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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4

Unfähigen präsentiert. Wo jedoch noch protestantische Stifter mit alter Verfassung bestehen, wird auch die Verleihung an den Landesherrn devolviert, sobald das Kapitel sie nicht innerhalb der geordneten Frist vollzogen hat. Eine Art Devolutionsrecht ist durch die neuen preußischen Kirchengesetze geschaffen, indem nach § 6 ff. des Gesetzes über die Verwaltung erledigter Bistümer vom 20. Mai 1874 die Verwaltungsbefugnisse eines abgesetzten Bischofs auf den königlichen Kommissar übergehen und nach Art. 8 des Gesetzes vom 21. Mai 1874 (Deklaration und Ergänzung des Gesetzes vom 11. Mai 1873, die Vorbildung und Anstellung von Geistlichen betreffend) das Recht zur Besetzung einer erledigten Pfarrei etc. auf die Pfarrgemeinde übergeht, wenn der zur Präsentation oder Nomination Berechtigte innerhalb zweier Monate von der ergangenen Aufforderung an nicht für die Stellvertretung sorgt.

Devolutionskrieg, der Krieg, durch welchen Ludwig XIV. von Frankreich 1667 die spanischen Niederlande sich anzueignen suchte. Er stützte sich dabei auf das sogen. Devolutionsrecht, welches in Brabant und einigen Nachbarprovinzen galt, und nach welchem das Erbe eines Mannes den Kindern der ersten Ehe ausschließlich gehörte und im Augenblick einer zweiten Vermählung auf dieselben „devolvierte“ (überging), während der wieder verheiratete Vater nur den Nießbrauch dieses Vermögens bis zu seinem Tod behielt. Hiernach erhob Ludwig XIV. nach dem Tod seines Schwiegervaters Philipp IV. von Spanien im Namen seiner Gemahlin Maria Theresia, als der einzigen Tochter Philipps aus erster Ehe, in ganz willkürlicher, unbegründeter Weise Anspruch auf die spanischen Niederlande. Er besetzte 1667 dieses Gebiet, ohne großen Widerstand zu finden, und 1668 die Freigrafschaft Burgund, begnügte sich aber, als England, Holland und Schweden 23. Jan. 1668 die Tripelallianz gegen ihn schlossen, in dem Frieden von Aachen (2. Mai 1668) mit den flandrischen Städten Lille, Charleroi, Tournai, Douai, Courtrai etc.

Devolutionsrecht, s. Devolution.

Dévoluy, Gebirgsstock in der obern Dauphiné, in den französischen Departements Oberalpen, Drôme und Isère, besitzt außer dem Obiou (2793 m) mehrere Gipfel von nicht minder beträchtlicher Höhe und entsendet die Souloise, welche an dem Hauptort der Landschaft, dem Flecken St.-Etienne en D., vorbeifließt, zum Drac. Die etwa 3000 Seelen zählende Bevölkerung jener Gegend, welche zu den ödesten Frankreichs gehört, stammt wahrscheinlich von Sarazenen ab, welche sich im 8. Jahrh. am Westabhang der Kottischen Alpen niederließen.

Devolvable Fläche, s. v. w. developpable Fläche.

Devolvieren (lat.), abwälzen (von einer Person auf eine andre); namentlich eine Rechtssache vor ein höheres Forum bringen, s. Devolution.

Devomieren (lat.), wegspeien, wieder ausbrechen.

Devon, Graf von, s. Devonshire.

Devonische Formation (nach der engl. Grafschaft Devonshire genannt, auch rheinische Formation, jüngeres Übergangsgebirge, hierzu Tafel „Devonische Formation“), Schichtensystem zwischen der Silur- und der Steinkohlenformation, besteht dem Gesteinsmaterial nach vorwiegend aus Sandsteinen (old red sandstone, alter roter Sandstein der Engländer), Konglomeraten, sogen. Grauwacken, Kalksteinen und Thonschiefern, letztere beiden Gesteine oft in der Weise verknüpft, daß Kalkstein Linsen im Thonschiefer bildet (Flinz, Flaserkalk), welche, der Verwitterung schneller anheimfallend, ein löcheriges Gestein (Kramenzelkalkstein) übriglassen. Untergeordnet eingelagert sind dem Schichtensystem eine Reihe sonstiger Gesteine, darunter manche von großer technischer Wichtigkeit (s. unten). Meist unbauwürdig sind die hier und da vorkommenden Steinkohlenflöze. Die in den Schichten begrabenen Organismen tragen, dem hohen Alter der Formation entsprechend, einen fremdartigen, von der heutigen Schöpfung weit abweichenden Charakter. Dünn gesäet sind die Pflanzenformen: Fucus-Arten, einige Gefäßkryptogamen (Kalamiten, Lepidodendren, Farne), Sigillarien mit ihren Wurzelstöcken, den Stigmarien und Koniferen (letztere namentlich als verkieselte Stämme, Araucarioxylon). Unter den Tierformen sind die Korallen durch mannigfaltige Genera (Cystiphyllum, Cyathophyllum, Pleurodictyum u. a.) vertreten; eine sehr charakteristische und deshalb als Leitfossil besonders geeignete Form ist die Deckelkoralle Calceola sandalina (auf der Tafel mit abgehobenem Deckel dargestellt). Dagegen fehlen die für die silurische Formation so bezeichnenden Graptolithen im Devon gänzlich. Unter den Echinodermen sind die Krinoideen weitaus am zahlreichsten (so Cupressocrinus und Haplocrinus; vgl. Tafel, auf welcher auch eine Blastoideenform, Pentremites, dargestellt ist). Häufig finden sich ganze Schichten erfüllt mit den zu einzelnen Stielgliedern (Entrochiten, s. Tafel) aufgelösten Individuen sowie äußere Abgüsse von Säulenfragmenten samt dem Kanal, welcher die Säule durchzieht (sogen. Schraubensteine). Wie in allen ältern Formationen, sind von den Mollusken die Brachiopoden und Cephalopoden häufiger als die Bivalven und Gastropoden. Von Brachiopoden stellt unsre Tafel eine der häufigsten Spiriferenarten (Spirifer speciosus) und Stringocephalus Burtini dar, letztern auch aufgeschnitten in einer seitlichen Ansicht, um das innere Knochengerüst zu zeigen. Macrocheilus subcostatus und Murchisonia bigranulosa sind Beispiele devonischer Gastropoden. Unter den Cephalopoden, welche außerdem durch zahlreiche Genera verschiedener Aufwickelungsformen mit einfachstem Verlauf der Kammerwandungen (Nautilus-Suturlinien) vertreten sind, ist die abgebildete Clymenia Sedgwickii ausschließlich, Goniatites costulatus wenigstens sehr vorwaltend im Devon entwickelt. Von Krustaceenformen treten die Trilobiten (unsre Tafel stellt die bizarre Form des Arges armatus dar) weniger zahlreich als im Silur auf, dagegen kommt der kleine, zweischalige Krebs Cypridina (Entomis) serratostriata (s. Tafel) in unzähligen Exemplaren in dem nach ihm genannten Schiefer vor. Unter den Fischen ziehen die abenteuerlichen Formen der Asterolepis (Pterichthys) cornutus (s. Tafel) mit ihren Knochenpanzern die Aufmerksamkeit auf sich, während Eucephalaspis Lyelli und Acanthodes den den ältern Formationen eignen Typus der heterocerkalen Ganoideen besonders deutlich erkennen lassen. Endlich bringt unsre Tafel den ganz vereinzelten Fund des Telerpeton Elginense aus dem Old red sandstone von Elgin in Schottland zur Darstellung. Das Tier wird gewöhnlich zu den Labyrinthodonten gestellt und würde der älteste Saurier sein, doch ist die Parallelisierung der Schichten, welchen der Fund entstammt, mit devonischen nicht ganz zweifellos. In der Gliederung der devonischen Schichten läßt sich überall, wo sie vollständig entwickelt sind, eine Dreiteilung durchführen, welche am einfachsten als Unter-, Mittel- und Oberdevon bezeichnet wird. Als Beispiel der nähern Gliederung sei die Schichtenfolge aufgeführt, wie sie sich nach Sandberger und Kayser in Nassau und Westfalen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 916. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0916.jpg&oldid=- (Version vom 18.2.2023)