimpergen) zu beiden Seiten begrenzen (s. Figur), oder auch die Krönung von Strebepfeilern bilden. Sie bestehen aus einem untern lotrechten Teile (Leib), dessen vier Seitenflächen oben durch Giebel abgeschlossen sind, und einem pyramidalen Teil (Riese), dessen vier Kanten mit einzelnen Blättern (Krabben) besetzt sind, während dessen Spitze (die Fialenkrone) durch eine Kreuzblume geziert ist. S. Tafel „Kölner Dom II“.

Fiammingo (ital., „Vlaming“), Beiname der niederländischen Künstler, welche in Italien lernten und lebten und von den Italienern nach ihrem Vaterland so genannt wurden, weil der Italiener den Taufnamen dem Familiennamen vorzieht; insbesondere sind unter diesem Zunamen bekannt Dionys Calvaert und Franz du Quesnoy.

Fiasko (ital., Mehrzahl: Fiaschi), Flasche; dann Flüssigkeitsmaß in Toscana, = 2,279 Lit., als Ölmaß = 2,089 L. F. machen (von der Zerbrechlichkeit des Glases hergeleitete Redensart), s. v. w. gänzlichen Mißerfolg haben, durchfallen, besonders von theatralischen Produktionen.

Fiat (lat.), es werde! es sei! F. lux, es werde Licht; f. justitia, et pereat mundus, Gerechtigkeit muß sein, und sollte die Welt darüber zu Grunde gehen (angeblich Wahlspruch Kaiser Ferdinands I.); f. applicatio, man mache die Anwendung; f. insinuatio, es werde eingehändigt; f. lege artis (auf Rezepten), es werde kunstgemäß bereitet.

Fibel (lat. Fibula), Haftel, metallene Spange zum Zuheften der Gewänder, ähnlich unsern Broschen oder Sicherheitsnadeln aus einem Bügel, einem Ring oder einer Scheibe und mit einer elastischen oder durch ein Scharnier befestigten Nadel bestehend, bisweilen auch schnallenförmig. Fibeln von Gold, Silber oder Bronze waren bei den Römern in allgemeinem Gebrauch und sind überall gefunden worden, wo Römer gewohnt haben (s. Abbildung). Mit dem zunehmenden Luxus in der römischen und byzantinischen Kaiserzeit wurden auch die Fibeln mit Email, Edelsteinen, Gravierungen etc. reich verziert. Auch die

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0230.jpg&oldid=- (Version vom 16.5.2022)