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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

von Gasen nicht mit den bereits verbrannten, also unbrennbaren Feuergasen zu verwechseln, die nach dem Verlassen von Puddelöfen, Glühöfen etc. noch Wärme (Abhitze, Überhitze) genug haben, um zur Dampferzeugung, zum Darren von Brennstoffen etc. benutzt werden zu können. – Die Gaserzeuger für Gichtgase sind hauptsächlich die Hochöfen zur Eisengewinnung, deren oberm Teil (Gicht) sie entströmen. Durch die seit 1837 eingeführte Benutzung der Gichtgase zu Heizungszwecken wird eine ungeheure Menge Wärme, die sonst nutzlos in die Luft ging, technisch verwertet. Die zum Auffangen der Gichtgase bestimmten Apparate heißen Gichtfänge und werden in sehr verschiedenen Konstruktionen verwendet. Als Repräsentant der Gichtfänge soll hier der Parrysche Trichter (genannt nach dem Erfinder) beschrieben werden (Fig. 10). Derselbe besteht aus einem auf die Gicht des Ofens gesetzten eisernen Aufsatz a, der oben einen trichterförmigen Abschluß hat. In diesem befindet sich eine kreisförmige Öffnung, welche durch einen an einer Kette hängenden Blechkegel b mit aufwärts gekehrter Spitze, eine Art Kegelventil, verschlossen ist. Die in dem Aufsatz sich ansammelnden

Fig. 10.
Parryscher Trichter.

Gichtgase entweichen durch die Gasleitungsrohre cc, welche sich in ihrem weitern Verlauf abwärts biegen und unten zu einem bis zu dem Verbrennungsraum manchmal auf weite Strecken hingeführten Rohr vereinigen. Die durch den Kegel b verschlossene Öffnung dient zum Beschicken des Ofens (d. h. zum Einschütten von Eisenerzen und Brennmaterial). Zu dem Zweck wird mittels einer Winde der Kegel b etwas gesenkt, so daß eine ringförmige Öffnung entsteht, durch welche die Beschickungsmaterialien in den Ofen gelangen, worauf der Ofen durch Wiederaufheben von b gechlossen wird. Gichtgase wendet man vorteilhaft nur zu solchen Zwecken an, welche mit der Eisenerzeugung im Zusammenhang stehen (zur Erhitzung der Gebläseluft [Wind] für die Hochöfen, zur Heizung der Dampfkessel für die Gebläsemaschinen). Generatorgase werden aus Brennstoffen dargestellt, welche wegen ihrer Pulverform, großen Wasser- oder Aschengehalts etc. die für den gewünschten Zweck erforderliche Hitze bei direkter Verbrennung nicht geben würden. Sobald es sich indessen um Erzeugung sehr hoher Temperatur handelt, liefern die Gase um so günstigere Resultate, je besser das dazu verwendete Material ist. So ist am geeignetsten dazu eine nicht backende, gasreiche Steinkohle oder eine bituminöse Braunkohle in walnuß- bis eigroßen Stücken. Wenngleich bei der Vergasung der Brennstoffe durch die dabei erfolgende Umwandlung der Kohlensäure in Kohlenoxydgas an 30 Proz. Wärme gebunden werden und somit verloren gehen, so wird dieser Nachteil doch reichlich dadurch wieder aufgehoben, daß die brennbaren Gase wegen genauer Regulierbarkeit des Luftzutritts eine vollkommnere Verbrennung als die festen Brennmaterialien auf den besten Rosteinrichtungen gestatten. Im Vergleich zu den Gichtgasen besitzen die Generatorgase wegen ihres reichlichern Gehalts an brennbaren Bestandteilen, konstanterer Zusammensetzung und geringern Gehalts an Flugstaub eine größere Heizkraft. Von den vielen verschiedenen Konstruktionen der Gaserzeuger ist eine der verbreitetsten der Siemenssche Generator (Fig. 11). Derselbe besteht aus einer 2,5 m hohen überwölbten Kammer mit senkrechten, 1,5–2 m voneinander abstehenden Seitenwänden und einer unter 50–60° geneigten Vorderwand, welche unten in einen Rost übergeht, der mit einem zweiten horizontalen Rost zusammentrifft. Im Gewölbe befindliche Öffnungen mit Fülltrichtern (Rümpfen) dienen zum Einbringen des Brennmaterials, sind aber mit luftdicht schließenden Deckeln versehen, um den Zutritt von Luft zu verhindern. Auf der schiefen Ebene und dem untern Rost liegt eine Brennmaterialschicht von entsprechender

Fig. 11.
Siemens’ Steinkohlengenerator.

Dicke. Die Gase läßt man zunächst in einem gemauerten, oben geschlossenen Kamin emporsteigen und zweigt von diesem ein langes Blechrohr ab, welches sich am Ende zu dem Verbrennungsraum herabbiegt. Dies Kühlrohr erzeugt durch die Spannungsdifferenz zwischen den heißen, vom Generator kommenden und den durch das Rohr abgekühlten Gasen konstante Strömung zum Verbrennungsraum hin, unabhängig von dem zu letzterm gehörigen Schornstein. Bisweilen schließt man den Rost des Generators vollständig gegen die freie Luft ab und bringt die Verbrennung durch Gebläseluft hervor, welche man unter den Rost leitet. Man wird dadurch unabhängig von der Witterung, kann die Erzeugung der Gase besser normieren und namentlich leichter staubförmiges Brennmaterial anwenden. Der Generator steht bald isoliert, so daß von demselben mehrere Öfen gespeist werden können, bald verbindet man ihn als Einzelfeuerung mit dem Ofen. Erstere Einrichtung

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0217.jpg&oldid=- (Version vom 28.11.2022)