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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

heutigen Kulturstaaten, nachdem früher in den Handelsverträgen möglichst auf Beseitigung der Verbote hingewirkt wurde, die Ausfuhrverbote nur noch als Ausnahmemaßregel im Kriegsfall vor. Sie erstrecken sich meist nur auf Kriegsmaterial und haben den Zweck, den eignen Bedarf sicherzustellen, den Feind zu schwächen oder die Neutralität aufrecht zu erhalten. In ihrer Wirkung kommen dem Verbot hoch bemessene Ausfuhrzölle nahe, welche auch aus jenem vielfach hervorgegangen sind. Ursprünglich als bequeme Quelle von Einnahmen betrachtet, welche scheinbar das Ausland spendete, und deswegen auch von Fabrikaten erhoben, werden die Ausfuhrzölle dem Merkantilsystem zu einem Mittel, die Industrie zu stützen und zu heben. Sie wurden deshalb in erster Reihe von Lebensmitteln und Rohstoffen erhoben, deren Arbeit und Industrie bedurften. Dem entsprechend spielten die Ausfuhrzölle in den Zolltarifen eine wichtige Rolle, und es hatte sich auch eine größere Zahl derselben bis in die neuere Zeit hin erhalten. Die Erkenntnis, daß diese Zölle meist vom Inland getragen werden, daß sie die Produktion der belasteten Artikel schädigten und die Konkurrenz auf fremdem Markt erschwerten, führte in vielen Ländern, besonders seit Abschluß des englisch-französischen Handelsvertrags, zu ihrer vollständigen Beseitigung. In Deutschland wurde 1873 der letzte Rest, der Zoll auf die für die Papierfabrikation erforderlichen Lumpen und Abfälle, aufgehoben. Ebenso bestehen keine Ausfuhrzölle mehr in England, Frankreich, den Vereinigten Staaten etc. Überbleibsel kommen noch vor in Österreich, eine größere Zahl noch in Rußland, in der Schweiz (1873 mit 3 Mill. Mk. Einnahme), besonders in Italien auf zahlreiche Landesprodukte, vorzüglich aber in der Türkei, in deren Finanzwesen der Ausgangszoll eine wichtige Rolle spielt. Der in der Schweiz erhobene allgemeine Ausgangszoll (0,16 Mk. für 100 kg) hat lediglich den Charakter einer statistischen Gebühr, wie sie auch in Deutschland 1879 eingeführt wurde. Ein echter, das Inland nicht beschwerender Finanzzoll ist der Ausfuhrzoll dann, wenn er von Gegenständen erhoben wird, bei deren Besitz oder Erzeugung das Inland eine (insbesondere natürliche) Monopolstellung einnimmt, wie Peru bei Guano, China bei Thee.

Ausfuhrhandel (Exporthandel), s. Ausfuhr, Handel und Handelspolitik.

Ausfuhrprämie, s. Ausfuhr.

Ausfuhrzölle, s. Ausfuhr und Zölle.

Ausgabe ist, im Gegensatz zur Einnahme, die Summe, welche weggegeben wird, und um welche sich der Vermögens- oder auch nur der Kassenbestand mindert. A. oder Haben nennt man auch in der kaufmännischen Buchführung die rechte Seite des Kassabuchs, auf welche die Ausgaben eingetragen werden. Über die Methoden zur Berechnung und Kontrolle von A. und Einnahme s. Buchhaltung und Budget. – Im Buchhandel ist A. (editio) ein durch den Druck im Weg des Buchhandels dem Publikum übergebenes Geistesprodukt, mit besonderer Rücksicht auf seine litterarische und artistische Ausstattung. Die Summe aller zu gleicher Zeit und mit gleicher Ausstattung herausgegebenen einzelnen Exemplare wird ebenfalls A., richtiger jedoch Auflage (s. d.) genannt. Wird ein Werk öfters in demselben Format und ohne Textveränderungen abgedruckt, so unterscheidet man erste, zweite etc. A. oder (kollektivisch gefaßt) Auflage. Bei dem in dieser Hinsicht schwankenden Sprachgebrauch läßt sich eine genaue Abgrenzung der Begriffe A. und Auflage kaum bewirken. Die erste A. eines Manuskripts (editio princeps) ist bei ältern Werken oft von großem litterarischen und antiquarischen Wert (vgl. Inkunabeln). Unter den Offizinen haben mehrere besonders durch gute Ausgaben der alten Klassiker sich einen bleibenden Ruhm erworben: Aldinische, Juntinische, Stephanische, Elzevirsche, Bodonische, Didotsche, Teubnersche, Weidmannsche, Cottasche u. a. Requisiten einer guten A. sind, abgesehen von der wissenschaftlichen Bedeutung des edierten Werks: Treue des Textes, Korrektheit und ein gutes Register, nach Bedürfnis gute Karten, Pläne etc. sowie, was das Äußere anlangt, reiner, gefälliger, scharfer Druck und gutes Papier. Je nach der Verschiedenheit der Ausstattung oder der Art und Weise der Behandlung desselben Gegenstandes in verschiedener Form wird zwischen großer und kleiner A., Pracht-, Volks-, Taschen-, illustrierter A., Oktav-, Quartausgabe u. dgl. unterschieden.

Ausgabenversicherung, s. Rabattsparanstalt.

Ausgang, bei Schanzen ein dem Verkehr dienender Ausschnitt in der Brustwehr, so angelegt, daß er dem feindlichen Auge und Angriff möglichst entgegengerichtet und gegen hindurchgehende Schüsse durch einen dahinterliegenden Querwall oder Palissaden gedeckt ist; über den Graben führt eine Brücke oder ein Steg. Bei Festungen wird der zu einem Thor oder einer Poterne gehörende Ausschnitt aus dem Glacis A. genannt; er ist gegen Längsbestreichung durch feindliches Feuer gekrümmt geführt.

Ausgangscertifikat, s. Certifikat.

Ausgangszoll, s. Ausfuhr und Zölle.

Ausgedinge, s. v. w. Altenteil (s. d.).

Ausgehendes, in der Geologie der an die Erdoberfläche heraustretende Teil von Schichten oder Schichtengruppen.

Ausgießung des Heiligen Geistes, s. Heiliger Geist.

Ausgleich, in Österreich-Ungarn Bezeichnung für die drei Gesetze, welche das finanzielle Verhältnis der beiden Reichshälften Österreich und Ungarn (die beiderseitigen Anteile zu den gemeinsamen Ausgaben, die Verteilung der Staatsschuld und das Zoll- und Handelsbündnis) regeln. Der erste A. kam 24. Dez. 1867 auf zehn Jahre zu stande und ward nach dreijährigen mühsamen Verhandlungen 28. Juni 1878 wieder auf zehn Jahre erneuert. Zwischen Ungarn und Kroatien besteht noch ein besonderer A. seit 20. Sept. 1868. Vgl. Helfert, Revision des ungarischen Ausgleichs (Wien 1876); Bidermann, Die rechtliche Natur der österreichisch-ungarischen Monarchie (das. 1877); Juraschek, Personal- und Realunion mit einem Anhang über die rechtliche Natur des Verhältnisses zwischen Österreich und Ungarn (Berl. 1878).

Ausgleichen, eine Schuld oder einen Rechnungsrest berichtigen.

Ausgleichungshaus, s. Clearing-house.

Ausgleichungsrechnung, die Ermittelung der wahrscheinlichsten Werte unbekannter Größen aus Beobachtungen, welche stets mit kleinen Fehlern behaftet sind. Mißt man z. B. die drei Winkel eines ebenen Dreiecks direkt, so wird ihre Summe nicht genau 180° betragen, wie es die Geometrie verlangt; man findet dann die wahrscheinlichsten Werte der drei Winkel, indem man den Unterschied der gefundenen Werte von 180° auf alle drei gleichmäßig verteilt. Im allgemeinen erfolgt die Ausgleichung der Beobachtungsfehler nach der sogen. Methode der kleinsten Quadrate (s. Wahrscheinlichkeit). Vgl. Gerling, Die Ausgleichungsrechnungen der praktischen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0114.jpg&oldid=- (Version vom 6.8.2022)