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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

Zweig etc. Schon vom Stock aus oder erst, wenn der Schwarm ausgezogen ist, gehen Arbeitsbienen aus, welche eine geeignete Höhlung als Wohnung für den Schwarm aufsuchen; dies sind die sogen. Spurbienen oder Quartiermacher. Ist der Züchter bei Beginn des Schwärmens zugegen, so kann er den Schwarm mit einem Schwarmnetz auffangen, wenn er dasselbe vor den Korb stellt. Zog der Schwarm bequem an, so faßt man ihn in einen Korb; zog er hoch an, so bedient man sich zum Einfangen des aus Leinwand gefertigten Schwarmbeutels. Erst gegen Abend gibt man dem Schwarm einen bestimmten Platz. Die vielen kleinen Nachschwärme sind der Ruin der B., weil sie die Arbeitskräfte des Volkes zersplittern. Verhindert werden die Nachschwärmchen dadurch, daß man den Vorschwarm an die Stelle des Mutterstockes und diesen an die Stelle eines recht volkreichen Stockes stellt, dem volkreichen Stock aber einen ganz neuen Platz im Bienengarten gibt; ist dann aus dem abgeschwärmten Stock der erste Nachschwarm, der stets sehr stark ausfällt, ausgezogen, so setzt man den Nachschwarm auf die Stelle seines Mutterstockes und gibt nun diesem einen beliebigen, bisher unbesetzten Platz, an dem er das fernere Schwärmen aufgibt, weil seine Flugbienen sich bei dem Nachschwarm auf der alten Standstelle einbürgern. Die Bienen schwärmen erfahrungsmäßig fast nie, wann und soviel wir es wollen; darum muß der Imker, will er die Zahl seiner Völker erhöhen, der Natur abzwingen, was sie nicht freiwillig geben will. Die üblichen künstlichen Vermehrungsarten sind das Abtrommeln und das Ablegen. Das Abtrommeln (Abtreiben) ist besonders bei Stöcken mit Immobilbau anzuwenden. Sitzt vor einem Korb des Morgens vor Sonnenaufgang noch ein faustgroßes Klümpchen Bienen, so ist er zur Abgabe eines Schwarmes reif und kann abgetrommelt werden. Die Prozedur des Abtrommelns ist sehr einfach. Man setzt den abzutreibenden Korb verkehrt, d. h. mit der Mündung nach oben, auf ein leeres Strohkränzchen und einen leeren darauf, also Mündung auf Mündung, und bindet da, wo beide Körbe aufeinander stehen, ein Handtuch herum; unten an dem bebauten Stock beginnt man mit dem Klopfen und rückt damit absatzweise allmählich aufwärts. Durch das Klopfen beunruhigt, laufen die Bienen mit der Königin nach oben in den leeren Korb. Vorteilhaft ist es, den künstlich gebildeten Schwarm auf einen eine halbe Stunde entfernten Ort zu transportieren; will man das nicht, so gibt man ihm die Stelle des Mutterstockes und setzt diesen an die Stelle eines volkreichen Stockes. Das Ablegen (Teilen) besteht darin, daß man Bienen und Wachsgebäude eines Stockes in zwei Völker teilt. Mit Vorteil ist es nur bei Stöcken mit Mobilbau auszuführen. Zur Zeit des stärksten Flugs hängt man in die neu zu krëierende Beute sechs Brut- und eine Honigwabe mit den daran sitzenden Bienen, kehrt hierauf alle Bienen und die Königin des Mutterstockes dazu, setzt noch eine Wabe mit Wasser und einige Rähmchen mit Anfängen ein und stellt die neue Beute auf. Die Brut- und Honigwaben, von denen man die Bienen abkehrte, bringt man in die Mutterbeute zurück, der, da sie an ihrer alten Stelle bleibt, alle Trachtbienen zufliegen und sofort Anstalt zur Erbrütung einer jungen Königin treffen. Mit der Vermehrung muß man 24. Juni fertig sein, und in allen Gegenden ohne Herbsttracht darf man, will man nicht Futterhonig kaufen, eine 50proz. Vermehrung nicht überschreiten. Im Juli läßt man die Bienen nur noch im abgesonderten Honigraum bauen; denn es ist eine der wichtigsten praktischen Lehren der B., daß die Bienen nicht nutzlos bauen und brüten dürfen, da alle Bienen, zu denen die Eier erst von Ende Juni ab gelegt werden, im laufenden Jahr in allen honigarmen Gegenden Beträchtliches nicht mehr einsammeln. Wie zu allen Zeiten, so sorgt man besonders im Sommer dafür, daß nicht übermäßig viel Drohnen erbrütet werden. In jedem Stock, dem die Königin genommen wurde, schneidet man den bedeckelten Drohnenzellen die Kuppen ab, wobei die Drohnennymphen die Köpfe verlieren; die Arbeitsbienen schaffen dann die verletzten Nymphen aus dem Stock heraus. Da ein Volk mit diesjähriger Königin nur Arbeiterzellen baut, so schneidet man allen Stöcken mit solchen Königinnen im Brutlager die Drohnenwaben weg, damit sie die Lücken mit Arbeiterzellen ausfüllen. Spätestens Mitte Juli untersucht man alle Stöcke, die geschwärmt haben, abgetrommelt oder abgelegt worden sind, darauf hin, ob sie weiselrichtig sind. Ein weiselloses Volk kuriert man durch Einfügen einer Weiselzelle, am sichersten aber dadurch, daß man ihm eine fruchtbare Königin gibt. Unfruchtbare oder sonst untaugliche Königinnen muß man aus den Völkern zuvor entfernen, bevor man an die Kur geht.

Die dritte Periode, vom Ende der Honigtracht bis zur Vorrichtung für die Einwinterung, umfaßt die Monate August und September. In Gegenden mit Herbsttracht wandert man Anfang August mit den Stöcken in die Heide, weil Mitte dieses Monats das Heidekraut (Erica vulgaris) in voller Blüte steht. In allen honigarmen Gegenden hat die Honigtracht im August ein Ende, und der Vermehrungstrieb schlummert ein, weshalb auch die weiselrichtigen Völker die Drohnen vertreiben. Mitte August nimmt man alle An- und Aufsätze ab und leert die Honigräume der Dzierzonstöcke, um den Honig zu ernten. Körbe, Walzen etc. wägt man, um das Gewicht der Bienen und des Wachsgebäudes mit Honig und Pollen, ausschließlich des Korbes und Standbrettes, wenigstens annähernd festzustellen. Jetzt muß ein Korb wenigstens 9 kg inneres Gewicht haben, wenn er überwinterungstüchtig sein soll. Bei Beuten beweglichen Baues wägt man eine Honigwabe und schätzt dann die übrigen mit den Augen. Jede Beute, die nicht 6 kg Honig hat, muß mit Honigwaben unterstützt oder mit aufgelöstem Kandiszucker gefüttert werden. Schwache Völker müssen kopuliert werden, weil nur ein volkreicher Stock den Gefahren des Winters zu trotzen vermag. Den geernteten Honig schleudert man, nachdem man die Zellendeckel abgeschnitten hat, mit der von Hruschka erfundenen Zentrifugalkraftmaschine (Honigschleudermaschine) aus, um die entleerten Waben im künftigen Jahr abermals füllen zu lassen. Sind im August alle Völker mit dem nötigen Winterfutter versorgt, so stellt man den Dzierzonstöcken ein Brett ein, an dem man alle Ritzen mit Wachspapierstreifen verklebt, damit im Winter die Dünste aus dem Bienensitz nicht entweichen, sondern sich an solchen Stellen des Stockes niederschlagen, wo sie von den Bienen aufgeleckt werden können.

Die vierte Periode, die der Ein- und Überwinterung, beginnt mit dem Oktober und währt den November, Dezember, Januar und Februar hindurch. Im Oktober stellen die Wespen und Hornissen dem Honig der Bienen nach; man fängt sie des Morgens, bevor die Bienen fliegen, in dünnhalsigen Flaschen weg, in die man sie durch Honigwasser lockt. Gegen Mäuse, die ebenfalls dem Honig nachstellen, schützt man die Bienen durch Verkleinern des Flugloches.

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 911. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0911.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2023)