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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5

die Techniker sämtlicher Vereinsverwaltungen zusammen und stellten die Grundzüge über die Gestaltung der E. Deutschlands fest. Diese Grundzüge umfaßten in 329 Paragraphen die Verordnung über Planum, Oberbau, Bahnhofsanlagen, Konstruktion der Lokomotiven und Wagen, Signalwesen, sicherheitspolizeiliche Bestimmungen für den Zustand der Bahn und der Betriebsmittel, für Handhabung des Fahrdienstes sowie endlich Vereinbarungen über einheitliche Vorschriften für den durchgehenden Verkehr auf den bestehenden E. u. a. Die Technikerversammlungen des Vereins finden seit jener Zeit regelmäßig statt und haben sich durch den auf denselben stattfindenden Austausch der auf den verschiedensten Gebieten gesammelten Erfahrungen für die Ausbildung der Eisenbahntechnik als sehr segensreich erwiesen. Seit 1861 gibt der Verein eine eigne Zeitschrift heraus, die „Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen“ (Redakteur Dr. W. Koch, erscheint wöchentlich zweimal), welche ihre Stellung als maßgebendes Organ für die Fortschritte auf allen Gebieten des Eisenbahnwesens bis heute gewahrt hat. Für das Gebiet der Eisenbahntechnik steht ihm das seit 1845 in Wiesbaden erscheinende „Organ für Fortschritte des Eisenbahnwesens in technischer Beziehung“ (Herausgeber Heusinger v. Waldegg, jährlich 6 Hefte) zur Seite. Genaue statistische Angaben über die dem Verein angehörenden Eisenbahnen, deren Verwaltungen etc. enthält Kochs „Handbuch für den Eisenbahn-Güterverkehr“, Bd. 1 (16. Aufl., Berl. 1885). Dem Verein gehörten 1884 an:

deutsche Bahnen mit 35810 Kilom. Länge,
österreichisch-ungarische Bahnen mit 19963
fremdländische Bahnen mit 4971
zusammen: 60744 Kilom. Länge.
Eisenbahn-Verbände und -Kartelle.

Einem Bedürfnis nach engerer Vereinigung der benachbarten Bahnen zur Erreichung mehr örtlich abgegrenzter Verkehrszwecke sind die Eisenbahnverbände entsprungen, welche seit 1848 in großer Zahl im Gebiet des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen und im internationalen Verkehr entstanden sind. Die Verbände sind in rechtlicher Beziehung gesellschaftliche Vereinigungen zum Zweck der Einrichtung und Unterhaltung direkter Tarife und direkten Verkehrs unter Zusicherung der Zulässigkeit durchlaufender Wagenbenutzung. Die Besorgung der laufenden Geschäfte innerhalb der Verbände erfolgt der Regel nach durch eine geschäftsführende Direktion, welche durch ein auf Kosten des Verbandes zu unterhaltendes Abrechnungsbüreau die Abrechnung und Ausgleichung der Einnahmen und Ausgaben des Verbandes zu bewerkstelligen hat. Zur Erreichung des direkten Verkehrs werden sogen. Verbandszüge auf sämtlichen betreffenden Verbandsbahnen durchgeführt und zwar nach einem gemeinschaftlichen Fahrplan und einem Verbandstarif (s. Eisenbahntarife), während die öffentlich bekannt gemachten Verbandsreglements die weitern Vorschriften für den gemeinschaftlichen Verkehr gegenüber dem Publikum anordnen.

Eine noch lockerere Vereinigung mehrerer Eisenbahnverwaltungen wird durch Eisenbahnkartelle hergestellt. Es sind dies lediglich Abmachungen zwischen zwei oder mehreren Eisenbahnverwaltungen, wodurch sich dieselben zu gemeinschaftlichen, einen bestimmten Zweck verfolgenden Handlungen (meist zur Abwehr drohender Konkurrenzen) verpflichten. Die Eisenbahnkartelle sind meist nur vorübergehender Natur und enden nach Aufhören der Verhältnisse welche zu ihrer Entstehung Anlaß gegeben haben. Volkswirtschaftlich sind dieselben insofern bedenklich, als die Vorteile der Konkurrenz verschiedener E. durch dieselben illusorisch gemacht werden.

Monatliche Übersichten der Betriebsergebnisse deutscher Eisenbahnen veröffentlicht der „Deutsche Reichsanzeiger“. Die in Deutschland bestehenden Staatseisenbahn-Verwaltungsbehörden, deren Formation, Sitz und Bezirk, sowie die Privatbahnen verzeichnet nachstehende Übersicht. Statistische Angaben über die Betriebslänge beider Kategorien sind oben (S. 431) gegeben. Das Verhältnis der Staatsbahnen zu den Privatbahnen ist auf beifolgender Karte dargestellt.

Die deutschen Eisenbahnverwaltungsbehörden.
A. Staatsbahnen (1. Okt. 1885).
Preußen. Königl. Direktionen der Staatsbahnen in
Berlin, mit elf Betriebsämtern, davon drei in Berlin: a) Stadt- und Ringbahn, b) Berlin-Sommerfeld, c) Berlin-Dresden, zwei in Breslau: a) Breslau-Sommerfeld, b) Breslau-Halbstadt, je eins in Görlitz, Stralsund, Kottbus und Guben sowie zwei in Stettin: a) Berlin-Stettin, b) Stettin-Stralsund;
Altona, mit vier Betriebsämtern: in Berlin, Hamburg, Kiel und Flensburg;
Bromberg, mit zehn Betriebsämtern: in Berlin, Schneidemühl, Stolp, Danzig, Königsberg, Allenstein, Thorn, Bromberg, Stettin und Posen;
Breslau, mit neun Betriebsämtern, davon drei in Breslau: a) Brieg-Posen, b) Breslau-Tarnowitz, c) Breslau-Stettin, ferner je eins in Oppeln, Posen, Kattowitz, Neiße, Ratibor und Glogau.
Magdeburg, mit fünf Betriebsämtern, davon zwei in Berlin: a) Berlin-Lehrte, b) Berlin-Magdeburg, zwei in Magdeburg: a) Wittenberge-Leipzig, b) Magdeburg-Halberstadt, und eins in Halberstadt;
Hannover, mit sieben Betriebsämtern, davon zwei in Hannover: a) Hannover-Rheine, b) Hannover-Altenbeken, zwei in Kassel: a) Hannover-Kassel, b) Main-Weserbahn, und je eins in Bremen, Paderborn und Harburg;
Frankfurt a. M., mit vier Betriebsämtern: in Berlin (Berlin-Blankenheim), Nordhausen, Wiesbaden und Frankfurt;
Köln (rechtsrheinisch), mit acht Betriebsämtern, davon zwei in Münster: a) Wanne-Bremen, b) Münster-Emden, und je eins in Neuwied, Dortmund, Essen, Düsseldorf, Wesel und Köln;
Köln (linksrheinisch), mit sechs Betriebsämtern: in Trier, Koblenz, Köln, Krefeld, Saarbrücken und Aachen;
Erfurt, mit sechs Betriebsämtern: in Kassel, Erfurt, Weißenfels, Berlin (Berlin-Bitterfeld), Dessau und Halle;
Elberfeld, mit fünf Betriebsämtern: in Düsseldorf, Essen, Kassel, Altena und Hagen.
Braunschweig. Königliche Direktion der braunschweigischen Eisenbahnen.
Militäreisenbahn (Direktion in Berlin).
Die übrigen deutschen Staaten.
Bayern. Generaldiréktion der königlich bayrischen Verkehrsanstalten, Betriebsabteilung, in München. Der Betrieb ist zehn Oberbahnämtern (in Augsburg, Bamberg, Ingolstadt, Kempten, München, Nürnberg, Regensburg, Rosenheim, Weiden und Würzburg) zugeteilt.
Sachsen. Generaldirektion der königlich sächsischen Staatseisenbahnen in Dresden, für sämtliche E. im Königreich Sachsen sowie die Altenburg-Zeitzer und Sächsisch-Thüringische Ost-Westbahn.
Württemberg. Königlich württembergische Eisenbahndirektion in Stuttgart, für sämtliche E. im Königreich Württemberg.
Baden. Generaldirektion der großherzoglich badischen Staatseisenbahnen in Karlsruhe, für sämtliche badische Bahnen.
Hessen.
a) Großherzogliche Direktion der Oberhessischen Staatseisenbahn in Gießen;
b) Direktion der Main-Neckarbahn in Darmstadt.
Oldenburg. Großherzogl. Eisenbahndirektion in Oldenburg.
Elsaß-Lothringen. Kaiserliche Generaldirektion der E. in Elsaß-Lothringen zu Straßburg, für sämtliche E. in Elsaß-Lothringen und die Wilhelm-Luxemburger Eisenbahn.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 442. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b5_s0442.jpg&oldid=- (Version vom 27.11.2022)