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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4

Mächte erlangt. Dann folgen Frankreich, Nordamerika, Italien, Holland, Belgien, Spanien und die südamerikanischen Staaten. Ein großer Teil der bestehenden Postdampfschifflinien ist auf dem Weg der staatlichen Subvention zur Entstehung gelangt, da die Verkehrsbeziehungen zwischen den betreffenden Ländern vor der Einrichtung der Linien meist noch nicht rege genug waren, um die Kosten der Fahrten aus den Erträgnissen des Personenverkehrs und der Frachten allein zu decken. Nachdem die Fahrten zur Einrichtung gelangt waren, haben dieselben meist indes eine solche Verkehrsentwickelung zur Folge gehabt, daß viele Linien der staatlichen Beihilfe ganz entbehren konnten. Immerhin steuern zur Zeit noch die meisten Staaten namhafte Summen zur Unterstützung der Dampfschiffahrtsgesellschaften (meistens in der Form von Vergütungen für die Postbeförderung) bei. Nachdem auch das Deutsche Reich (Gesetz vom 6. April 1885) Beihilfen für die Einrichtung und Unterhaltung von Postdampfschiffsverbindungen verwilligt hat, stellt sich (nach dem Stand von 1885) das Verhältnis, in welchem die einzelnen Staaten Subventionen bewilligt haben, pro Jahr folgendermaßen dar:

Frankreich 20299703 Mark
 Dazu an Schiffahrtsprämien für die Postbeförderung  ca.
6000000
 Ferner von der Kolonialregierung in Kochinchina 368410
Großbritannien (mit dessen asiat. Besitzungen) 12779820
Britische Kolonien in Australien 3845000
Kapkolonie 1600000
Deutschland a) bis 1885 320000
b) hierzu von 1886 ab auf Grund des Gesetzes v. 6. April 1885 4400000
Italien 7003996
Österreich-Ungarn 4000000
Niederlande (mit Niederländisch-Indien) 270000
Belgien 600000
Portugal 320000
Rußland (1,575,400 Rubel) 5041280
Vereinigte Staaten 1180000
Mexiko ca.
2000000
Zentral- und südamerikanische Staaten  ca.
7687500
Japan 897960
Hawai 387050

Was die deutsche Postdampfersubvention anbetrifft, so sind 4 Mill. Mk. für die Postdampfschiffsverbindung zwischen Deutschland einerseits und Ostasien sowie Australien anderseits bestimmt, während 400,000 Mk. für die Einrichtung und Unterhaltung einer Zweiglinie von Triest über Brindisi nach Alexandria verwilligt wurden. Eine weitere Subvention für eine Dampferlinie nach West- und Ostafrika wurde vom Reichstag nicht bewilligt.

Die nachfolgenden Angaben enthalten eine Zusammenstellung der wichtigsten Postdampferlinien und zugleich die wesentlichsten Daten der für die Würdigung der Kulturbestrebungen unsrer Zeitepoche sehr lehrreichen Entwickelungsgeschichte des interozeanischen Dampferverkehrs. Wie ein Blick auf die beigegebene Karte lehrt, sind am zahlreichsten die Postdampferlinien auf dem Atlantischen Ozean zwischen Europa und Nordamerika, sodann folgen die Linien zwischen Europa und Südamerika, die Suezkanalroute sowie die Linien zwischen Nord- und Südamerika.

Übersicht der wichtigsten Postdampferlinien.
(Hierzu „Übersichtskarte des Weltverkehrs“.)
A. Nach Nordamerika.

a) Englische Linien. 1) Die schon erwähnte, 1840 von Cunard für monatlich einmalige Fahrten von Liverpool ab mit 2 Dampfern eröffnete Cunardlinie. 1850 besaß die Cunardlinie bereits 8 Dampfer, welche monatlich zweimal kursierten; 1860 wurde eine wöchentliche Verbindung hergestellt und zugleich der Dienst auf der Route zwischen Halifax, St. Thomas und Colon eröffnet. Gegenwärtig unterhält die Cunardlinie mit mächtigen Dampfern eine wöchentlich zweimalige Verbindung zwischen Liverpool und New York über Queenstown und zwischen Liverpool und Boston (weiteres s. Cunard). 2) Die Inmanlinie, zweimal wöchentlich zwischen Liverpool über Queenstown nach New York. 3) Die National Steam-Ship Company, 4) die White Star-Linie und 5) die Guionlinie fahren je wöchentlich einmal zwischen Liverpool und New York. 6) Die Anchorlinie, im Besitz von 41 Dampfern, wöchentlich einmal zwischen Glasgow und New York und zwischen Liverpool über Queenstown nach New York. 7) Die Allan- oder Canadianlinie, mit 41 Dampfern, wöchentlich zweimal von Glasgow, Dundee, Belfast, Liverpool und London nach Quebec, Montreal, Halifax, Portland, Boston, Philadelphia, Baltimore. 8) Die Dominionlinie begann ihre Thätigkeit 1870 und fährt mit 12 Dampfern von Liverpool sowie von Bristol nach Quebec.

b) Deutsche Linien. Die erste direkte Dampfschiffsverbindung zwischen Deutschland und Amerika wurde von Bremen aus unter finanzieller Subvention seitens der bedeutendern deutschen Staaten und der Vereinigten Staaten von Amerika begründet. Am 19. Juni 1847 traf das erste Bremer Dampfschiff, Washington, von Bremen in New York ein, und bald kursierten 2 Dampfer regelmäßig zwischen beiden Häfen; es war dies der Anfang des jetzt zu so bedeutender Entwickelung gelangten direkten deutschen Dampferverkehrs nach Amerika. In Hamburg versuchte zuerst der Reeder Henry Roman (1850) eine direkte Dampfschiffsverbindung mit New York herzustellen; diese Versuche mißlangen. 1) Die 1847 errichtete, anfangs nur auf den Betrieb mit Segelschiffen berechnete Hamburg-Amerikanische Paketfahrt-Aktiengesellschaft nahm Romans Projekte wieder auf und begann 1856 mit der Einrichtung monatlich einmaliger Dampfschiffahrten zwischen Hamburg und New York, welche den Grund des nunmehr zu großer Bedeutung herangewachsenen Unternehmens legten; später kam eine zweite Linie nach New York über Havre sowie Linien nach Mexiko und Westindien hinzu. 1885 besaß die Gesellschaft eine Flotte von 25 für transatlantische Fahrten bestimmten Schraubendampfern von 59,514 Ton. und eigne Anlegeplätze in Hamburg, Havre, New York und St. Thomas. 2) Der Norddeutsche Lloyd, 1857 in Bremen begründet, begann seine direkten Fahrten nach New York im J. 1858 mit anfangs nur 4 Schiffen, welche monatlich einmalige Fahrten verrichteten. Infolge des steigenden Verkehrs wurden die Fahrten bald verdoppelt und endlich zu wöchentlich zweimaligen Fahrten ausgedehnt. Dann wurden 1868 eine wöchentlich einmalige Expedition nach Baltimore und für Frühjahr und Herbst eine monatlich einmalige nach Galveston ins Leben gerufen. Eine Linie nach den La Plata-Staaten und den brasilischen Häfen wurde 1876 eröffnet, und 1885 übernahm der Lloyd die Beförderung der Post nach Ostasien und Australien. Die Dampferflotte der Gesellschaft zählt bereits 49 Dampfer mit 92,467 Ton. Tragfähigkeit. 3) Die Deutsche Transatlantische Dampfschiffahrtsgesellschaft (Adlerlinie), zwischen Hamburg und New York direkt, alle 14 Tage einmal.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 489. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0489.jpg&oldid=- (Version vom 19.11.2022)