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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

mürbe; es zerfällt nämlich in ein sehr saures Silikat und in sehr basisches Salz oder freies Alkali, und beim Kristallinischwerden der Salze leiden dann die Zellwände. Kalkmilch verändert die B. auch in der Wärme wenig, beim Trocknen scheint aber auf Kosten des Kohlen- und Wasserstoffs der B. Kohlensäure und Wasser gebildet zu werden, und infolgedessen wird die Faser mürbe und zerfällt. Auf den Wandungen der Haare finden sich endlich getrocknete Saftbestandteile, teils löslich, teils unlöslich in Wasser; sie machen die rohe B. schwierig benetzbar, weichen aber der abwechselnden Behandlung mit alkalischen Laugen und verdünnten Säuren und den Bleichmitteln. Feuchte B. absorbiert an der Luft allmählich Sauerstoff und oxydiert sich zu Kohlensäure und Wasser (Verwesungsprozeß). Mit Öl getränkte und in großen Massen locker aufgehäufte B. kann sich infolge der lebhaften Oxydation des Öls bis zur Selbstentzündung erhitzen. Schwere Schiefer- und Kohlenöle erschweren das Eintreten der Oxydation. Wo also, wie in der Rotgarnfärberei oder bei der Benutzung der Abfälle der Spinnereien als Putzmaterial, solche Tränkungen der B. mit Öl vorkommen, ist Vorsicht geboten und besonders die Anhäufung großer Massen zu vermeiden. Nicht selten kommen in der B. Fasern vor, die nicht zu völliger Reife gelangt, sondern auf einer tiefern Entwickelungsstufe stehen geblieben sind; die Verdickungsschicht hat sich bei denselben nur in sehr geringem Grad entwickelt, und der körnige Inhalt ist in größerer Menge zurückgeblieben. Solche B. zeigt sich unter dem Mikroskop in Gestalt flacher Bänder, ohne Höhlung, nicht gedreht und häufig gefleckt. Sie nimmt beim Färben mit gewissen Farben, z. B. Krapprosa und Indigo, keine Farbe an und wird deshalb tote B. genannt (Fig. 1, 2, 5). Durch Sorgfalt bei der Kultur und Ernte soll das Auftreten toter B. vermindert werden können, aber es bleibt immer Aufgabe der Spinnereien, die unausgebildeten Fasern durch die Vorbereitungsmaschine zu entfernen, und in der That gelingt dies sehr gut. Trockne B. gibt 1,83 Proz. Asche.

[Handelssorten.] Im Handel unterscheidet man zunächst nach der Länge der Fasern: langstapelige (long staple) und kurzstapelige (short staple). In beiden Abteilungen wird der Wert der Baumwollsorten nicht nur nach der absoluten Länge der Fasern und den übrigen Eigenschaften, sondern ganz besonders auch nach der Gleichförmigkeit der Faserlänge bestimmt. Zu den langstapeligen Sorten mit 20–40 mm Faserlänge werden die folgenden gerechnet:

Lange Georgia 25–29 mm
Bourbon 20–27
Jumel, Mako 34–38
Puerto Rico 20–25
Lange Cayenne 27–34
Haïti – –
Minas 20–25
Guadeloupe 27–34
Cuba – –
Pernambuco 32–38
Bahia 27–34
Camouchi 23–29
Pará 20–27
Maranhão 23–29
Martinique 27–34
Trinidad – –
Cumana, Orinoko 23–27
Cartagena 20–27

Zu der kurzfaserigen B. mit 16–25 mm rechnet man außer kurzer Cayenne-, Alabama-, Mobile-, Tennessee-, Virginia-, Surate-, Madras-, Alexandria- und bengalischer B. noch:

Louisiana 18–25 mm
Kurze Georgia 18–25
Senegal 18–23
Sauboujatz 18–23
Kirkajatz 16–20
Kinich 16–20

Bezüglich der Feinheit ist zu bemerken, daß die Fasern der amerikanischen und ostindischen Sorten, besonders die von G. barbadense, etwas dicker sind als die der übrigen. Um den Raum von 2,6 cm beim Nebeneinanderlegen auszufüllen, sind erforderlich: 160 Haare von langer Georgia, 150 von Santo Domingo, Puerto Rico, Mako, Bourbon, 135 von Louisiana, 125 von Guaragua, 120 von Castellamare, Cayenne, Cartagena, kurzer Georgia, Bengalen, bester Surate, Pernambuco, 100 von makedonischer, 80 von Attah, Saloniki, Pera, Adenos und ordinärer Surate. Man benennt die verschiedenen Sorten der B. im Handel nach ihrem Vaterland, unterscheidet aber von jeder wieder verschiedene Qualitäten, für deren Bezeichnung jetzt allgemein die englischen Ausdrücke

fine | good | fair | middling | ordinary | inferior

mit mehreren Zwischenstufen üblich sind. Unter allen Baumwollsorten nimmt die nordamerikanische die erste Stelle ein. Sie zeichnet sich durch Länge und Feinheit, Zähigkeit und Haltbarkeit der Faser, durch sorgfältige Behandlung und Reinigung aus. Keine andre B. ist besser zum Spinnen, selbst der feinsten Nummern, geeignet und erträgt die Streckung und Reibung im Webstuhl besser als die amerikanische. Man unterscheidet Sea Island, welche an den Küsten von Georgia, Südcarolina und Florida gewonnen und zwei- bis dreimal höher bezahlt wird als kurze Georgia. Die Sea Island ist die langstapeligste aller Sorten und überragt auch in den meisten andern Eigenschaften, besonders in der Feinheit, die übrige Wolle; sie hat aber stets einen Stich ins Gelbe und wird in der Farbe von den meisten brasilischen Arten übertroffen, welche auch glänzender, seidiger sind. Man hat versucht, die Sea Island in andre baumwollliefernde Länder einzuführen und in der That recht gute Sorten erzielt, welche aber doch der originalen Sea Island nachstehen; ihre Produktionsmenge beträgt nur 11/2 Proz. des gesamten nordamerikanischen Wuchses, und ihre Verwendung ist eine verhältnismäßig beschränkte. Unter der Benennung Upland (Oberland) werden sowohl die Wollen aus den höhern Gegenden Georgias als die aus den andern südlichen Küstenstaaten verstanden, die unter sich an Güte wieder verschieden sind. Nächst der Sea Island ist die zarte, kräftige, weiße Louisiana am meisten geschätzt; sie wird fast ausschließlich als Kette benutzt, bei welcher es besonders auf Stärke und Länge des Fadens ankommt. Die westindische B. ist meist von guter Qualität, mit langen, zarten, kräftigen und knötchenfreien Fasern und daher den bessern nordamerikanischen Sorten gleichkommend oder sie zum Teil übertreffend; doch liefert sie wegen mangelhafter Reinigung 20–25 Proz. Abgang. Hauptsorten sind: Haïti, Santo Domingo, Puerto Rico (gut gereinigt), Cuba, Martinique, Jamaica, Barbados, Trinidad, Grenada. Unter der südamerikanischen B. steht die brasilische durch Länge, Feinheit und Seidigkeit der Fasern obenan. Pernambuco und Paraibo kommen der Sea Island am nächsten. Dann folgen Ceara, Alagoas, Bahia, Minas novas, Maranhão. Geringere Sorten sind: Pará, Macayo, Rio de Janeiro. Die Reinigung ist meist mangelhaft. Die B. aus den Kolonien Guayanas, die Surinam, Cayenne, Essequebo, Berbice, steht im allgemeinen hinter der brasilischen zurück, noch minderwertiger sind die kolumbischen Sorten Cartagena, Cumana, Caracas, Laguayra und die peruanischen etc. Von der ägyptischen Wolle wird die kurze, geringwertige Alexandriner oder Merkantilwolle nur noch wenig gebaut; die Jumel aus Pernambucosamen ist mittellang, zart und kräftig, aber unrein; sie wird jetzt mehr verdrängt durch die aus Sea Island-Samen gezogene Mako (oft auch Jumel genannt), eine sehr schöne und lange Ware. Die langstapelige, weiche, glänzende, aber

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 521. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0521.jpg&oldid=- (Version vom 27.11.2022)