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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

ganzen Denken und Wesen resultierende Ansicht von der Fortbildung des Menschengeschlechts, von den schon durchlaufenen Phasen dieser Fortbildung und dem jetzt sich gestaltenden Umschwung zu einem neuen Zustand erörtert. Gleichsam als Einleitung erschien: „Antigone“ (1814), eine Elegie in Prosa über die Leiden der Menschheit. Darauf folgte der fast ganz politische „Essai sur les institutions sociales dans leurs rapports avec les idées nouvelles“ (1818), zu dem die Schrift „Le vieillard et le jeune homme“ (1819) eine Art poetischer Ergänzung bildet, während in „L’homme sans nom“ (1820) die Gewissensqualen eines Königsmörders geschildert werden. In den Werken: „Essai de palingénésie sociale“ und „Orphée“ (1827–28, 2 Bde.) entwickelte B. dann seine geschichtsphilosophischen Ideen und suchte an dem Beispiel der griechischen Kultur zu zeigen, wie große soziale Entwickelungen vor sich gehen. Das nächste Werk: „La ville des expiations“ (1831), handelt von Rom als dem Kampfplatz, auf welchem das Ringen der Menschheit nach Wiedergeburt symbolisch zur Erscheinung kommt. Am schwersten verständlich ist wegen des mystischen Dunkels „La vision d’Hébal, chef d’un clan écossais“ (1832), eine Zusammenfassung der Entwickelungsgeschichte der Menschheit und damit des Systems Ballanches. Eine Gesamtausgabe seiner „Œuvres“ erschien Paris 1830, 4 Bde. Seine Biographie schrieb Ampère (1848).

Ballantyne (spr. bällentein), James R., schott. Orientalist, geb. 13. Dez. 1813 zu Kelso in der Grafschaft Roxburgh, war seit 1841 Direktor des Queen’s College zu Benares in Indien und seit 1856 Professor der Moralphilosophie daselbst. Seit 1861 wieder in England, wurde er zum Bibliothekar des East India-Office ernannt und starb 16. Febr. 1864. B. verstand es wie wenige, in das Wesen des indischen Geistes einzudringen, und wußte das Verständnis desselben auch seinen Landsleuten zu eröffnen. Er lieferte gründliche grammatische Hilfsbücher für den Unterricht im Sanskrit (2. Aufl., Lond. 1873), im Hindi (2. Aufl. 1868), im Hindustani (das. 1838 u. 1842), im Marathi (das. 1839); namentlich aber gab er die Sanskritgrammatik „Laghu Kaumudi“ (mit Übersetzung und Kommentar, 1849–52, 3 Bde.) und den ersten Teil des Mahâbhâshya, des berühmten Kommentars zu Paninis Grammatik (1856), heraus und lieferte wertvolle, leider meist unvollendete Ausgaben und Übersetzungen der Hauptwerke der philosophischen Schule der Inder. Für weitere Kreise bestimmt sind die Werke: „Synopsis of science in Sanskrit and English“ (Benares 1856) und „Christianity compared with Hindu philosophy“ (das. 1859), worin er die europäische Wissenschaft mit der indischen zu vermitteln strebte.

Ballast, die Belastung des Bodenraums bei Ladungsmangel, um den Schwerpunkt von Schiffen möglichst tief zu bringen. Der neuere Schiffbau verwendet überall nur Wasserballast in Tanks, d. h. Eisenblechkasten, welche durch Pumpen zu füllen und zu leeren sind. Ältere Schiffe benutzen als B. Sand, Steine, Eisenbarren, Alteisen und Kohlen. Kriegsschiffe nehmen regelmäßig geformte Gußbarren. Die Ballastmenge berechnet sich nach der Stabilität des Schiffs. Übertragen bedeutet B. jede unnütze Beilast.

Ballater, Hauptort im obern Thal des Dee, Aberdeenshire (Schottland), in wildromantischer Gegend, mit besuchter Mineralquelle und (1881) 752 Einw.

Ballei (v. neulat. ballia, balliva), der Bezirk eines Ballivus (s. Bailli), bei den Tempelherren, Deutschen Rittern und Johanniterrittern Name der einzelnen Provinzen ihrer Territorialbesitzungen oder auch der größern Unterabteilungen der Provinzen. Die meisten Balleien, namentlich in Frankreich, besaßen die Templer. Die Balleien der Johanniter zerfielen in Priorate, die der übrigen in Kommenden oder Komtureien, welche indes in früherer Zeit mit den Balleien oft identisch waren. Die Deutschen Ritter zählten in Deutschland bis zur Auflösung des Reichs elf Balleien (s. Deutscher Orden).

Balleisen (Balleneisen), Stemmeisen mit sehr spitzwinkeliger schneidender Kante, erleichtert das Abschneiden vorstehender Teile.

Ballen, ein Zähl- oder Stückmaß für Papier, à 10 Ries à 20 Buch à 24 oder 25 Bogen = 4800 oder 5000 Bogen. Ein B. Tuch hat 12 Stück zu 32 Ellen, ein B. Leinwand 12–32 Ellen; ein B. Baumwollgarn ist in England = 60 Packen oder 240 Pfund, ein B. Baumwolle = 400–440 engl. Pfd., in Nordamerika 360–500 Pfd.; ein B. Leder = 20 Rollen oder 220 Stück Juchtenleder. Im Warenverkehr ist B. ein Pack Waren, gewöhnlich in Packtuch, Matten u. dgl. eingenäht, z. B. ein B. Bücher, ein B. Flachs.

Ballenblume.

Ballenblume (engl. Ball-flower), knospenförmiges Ornament in den Hohlkehlen des englisch-gotischen Stils, besonders im 14. Jahrhundert (s. Figur).

Ballenpflanzung, Verpflanzung von Setzlingen mit dem Ballen oder dem an den Wurzeln hängenden Erdklumpen. Kleinere Pflänzlinge zu versetzen, ist leicht, zumal wenn man geeignete Instrumente hat; soll aber ein großer Stamm verpflanzt werden, so sind dazu besondere Vorkehrungen nötig. Man macht vor eintretendem Frost einen Graben in einer Entfernung von 1/81/2 m, je nach der Größe des Baums, um den Stamm, tränkt bei eingetretenem Froste den so vom übrigen Erdreich abgeschnittenen Ballen tüchtig mit Wasser und hebt, sobald dieses eingefroren ist, den Stamm aus. Der Stamm wird nun vorsichtig und ohne Verletzung des Ballens auf einer Schleife zu dem bereits fertigen Pflanzloch gebracht und hier mit Streben gestützt, dann fleißig begossen, auch bis zu den Ästen mit Moos bekleidet, welches im Sommer zuweilen angefeuchtet wird.

Ballenstedt, Kreisstadt im Herzogtum Anhalt, liegt 207 m ü. M. nördlich am Unterharz, an der Getel und an den Zweigbahnen Frose-B. und Quedlinburg-B. und besteht aus der ummauerten Altstadt und der offenen Neustadt, von wo sich nach NW. die schöne Alleestraße nach dem auf dem Vorsprung eines Bergs gelegenen Schloß hinaufzieht, dessen Terrasse eine entzückende Aussicht gewährt. Ursprünglich eine Burg der askanischen Grafen (seit dem 7. Jahrh.), dann von 940 bis Anfang des 16. Jahrh. Mönchskloster, 1525 von den Bauern zerstört, ward dasselbe in der Folge wieder in ein Fürstenschloß umgeschaffen und 1765 Residenz der Herzöge; gegenwärtig dient es zum Witwensitz der Herzogin von Bernburg. Es enthält eine kleine Bildergalerie mit einigen guten Niederländern. In der Schloßkirche befindet sich das Grab Albrechts des Bären. B. ist der Sitz eines Amtsgerichts, hat eine evang. Kirche, eine höhere Privaterziehungsanstalt und (1880) 4764 Einw. B. ist der Geburtsort des frommen Johannes Arnd, Verfassers des „Wahren Christentums“. In der Nähe sind der Ziegenberg mit schöner Aussicht, die Hubertushöhe (mit Belvedere) und die Gegensteine bemerkenswert, zwei Sandsteinfelsen, welche ein treffliches Echo zurückwerfen. B., das

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0292.jpg&oldid=- (Version vom 6.5.2021)