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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4

(S), der in dem Schieberkasten D über den Dampfkanälen α, β und γ hin- und hergleitet. Er erhält seine Bewegung von dem auf der Schwungradwelle W sitzenden, um 90° gegen die Kurbel K′ verstellten Exzentrik E mittels der Exzenterstange oe und der durch die Stopfbüchse s′ geführten Schieberstange r.

Fig. 2.
Hochdruckdampfmaschine ohne Balancier.

Befindet sich daher der Kolben K in der Mitte des Cylinders C, so steht der Schieber in einer seiner Endstellungen und umgekehrt. Bei der Stellung der Figur steht der Schieber in seiner untersten Stellung, der Kolben in der Mitte, der durch das Rohr d in den Schieberkasten gelangte Dampf tritt daher durch αα über den Kolben und drückt ihn abwärts, wobei der vom vorigen Hub in C befindliche Dampf durch γγ, die Höhlung des Schiebers S, β und b entweicht. Bei Ankunft des Kolbens am Boden des Cylinders wird der Kanal γγ für den Dampfeintritt frei, während αα durch die Schieberhöhlung mit dem Abzugsrohr b in Verbindung gesetzt wird, so daß der unten eintretende Dampf den Kolben aufwärts und letzterer den über ihm stehenden Dampf aus dem Cylinder hinaustreibt. Vorteilhaft werden als Dampfverteilungsorgane auch Ventile und Hähne angewendet, welche durch Exzenter, Hebel, Hebedaumen etc. bewegt werden. Dergleichen Steuerungen sind weiter unten beschrieben.

Da die mit Dampf von niederer Spannung arbeitenden Wattschen Maschinen nicht die günstigste Ausnutzung der Wärme gestatten, so verwendet man jetzt allgemein Dämpfe von höherm Druck und nennt die Maschinen Mitteldruckmaschinen, wenn sie mit einem Dampfdruck von 1½–3 Atmosphären, dagegen Hochdruckmaschinen, wenn sie mit einem Druck von 3–12 Atmosphären arbeiten. Während bei den Niederdruckmaschinen die Kondensation ein

Fig. 3.
Körtings Strahl­kondensator.

integrierender Bestandteil war, kann sie bei den Mittel- und Hochdruckmaschinen auch fortgelassen werden, wie das z. B. da geschieht, wo gutes Speisewasser nur in geringen Mengen vorhanden ist, oder wo eine besondere Einfachheit der D. wünschenswert ist. Allerdings werden unter sonst gleichen Bedingungen die Dampfmaschinen ohne Kondensation mehr Dampf und daher mehr Brennmaterial verbrauchen als Kondensationsmaschinen. Von den gewöhnlichen, nach dem Prinzip des Wattschen konstruierten Kondensatoren weicht der Körtingsche Strahlkondensator (Fig. 3) vollständig ab, indem er ohne Luftpumpe arbeitet u. die Luftleere durch einen bei W mit einem Gefälle von ca. 5 m einfallenden Wasserstrahl erzeugt, der den bei D eintretenden Abdampf verdichtet und mit sich durch das Rohr E fortreißt.

Expansionsmaschinen.

Einen großen Vorteil kann man bei Hochdruckmaschinen durch Anwendung der Expansion des Dampfes im Cylinder erzielen, indem man den Dampfzufluß vor vollendetem Kolbenlauf absperrt. Hat der Dampf eine Spannung von 5 Atmosphären, so hebt er so vielmal 5,170 kg, als der Kolben QZentimeter hat. Sperrt man nun den Dampfzufluß ab, wenn der Cylinder bis zur Hälfte mit diesem Dampf gefüllt ist, so wird der Kolben mit seiner Last sich nicht weiterbewegen; vermindert man darauf aber die Last, so wird sich der Dampf sofort weiter ausdehnen, bis seine Expansivkraft wiederum mit der Last im Gleichgewicht ist. Bei einer Verminderung der Last auf die Hälfte könnte sich der Dampf auf das doppelte Volumen ausdehnen und wäre dann noch eben im stande, diese Last zu heben. Der Dampf leistete also in diesem Fall eine um mehr als die Hälfte größere Wirkung. Denkt man sich den Kolbenlauf in 20 Stationen geteilt, und sperrt man den Dampf ab, wenn der Kolben den vierten Teil seines Wegs vollendet hat, so wird der Dampf während der fünf ersten Stationen mit seiner vollen Kraft gleich 1 auf den Kolben drücken, bei der sechsten Station aber nur

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 462. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0462.jpg&oldid=- (Version vom 12.2.2022)