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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5

eine gewisse Absicht verbindet; im engern Sinn eine besondere Dichtungsart, nach ihrem angeblichen Erfinder (Äsop) Äsopische F. genannt, die zu den didaktischen oder Lehrgedichten gehört und sich von der Paramythie (s. d.) dadurch unterscheidet, daß die versinnlichte Wahrheit eine moralische, von der Parabel (s. d.) aber dadurch, daß das versinnlichende Bild aus dem Tierleben genommen ist. Den Grund, warum in der F. hauptsächlich Tiere, zu moralischen Wesen erhoben, handelnd eingeführt werden, findet Lessing mit Recht in der allgemeinen Bekanntheit ihrer Charaktere, die dem Dichter eine genaue Charakterisierung erspart. Die F. ist alt und im Orient entstanden. Berühmt sind die indischen Fabeln, die man gewöhnlich dem Bidpai (s. d.) beilegt, und die Fabeln des Arabers Lokman. Auch die Entstehung der F. in der griechischen Litteratur weist nach dem Orient: Äsopos war ein Sklave aus Phrygien. Durch die Griechen wurde sie den Römern bekannt, Phädrus übertrug die griechischen Fabeln ins Lateinische. Als die alte Litteratur unterging, erhielt sich das Andenken an die Äsopischen Fabeln bei Spaniern und Franzosen (im „Maître Pathelin“). Im Mittelalter interessierten sich vorzüglich die Deutschen dafür; deutsche Fabeln aus der Zeit der Minnesänger gab Bodmer heraus (Zür. 1757). Der älteste deutsche Fabeldichter scheint Stricker (um die Mitte des 13. Jahrh.) zu sein; Boner (zu Anfang des 14. Jahrh.) ist als treuherziger Fabeldichter durch seinen „Edelstein“ bekannt. Italiener und Spanier beschäftigten sich am wenigsten mit dieser Gattung. Bei den Franzosen hat Lafontaine durch Witz und Eleganz den kindlichen Ton der F. verwischt. Die besten englischen Fabulisten sind Gay und Moore. Die deutsche Nation nahm sich auch ferner mit Liebe dieser Dichtungsart an. Im 16. Jahrh. lebte der treffliche Fabulist Burkhardt Waldis. Hagedorn erzählte Fabeln in der Manier des Phädrus und in der Lafontaines; Gellerts Fabeln wurden mit Enthusiasmus aufgenommen. Gleim, Lichtwer, Willamov folgten. Lessings Fabeln sind in Prosa, geistvoll, kurz, treffend, ohne poetische Ausschmückung und beziehen sich zum Teil auf litterarische Verhältnisse. Pfeffels Fabeln sind zum Teil satirisch, zum Teil sentimental. In neuer Zeit ward die F. wenig angebaut, nur der Schweizer Fröhlich verdient Erwähnung; trefflich für das Kindesalter sind Heys Fabeln (mit O. Speckters Zeichnungen). Eine „Fabellese“ gab Ramler heraus (Leipz. 1783–90, 3 Bde.).

Fabelepopöe, scherzhaftes Heldengedicht, in welchem die Tiere die Stelle der Menschen und diese die Stelle höherer Wesen einnehmen, z. B. die angeblich von Homer herrührende „Batrachomyomachie“, „Reineke Fuchs“, Rollenhagens „Froschmäusler“ u. a.

Faber (lat.), Werkmann, Schmied. Im römischen Heer hießen fabri die Handwerker, Zimmerleute, Schmiede, die seit dem Ende der Republik bei jedem Heer ein selbständiges Korps, besonders zur Herstellung von Brücken, Belagerungs- und Verteidigungswerken, Geschützen etc., bildeten.

Faber (lat. Übertragung von Schmied), 1) Jakob F. Stapulensis, eigentlich Jacques le Fèvre d’Estaples, um 1450 zu Estaples bei Amiens geboren, ward 1523 Großvikar beim Bischof Briconnet von Meaux, begab sich aber, wegen seiner Hinneigung zu reformatorischen Grundsätzen verfolgt, zu Margarete von Navarra, wo er 1536 starb. Er übersetzte die gesamte Bibel ins Französische. Vgl. Graf, Essai sur la vie et les écrits de J. Lefèvre d’Estaples (Straßb. 1842).

2) Basilius, deutscher Schulmann, geb. 1520 zu Sorau in der Niederlausitz, studierte zu Wittenberg Theologie, ward um 1545 Rektor in Nordhausen, 1560 in Quedlinburg und 1570, wegen seiner Weigerung, das Corpus doctrinae Melanchthonis zu unterschreiben, seiner Stelle entsetzt, Vorsteher des Augustinerkollegiums in Erfurt, wo er um 1575 starb. Er war Mitarbeiter an den Magdeburger Centurien (s. d.) und übersetzte mehrere Schriften Luthers ins Deutsche. Sein Hauptwerk ist der „Thesaurus eruditionis scholasticae“ (Leipz. 1571; am besten hrsg. von Leich, das. 1749, 2 Bde.).

3) John, engl. Kupferstecher, geb. 1684 in Holland, kam schon in seinem dritten Jahr mit seinem Vater John F., einem Mezzotintostecher, nach England. Seine Stiche in Schwarzkunst gehören zu den besten dieser Art; sie belaufen sich auf 165 Nummern, zum größten Teil Bildnisse hervorragender Engländer. F. starb 2. Mai 1756 in Bloomsbury.

4) Gotthilf Theodor von, Schriftsteller, geb. 15. Febr. 1766 zu Riga, wurde in Deutschland erzogen und studierte zu Halle und Jena die Rechte, begab sich aber 1789 nach Paris und trat 1792 in das französische Heer ein, focht in der Champagne und in Belgien, geriet 1793 in österreichische Gefangenschaft, aus der er 1795 entfloh, ward sodann in den rheinischen Landen als französischer Beamter, zuletzt als Professor in Köln verwendet und begab sich 1805 nach St. Petersburg, trat 1813 in die Dienste der russischen Regierung, ward 1816 der russischen Gesandtschaft in Frankfurt a. M. beigegeben, 1818 auf dem Aachener Kongreß zum Wirklichen Staatsrat ernannt und lebte bis 1840 an verschiedenen Orten Deutschlands, dann, seit 1840 pensioniert, in der Schweiz. Er starb 28. Nov. 1847 in Paris. Von seinen politisch-historischen Schriften sind zu erwähnen: „Notices sur l’intérieur de la France“ (Petersb. 1807); „Observations sur l’armée française 1792–1807“ (das. 1808; deutsch, Königsb. 1808); „Bagatelles. Promenades d’un désœuvré dans la ville de St-Pétersbourg“ (Petersb. 1811, 2 Bde; deutsch, Leipz. 1814); „Beiträge zur Charakteristik der französischen Staatsverfassung und Staatsverwaltung während der Epoche Bonapartes“ (Königsb. 1815) und „Le comte J. Capodistrias“ (Par. 1842).

5) Johann Lothar von, Industrieller, geb. 12. Juni 1817 zu Stein bei Nürnberg, übernahm nach einem dreijährigen Aufenthalt in Paris 1839 die von seinem Urgroßvater 1760 in Stein begründete Bleistiftfabrik (A. W. Faber), welche damals noch mit 20 Arbeitern nach dem alten Verfahren arbeitete und, wie die gesamte Nürnberger Bleistiftindustrie, durch die Erfindung des Pariser Bleistiftfabrikanten Conté von der Konkurrenz fast ausgeschlossen war. F. führte nun bedeutende Verbesserungen in der Bleistiftfabrikation ein und erhob seine Fabrik zu einer Musteranstalt, an welche sich die gesamte Bleistiftfabrikation Deutschlands und Österreichs, die gegenwärtig den ersten Rang einnimmt, angelehnt hat. Seine Polygradesstifte fanden überall verdienten Beifall, und durch seine rastlose kaufmännische Thätigkeit wußte er einen großen Absatz zu erzielen. Im J. 1874 erfand er Kopierstifte in verschiedenen Härtegraden. Er errichtete Zweiggeschäfte in New York, Paris, London, Berlin und Agenturen in Wien und Petersburg. Die Fabrik liefert auch Patent- und Farbstifte, Büreaurequisiten etc. und gewann einen neuen Aufschwung, als F. 1856 durch einen Vertrag das Recht auf alleinige Benutzung des in Ostsibirien (Sajanisches Gebirge) entdeckten vorzüglichen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 990. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b5_s0990.jpg&oldid=- (Version vom 18.4.2022)