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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

Dramen im Lyceum, dessen Direktion er von 1863 bis 1868 innehatte. 1870 siedelte F. nach Amerika über, wurde dort glänzend aufgenommen, spielte in allen bedeutenden Städten der Vereinigten Staaten, zum letztenmal im Oktober 1878 in Boston, und starb 5. Aug. 1879 auf seiner Besitzung bei Philadelphia.

Fechtkunst (franz. Escrime, engl. [art of] Fencing) bezeichnet sowohl die Lehre vom Fechten als die Fertigkeit im Gebrauch der blanken Waffen zum Kampf, speziell im Kampf zu zweien. Sie wird nicht mit Unrecht eine Kunst genannt, denn wenn man dieselbe auch durch Übung nach ihren Regeln sich aneignen kann, so setzt doch die Erlangung eines gewissen Grades von Vollkommenheit eine individuelle geistige und körperliche Veranlagung voraus. Insofern die F. ein Mittel ist, die Gewandtheit und Sicherheit der Bewegung des Körpers zu fördern, Muskeln und Nerven zu stählen, den persönlichen Mut zu heben, die Willenskraft und Entschlossenheit zu stärken, bildet sie einen hervorragenden Teil der Gymnastik.

Zum Fechten im allgemeinen dienen alle blanken Kriegswaffen: Degen, Pallasch, Säbel, Lanze, Bajonettgewehr, im besondern aber und als Übungswaffen zum Erlernen der F. das Rapier. Die Art der Waffe bedingt auch die Art des Fechtens; man unterscheidet hiernach Waffen für den Stoß und Waffen für den Hieb und dem entsprechend das Stoßfechten und das Hiebfechten, wobei nicht ausgeschlossen ist, daß der Degen nicht auch gelegentlich zum Hieb, der Säbel zum Stoß verwendet werden könnte.

Das Rapier besteht aus der Klinge und dem Gefäß. Das Stoßrapier (Stoßfechtel, Florett, Fleuret) hat eine zwei-, auch dreischneidige (letzteres mit Hohlschliffen heißt Parisien), scharf zugespitzte Klinge. Beim Übungsrapier ist die Klinge jedoch meist vierkantig und endet vorn in einen belederten Ball. Die Klinge des Haurapiers (Hieber, Schläger) ist meist eine Rückenklinge, aber breiter und stärker als die des Stoßrapiers, für die Übung stumpf, für den Ernstkampf vorn auf eine gewisse Länge geschärft. Das Gefäß besteht aus dem zum Handschutz dienenden glocken- oder tellerförmigen Stichblatt, dem Griff und dem Bügel, der sich quer über die Glocke als Parierstange fortsetzt. Die Länge des Rapiers soll der Größe des Fechters angemessen sein. Die Klinge, von der Spitze bis zum Gefäß, soll etwa die Länge des ausgestreckten Armes von der Spitze des Mittelfingers bis zum Hals, 80–90 cm, haben. Man teilt sie der Länge nach in vier gleiche Teile, die, vom Gefäß beginnend, die ganze und halbe Stärke, ganze und halbe Schwäche, diese also in die Spitze auslaufend, heißen. Während die Schwäche derjenige Teil der Klinge ist, mit dem man den Gegner zu treffen sucht (daher Offensivteil), werden mit der Stärke die Stöße und Hiebe des Gegners aufgefangen oder abgelenkt, pariert, daher Defensivteil. Der Schwerpunkt der Waffe soll innerhalb der ganzen Stärke liegen. Es sei bemerkt, daß die Fechtersprache, ähnlich wie die des Jägers und aller mehr oder weniger in engem Rahmen sich bewegenden, sportsmäßig betriebenen Beschäftigungen, angefüllt ist mit technischen Ausdrücken fechterischer Bedeutung, häufig sogar von provinzieller Beschränkung; dieser entsprechen nicht selten die Lehrbücher der F. Soweit diese Ausdrücke der Kunstsprache nachstehend keine Erwähnung haben finden können, ziehe man die einzelnen Fechtschulen zu Rate.

[Das Stoßfechten.] Die Gegner nehmen ohne Rücksicht auf die Haltung der Waffe Stellung (Position), mit der Waffe die Auslage. Der rechte Fuß steht etwa 11/2 Fußlängen so vor dem gequerten linken, daß beide ungefähr einen Winkel von 120° bilden; beide Kniee sind gebeugt, doch so, daß der Körper mehr auf dem linken Fuß ruht, der rechte hin- und herschwingen (balancieren) und stampfend niedergesetzt werden kann (Stampftritt, Appell); der rechte (Fecht-) Arm ist gestreckt, die linke Hand liegt vor der Brust, nahe dem Kinn; dem Gegner ist die rechte Körperseite zugewendet. Die Entfernung, in welcher die Gegner sich gegenüberstehen, heißt Abstand (Mensur); die Mensur ist eng, wenn die gekreuzten Klingen sich in den Stärken, mittel oder normal, wenn sie sich in der Mitte, und weit, wenn sie in den Schwächen sich berühren, binden. Üben die Klingen einen Druck gegeneinander aus, so hat man belegt (engagiert, stringiert); hebt man die Berührung auf, so heißt dies abgehen (degagieren). Man kann im Lauf des Kampfes seinen Abstand ändern, indem man sich dem Gegner nähert, avanciert; geschieht es durch Vorsetzen des rechten Fußes (Attirieren) und Strecken des linken Kniees, so ist es ein Ausfall; eine Passade ist es, wenn hierbei der linke vor den rechten Fuß gesetzt wird, um dem Gegner zu folgen. Die entgegengesetzten Bewegungen sind das Retirieren, Rompieren, das Brechen der Mensur. Wendungen des Körpers unter gleichzeitigem Heranziehen des linken Fußes an den rechten oder Herumschlagen desselben im Halbkreis, um dem Stoß des Gegners auszuweichen, heißen Viertel-, halbe oder ganze Volten.

Die Stöße sowohl als die Deckungen (Paraden) werden zunächst nach der Faustlage benannt, mit der sie ausgeführt werden. Die Faustwendungen werden

Fig. 1.
Primlage.
Fig. 2.
Sekundlage.
Fig. 3.
Terzlage.
Fig. 4.
Quartlage.

durch Drehung im Handgelenk ausgeführt, wobei man vier Hauptlagen der Faust unterscheidet. Bei der Primlage (Fig. 1) liegt der Daumen oben (Lion nennt sie „Speich“), sie ist die Faustlage bei der Auslage; in der Sekundlage (Fig. 2) liegt der kleine Finger oben (Ellenhaltung bei Lion), in der Terzlage (Fig. 3) der Handrücken (Rist bei Lion), in der Quartlage (Fig. 4, Kamm bei Lion) die Finger. Zwischen den Hauptlagen werden noch als Mittellagen Halbterz und Halbquart, oder Tief- und Hochterz, oder Tief- und Hochquart unterschieden. Kein Stoß läßt sich mit Aussicht auf Erfolg nach einem Körperteil führen, den die Waffe des Gegners bedeckt, sondern nur dahin, wo sie ihn, absichtlich oder zufällig, ungeschützt läßt; solche Stellen heißen Blößen. In die Blöße sucht der Gegner hineinzustoßen. Jeder Kampf besteht aus Angriff und Verteidigung, so auch das Fechten. Gegen den Stoß des Angreifers verteidigt sich der Gegner, indem er die Spitze der auf ihn eindringenden Klinge von ihrem Weg so weit abzulenken sucht, daß sie an seinem Körper vorbeisticht. Gelingt ihm dies, so hat er den Stoß pariert, sich gedeckt. Stoß und Parade stehen sich also gegenüber,

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0089.jpg&oldid=- (Version vom 31.3.2023)