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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5

des Seils zusammenfällt. Das endlose Seil wird von einer Lokomobile aus in Bewegung gesetzt und über vier Leitrollen so geführt, daß es ein Rechteck bildet. Die vier Leitrollen bilden die Eckpunkte des Rechtecks und liegen in Ständern, welche sich auf dem E. leicht verschieben und durch Belasten mit Eisstücken festlegen lassen. Wird der Pflug an irgend einer Stelle eingeschaltet, so wird er durch das Seil nicht nur in Thätigkeit gesetzt, sondern auch nach einer geraden Linie geführt. Durch Verschiebung der Eckpunkte des Rechtecks kann man immer neue Rechtecke bilden, deren Seiten mit den frühern parallel sind, und deren aufeinander senkrecht stehende Seiten die Längs- und Querschnitte darstellen, nach welchen das E. in Platten zerlegt wird. Fig. 2 und 3 zeigen das Prinzip eines solchen Eispflugs: a ist das Gestell, durch welches der Arbeiter den Pflug lenkt, b Räder, c Kreissäge, d Rolle auf der Achse der Säge, e zweite Rolle, f das Seil. Die Eistafeln werden auf schiefenen Ebenen mit Dampfkraft vom Ufer in die Eishäuser transportiert, dort regelmäßig aufgestapelt und, wenn das Lager gefüllt ist, unter hermetisch verschlossenen Thüren bis zur Verschiffung aufbewahrt.

Der Eishandel ist am großartigsten in Boston und New York entwickelt, 1799 ging die erste Schiffsladung E. von New York nach Charleston; der eigentliche Schöpfer des Eishandels ist aber Tudor in Boston, welcher 1805 ein mit E. beladenes Schiff nach Martinique sandte und seit 1833 auch nach Ostindien zu exportieren begann. Gegenwärtig versendet man E. nach den Südstaaten der Union, nach Mexiko, Westindien, Mittelamerika, Südamerika, Ostindien, Ceylon, China, Japan und Australien, nach dem Guineabusen und der Kapstadt, selbst nach Sizilien und Ägypten. In Europa versendet Norwegen E. nach England, Frankreich, Hamburg, Holland und Spanien. Triest versendet E. nach Ägypten, Korfu und Zante; die Schweiz von Davos, Wallis und Grindelwald nach Frankreich; von den oberbayrischen Seen kommt bisweilen E. nach Norddeutschland.

Die Aufbewahrung des Eises erfordert Räume, welche durch schlechte Wärmeleiter von der Umgebung getrennt sind und eine vollkommene Ableitung des Schmelzwassers gestatten, weil dieses, in das Isolierungsmaterial eindringend, die schlechten Wärmeleiter in gute verwandelt. Früher bevorzugte man zur Aufbewahrung Gruben und Keller. Diese Räume bieten aber in unserm Klima niemals eine Wintertemperatur und können daher der isolierenden Doppelwände nicht entbehren. Ihr Bau ist kostspielig, das Holzwerk geht schnell in ihnen zu Grunde, das Schmelzwasser ist meist schwierig abzuleiten, und oft sind sie dem Eindringen des Grundwassers ausgesetzt, welches viel E. zum Schmelzen bringt, das Material der Doppelwandungen durchnäßt und unwirksam macht. Praktischer sind die Eishäuser, welche am besten eine nördliche Lage erhalten und durch Pflanzungen beschattet oder mit hellfarbigen Stroh- oder Rohrdächern versehen werden. Man erbaut sie mit doppelten, übereinander greifenden, dicht genagelten Bretterwänden, die ringsum einen 1 m weiten Zwischenraum bilden, welchen man mit aufgemauerten Torfstücken, deren Fugen durch Sägespäne gedichtet werden, auch mit trockner Gerberlohe, Hobelspänen, Heu, Stroh, Häcksel, Reisschalen etc. ausfüllt. Der Boden erhält eine etwa 0,66 m starke Schicht Torf. Der Eingang befindet sich an der Nordseite mit Doppelthür und Strohmatratze. Das Schmelzwasser wird sorgfältig abgeleitet, ohne daß durch die Leitung Luft eindringen darf. Für den Eishandel in größern Städten erbaut man vorteilhaft sehr große Häuser, weil sich das E. in diesen erheblich besser hält als bei der Verteilung auf mehrere kleine Räume. In gut eingerichteten Eishäusern beträgt der jährliche Schmelzverlust wohl nicht mehr als 20–25 Proz. In gelinden Wintern kann man statt des Eises auch wohl Schnee aufspeichern, wenn man ihn mit Wasser benetzt und zu etwa kubikfußgroßen Stücken zusammenpreßt. Zum Aufbewahren des Eises im Haus dienen Eisschränke, durchaus doppelwandige Behälter, inwendig mit Zink ausgeschlagen und mit einer besondern Abteilung für das E. versehen. Den Raum zwischen den Doppelwänden füllt man mit Haar, Wolle, Baumwolle, Spreu, Häcksel, Infusorienerde, Schlackenwolle etc. Bei einem Eisschrank mit 2,3 qm innerer Fläche und 0,222 cbm Inhalt, dazu mit einem Eisbehälter, welcher 16 kg E. faßt, gestalten sich die Beziehungen der Lufttemperatur zu der Temperatur im Innern des Apparats und dem täglichen Eisverbrauch wie folgt:

Temperatur der Luft 15° 19° 22,5° 26° 30°  
Temperatur im Eisschrank 5,5° 6,9° 8,3° 9,6° 11,1°  
Eisverbrauch in 24 Stunden 4,8 6 7,2 8,4 9,6 kg

Nimmt man 22,5° als mittlere Temperatur der sechs warmen Monate an, so würde also ein solcher Eisschrank während dieser Zeit 1300 kg E. verbrauchen. Rechnet man dazu täglich 2,5 kg E. für die abzukühlenden Speisen, das Öffnen der Thür etc., so würde der Gesamtverbrauch 1750 kg betragen. Stellt man dagegen diesen Schrank in einen nur 15° warmen Keller, so reduziert sich der Eisverbrauch auf 1200 kg. Das Schmelzwasser fließt durch ein Rohr ab, welches den Eintritt von Luft in den Schrank nicht gestattet. Will man eine Flasche schnell durch E. kühlen, so darf man sie nicht bloß mit Eisstücken umgeben, sondern man stellt sie in ein Gefäß mit Wasser, in welches Eisstücke geworfen sind. Zur Kühlung des Biers dient vielfach ein Schlangenrohr, welches in einem mit E. und Wasser gefüllten Kasten liegt, an dem einen Ende mit dem auf dem Kasten ruhenden Faß verbunden ist und am andern den Ablaßhahn trägt. Litteratur s. am Schluß.

Bereitung von künstlichem Eis. Eismaschinen etc.

Künstliches E. kann dargestellt werden, indem man durch irgend einen Prozeß schnell eine große Menge Wärme zur Bindung bringt. Hierzu eignet sich 1) die Verflüssigung eines festen Körpers mittels einer Flüssigkeit (Lösen von Salzen) oder mittels eines andern festen Körpers (Kochsalz mit Schnee); 2) die Verdunstung eines sehr flüchtigen Körpers (Äther: flüssiges Ammoniak); 3) die Ausdehnung komprimierter Gase. Die Kälteerzeugung nach der ersten Methode wird mit den Kältemischungen, die nach den beiden letzten Methoden mit Hilfe der sogen. Eismaschinen ausgeführt.

Die Eismaschinen, welche die zweite Methode der Kälteerzeugung repräsentieren, werden mit Äther, Methyläther, flüssiger schwefliger Säure oder flüssigem Ammoniak betrieben und sind so eingerichtet, daß die Flüssigkeit in einem Teil des Apparats verdampft und dabei Kälte erzeugt, der Dampf der Flüssigkeit aber in einem andern Teil des Apparats durch Abkühlung wieder verdichtet wird, so daß sie ohne Verlust einen beständigen Kreislauf beschreibt. Von diesen Maschinen sind die Ammoniakmaschinen von Carré am verbreitetsten. Die intermittierenden Maschinen dieser Art für kleinern Betrieb sind sehr einfach konstruiert. A (Fig. 4 u. 5) ist ein starker, luftdicht schließender Kessel aus Schmiedeeisen, gefüllt mit sehr konzentrierter wässeriger Ammoniakflüssigkeit. Zur

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 400. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b5_s0400.jpg&oldid=- (Version vom 18.1.2023)