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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5

Dôle (spr. dohl), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Jura, rechts am schiffbaren Doubs und am Rhône-Rheinkanal sowie im Knotenpunkt mehrerer Linien der Paris-Lyoner Bahn, hat eine gotische Hauptkirche, (1881) 11,561 Einw., ansehnlichen Weinbau, Steinbrüche, Hammerwerke, Fabrikation von Feuerspritzen und verschiedenen Eisengerätschaften, dazu bedeutenden Handel mit Käse (fromage de Gruyère), ein Collège, ein Jesuitenkollegium, eine Zeichen- und eine Musikschule, eine Bibliothek (40,000 Bde. und 700 Manuskripte), eine Bildergalerie, ein Kabinett römischer Altertümer, ein Theater und ist Sitz eines Handelsgerichts. Die Promenade Cours St.-Maurice gewährt ein reiches Panorama bis zum Montblanc hin. – D. ist das Dola Sequanorum der Römer, von deren Bauten noch Reste erhalten sind. Später war die Stadt Hauptort der Franche-Comté, eine starke Festung, um welche die Franzosen mit den Spaniern vom 15. bis 17. Jahrh. vielfach kämpften, und welche namentlich 1479 durch die Franzosen sehr litt, mit einer Universität und einem Parlament, welche beide später nach Besançon verlegt wurden. 1871 wurde D. 21. Jan. von General Manteuffel besetzt und die Eisenbahn zerstört, wodurch der Bourbakischen Armee der Rückzug nach Lyon abgeschnitten wurde.

Doléance (franz., spr. -āngss), Klage, Beschwerde.

Dolenci („Thalbewohner“), Name der slowenischen Bewohner von Unterkrain in Österreich, während die von Oberkrain den Namen Gorenci („Bergbewohner“) führen.

Doléndo (ital., auch dolente, abgekürzt dol.), musikal. Vortragsbezeichnung: „klagend“, wehmütig, mit schmerzlichem Ausdruck.

Dolerīt, Gestein, s. Basalte.

Doles, Johann Friedrich, Kirchenkomponist, geb. 21. April 1716 zu Steinbach im Herzogtum Meiningen, studierte in Leipzig Theologie, genoß hier in der Komposition den Unterricht S. Bachs, ward 1744 Kantor zu Freiberg, 1756 Kantor an der Thomasschule und Musikdirektor der beiden Hauptkirchen zu Leipzig, wo er 8. Okt. 1797 starb. Obschon ein Schüler Bachs, befleißigte er sich vorzugsweise eines leichten und gefälligen Stils, ohne jedoch Gründlichkeit der Arbeit dabei vermissen zu lassen. Seine zahlreichen, nur zum Teil gedruckten Kompositionen bestehen in Chorälen, Motetten, Psalmen; auch einige Messen und Passionsoratorien hat er hinterlassen. Merkwürdig ist seine „Kantate über Gellerts Lied: Ich komme vor dein Angesicht etc.“ (1790) wegen der Vorrede, in welcher D., der Schüler Bachs, den strengen Stil und die Fuge aus der Kirchenmusik verbannt wissen will.

Dolet (spr. -lä), Etienne, Dichter, Redner, Humanist und Buchdrucker, geboren im August 1509 zu Orléans, studierte in Padua, ward Sekretär der französischen Gesandtschaft zu Venedig, machte Studien zu Toulouse, ging 1533 nach Paris und Lyon und veröffentlichte zahlreiche Schriften, zu deren Druck er 1538 selbst eine Druckerei gründete. Seine sarkastische und oft übermütige Schreibweise zog ihm bald zahlreiche Verfolgungen seitens der Katholiken und Calvinisten zu und führte zu seiner wiederholten Verhaftung, aus der ihn einmal der König Franz I. selbst, dann andre hohe Gönner befreiten. Schließlich unter Anklage des Atheismus gestellt, ward er 1544 zu Paris verhaftet und 3. Aug. 1546 daselbst verbrannt. Vgl. Boulmier, Étienne D. (Par. 1857); Christie, E. D., the martyr of the renaissance (Lond. 1880).

Dolganen, ein um die Chatanga wohnender Stamm der Jakuten (s. d.). Sie sind von dunklerer Kupferfarbe als ihre Nachbarn und Renntiernomaden.

Dolgelly, Hauptstadt von Merionethshire in Nordwales, am Wnion, malerisch am Fuß des Cader Idris gelegen, mit Lateinschule, römischen Altertümern und (1881) 2457 Einw., welche Flanell, Tuch (web) und Bockleder verfertigen. In der Nähe alte Gold-, Silber- und Kupfergruben und große Schieferbrüche.

Dolgorukij, eine der ältesten fürstlichen Familien in Rußland, die ihren Ursprung von Rurik ableitet. Die namhaftesten Mitglieder derselben sind: Jakow, geb. 1639, trat 1676 in den Staatsdienst, ward 1687 zum Gesandten in Paris, dann von Peter I. zum Präsidenten des Tribunals der kaiserlichen Dekrete und, nachdem er sich im Feldzug gegen die Türken, besonders bei der Eroberung von Asow, ausgezeichnet, zum General ernannt. Im Kriege gegen die Schweden ward er 1700 bei Narwa gefangen und zu Stockholm interniert, bis er nach der Schlacht von Poltawa 1710 Gelegenheit erhielt, zu fliehen. Der Zar ernannte ihn nach seiner Rückkehr zum Senator; D. gehörte zu den wenigen, welche auf ihn Einfluß hatten. Er starb 24. Juni 1720. Sein Leben beschrieb Tyrtow (Mosk. 1807–1808, 2 Bde.). – Wasilij Lukitsch war Gesandter in Dänemark und Frankreich, dann Senator und verband sich nach Peters d. Gr. Tod mit seinen Verwandten zur Beschränkung der Zarenmacht (s. unten). – Iwan, Großneffe von Jakow, geb. 1710, Sohn Alexeis D., nach Menschikows Fall der Günstling des jungen Zaren Peter II., den er durch seinen Einfluß verdarb, und unter dem er sich schamlos bereicherte. Der Zar verlobte sich 1729 mit seiner Schwester Katharina. An dem zur Hochzeit bestimmten Tag starb jedoch der Zar, worauf Anna den Thron bestieg. Sie befreite sich gewaltsam von den Beschränkungen, unter denen ihr der Staatsrat, an dessen Spitze Iwan und Wasilij Lukitsch D. standen, die Krone übertragen hatte, und die ganze Familie D. ward nach Sibirien, Katharina aber in ein Kloster verwiesen. Iwan ward zwar 1735 zurückberufen, 6. Nov. 1739 aber, der Veruntreuung am kaiserlichen Schatz und der Verschwörung gegen die Kaiserin beschuldigt, mit seinem Vetter Wasilij Lukitsch D. zu Nowgorod hingerichtet. – Wasilij Wladimirowitsch, geb. 1667, wurde seit 1715 von Peter d. Gr. zu verschiedenen politischen Missionen in Polen, Frankreich, Deutschland und Holland gebraucht, aber 1718 auf Anstiften Menschikows als Anhänger des Zarewitsch Alexei verbannt. 1726 von Katharina I. restituiert, ward er von Peter II. 1728 zum Feldmarschall und zum Mitglied des höchsten Kriegsrats erhoben. Nach dem Fall seiner Familie 1730 auf der Feste Iwanogorod gefangen gehalten, ward er von Elisabeth 1741 in seine Würden wieder eingesetzt und zum Präsidenten des Kriegsrats ernannt. Er starb 11. Febr. 1746. – Wasilij Krimskij, geb. 1722, eroberte unter Katharina II. 1771 in 15 Tagen die Krim, wovon er den Beinamen Krimskij erhielt; starb 1782. – Georg kommandierte 1794 in Litauen gegen die Polen und bemächtigte sich der Stadt Wilna, befehligte 1804 in Korfu ein Korps von 8000 Mann, war 1806 Gesandter zu Wien und 1807 am Hof des Königs von Holland. Nach der Restauration ließ er sich in Frankreich nieder und starb 27. Juni 1829 daselbst. – Iwan Michailowitsch, geb. 18. April 1764, bekannt als Dichter der Dershawinschen Schule, zu den russischen Klassikern gezählt, starb 16. Dez. 1823 in Petersburg. Seine Gedichte (Petersb. 1806; neue Aufl. 1849, 2 Bde.) zeichnen sich durch Wahrheit der Empfindung und Vaterlandsliebe aus. – Wasilij, Generaladjutant und General der Kavallerie, 1849–56 Kriegsminister,

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b5_s0032.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2021)