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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4

sie leichtere, geringere Pferde ritten als Lanciers und Kyrisser, wurden sie auch Ringerpferde genannt. Sie trugen offene Eisenhüte, Brustharnisch (corselet) oder nur Lederkoller mit Halsberge. Das Eisenzeug lackierten sie (daher schwarze Reiter). Ihre Waffen waren Schwert und Faustrohr (Pistol). Ihre Kampfart hieß Naterweistumlen (Tummeln nach Natternart), Karakolieren oder Harcelieren, d. h. sie trabten nahe an den Feind, das vorderste Glied feuerte seine Rohre ab und zog sich dann schnell hinter den Haufen zurück; erst wenn das Feuer gewirkt hatte, griffen sie mit dem Schwert an. Den Hauptschauplatz ihrer Thätigkeit fand diese Reiterart in Frankreich (reîtres) während der Hugenottenkriege und in den Niederlanden, die schwergepanzerte Lanciers überhaupt nicht aufstellen konnten.

Deutscher Herrenorden (Deutsche Ritter), s. Deutscher Orden.

Deutscher Kaffee, s. v. w. Zichorienkaffee, s. Cichorium.

Deutscher Kaiser, nach Artikel 11 der Reichsverfassung Titel des Oberhauptes des neuen Deutschen Reichs, das seit 18. Jan. 1871 besteht; der erste deutsche Kaiser ist Wilhelm I., König von Preußen. (Über die rechtliche Stellung s. Deutschland, Verfassung.) Die Bezeichnung der Beherrscher des alten, bis 1806 bestehenden Reichs als deutsche Kaiser ist zwar unrichtig, da jene römische Kaiser und deutsche Könige waren (s. Heiliges Römisches Reich); dennoch ist der Name „deutsche Kaiser“ für die deutschen Herrscher von Heinrich I. (919–936) an üblich geworden selbst für solche, welche die römische Kaiserwürde nie erlangt hatten. Vgl. Kaiser.

Deutscher Kolonialverein, s. Kolonien, S. 958.

Deutscher König (Rex Germaniae oder Rex Germanorum) wird seit dem 11. Jahrh. bisweilen als Titel der deutschen Herrscher gebraucht. Noch nach dem Erlöschen der Karolinger und der Begründung des Deutschen Reichs durch Heinrich I. (919–936), den ersten wirklichen deutschen König, nannten sich die Könige von Deutschland „Könige der Franken“ oder schlechtweg „Könige“. Seitdem sich Otto I. 962 zum römischen Kaiser (s. Kaiser) krönen lassen, das Heilige Römische Reich deutscher Nation gegründet und seinen Nachfolgern in der deutschen Krone das Anrecht auf den römischen Kaisertitel erworben hatte, wurde von den Herrschern nach der Kaiserkrönung immer der Titel „Römischer Kaiser“ gebraucht und vor derselben der Titel „Römischer König“ (Rex Romanorum) üblich. Diesen führten auch die Söhne von Kaisern, welche bei deren Lebzeiten zu Nachfolgern gewählt und gekrönt worden waren, während später für die römischen Kaiser und auch für die nicht zu Kaisern gekrönten Könige immer öfter der Ausdruck „Deutscher Kaiser“ angewendet ward. Die deutschen Könige wurden gewählt, seit dem 12. Jahrh. von einer beschränkten Zahl Fürsten (s. Kurfürsten) und in Frankfurt a. M. Die Krönung fand in Aachen, der Residenz Karls d. Gr., zuerst durch den Erzbischof von Mainz, seit dem 11. Jahrh. durch den von Köln statt. Eine feste Residenz hatten die deutschen Könige nicht. Vgl. Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 6 (Kiel 1875).

Deutscher Krieg von 1866, s. Preußisch-deutscher Krieg.

Deutscher Orden (Orden der Ritter des Hospitals St. Marien des deutschen Hauses oder der Deutschen zu Jerusalem, später auch wohl Kreuzherren, Deutschherren und Marianer genannt), der jüngste der zur Zeit der Kreuzzüge im Heiligen Land entstandenen drei großen geistlichen Ritterorden. Bei der Belagerung von Akka im dritten Kreuzzug errichteten deutsche Kaufleute aus Lübeck und Bremen unter Leitung eines gewissen Siegebrand zur Pflege kranker Landsleute aus ihren Schiffssegeln Zelte zu einem Hospital. Der Zeit und den Umständen gemäß wurde dies eine geistliche, klosterähnliche Stiftung und erhielt die Regeln der Johanniter, deren Meister die Oberaufsicht führen sollte. Bei ihrer Heimkehr übergaben die Kaufleute ihre Stiftung zwei Begleitern des Herzogs Friedrich von Schwaben, dem Kaplan Konrad und dem Kämmerer Burkhard, zu besserm Schutz; sie erhielt jetzt den Namen Hospital St. Marien der Deutschen zu Jerusalem, vielleicht in Anknüpfung an jenes ältere Hospital in Jerusalem, welches nach der Eroberung der Stadt durch Saladin (1187) den Deutschen verloren gegangen war, aber später nach der Wiederbefreiung der Stadt durch Kaiser Friedrich II. dem Deutschen Orden übertragen wurde. Herzog Friedrich nahm sich der frommen Stiftung gern an und empfahl sie seinem Bruder, Kaiser Heinrich VI.; auf sein Bemühen erfolgte auch, wenngleich erst einige Wochen nach seinem eignen Tode, die päpstliche Bestätigung, 6. Febr. 1191. Sofort und in den nächsten Jahren flossen dem Hospital weitere sehr reichliche Schenkungen zu, zumal an Grundbesitz, zunächst in dem bald eroberten Akka selbst und in Palästina überhaupt. Als die deutschen Fürsten, welche 1197 nach dem Heiligen Land gekommen waren, auf die Nachricht vom Tode des Kaisers zur Heimkehr sich anschickten, verwandelten sie 5. März 1198 in Akka, mit Beirat der beiden ältern Ritterorden und andrer geistlicher und weltlicher Großen des Orients, den Krankenpflegerorden in einen geistlichen Ritterorden. Papst Innocenz III. ging bereitwillig darauf ein und sprach seine Zustimmung in der Bulle vom 19. Febr. 1199 aus; zu ihren drei Mönchsgelübden erhielten die Mitglieder des neuen Ritterordens nun noch die Regeln der Templer, d. h. die Verpflichtung zum Heidenkampf; als äußeres Zeichen ihrer Selbständigkeit wurde ihnen eine eigne Kleidung verliehen: der weiße Mantel mit schwarzem Kreuz.

Nunmehr wuchs der Orden schnell an Besitz und Macht. Den ersten Grundbesitz in Europa hatte schon das Hospital durch Heinrich VI. in Unteritalien erhalten, und hier folgten dem gegebenen Beispiel die Vormünder Friedrichs II. und dann nicht minder dieser selbst; weiterer Besitz kam hinzu in Griechenland, Spanien, Frankreich, vorzugsweise und im reichsten Maß aber in Deutschland. Die oberste Leitung der Angelegenheiten des gesamten Ordens führte der Hochmeister, an der Spitze größerer Bezirke standen Landmeister oder Landkomture, in jeder größern Burg waltete ein Komtur (Kommentur, commendator). Aber keiner dieser Beamten war in seinem Teil unumschränkt: wie dem Hochmeister als ständiger engerer Rat fünf Großwürdenträger und als weiterer das jährlich einmal zusammentretende große oder Generalkapitel zur Seite standen, so pflegte jeder Landkomtur mit der Jahresversammlung seines Landkapitels Rat, und jedem Komtur ging der Konvent der zu seiner Burg gehörigen Ordensritter mit Rat und That zur Hand. Jene fünf obersten Beamten oder obersten Gebietiger waren: der Großkomtur, der die Aufsicht über den Ordensschatz und alle Vorräte zu führen und den Hochmeister bei längerer Krankheit oder Abwesenheit zu vertreten hatte; der oberste Marschall, dem das Kriegswesen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 775. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0775.jpg&oldid=- (Version vom 13.3.2023)