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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

angenehmen oder auffallenden Vorfall, worüber man dann auch die A. befragte. Da keine öffentliche Handlung ohne Auspizien (d. h. Beobachtung der genannten Zeichen) vorgenommen werden durfte, so war die Stellung der A. eine sehr wichtige und einflußreiche. Zwar waren sie insofern nicht ganz selbständig, als sie bloß auf Befehl eines Magistrats ihre Beobachtungen vornehmen konnten; indessen auch so hatten sie Gelegenheit genug, durch ihr Gutachten, z. B. bei Wahlen, in den Gang der Dinge einzugreifen. Es lag daher auch sehr nahe, daß (zumal in späterer Zeit) dieses Institut für Parteizwecke ausgebeutet und mißbraucht wurde. Für die einzelnen Funktionen, namentlich die Beobachtungen des Himmels, war ein genaues Zeremoniell in Bezug auf Zeit, Ort und die einzelnen einzuhaltenden Formalitäten vorgeschrieben. Die Zahl der A., welche ein geschlossenes Priesterkollegium bildeten, wird für die ältere Zeit verschieden angegeben, zu 4 oder 6; seit dem Ogulnischen Gesetz (300 v. Chr.) gab es 9 A., wovon 5 Plebejer sein konnten. Sulla erhöhte ihre Zahl auf 15, Cäsar auf 16; die Kaiser änderten die Zahl willkürlich. Die Wahl geschah ursprünglich durch Kooptation (d. h. Selbstergänzung) des Kollegiums, zur Zeit des Sulla eine Zeitlang durch das Volk, später durch die Kaiser. Im allgemeinen nahm man die A. aus den angesehensten und vornehmsten Familien. Als Auszeichnung trugen die A. die Trabea, ein altertümliches, purpurgestreiftes Gewand, und den Lituus, einen Krummstab ohne Knoten; auch waren ihnen die Einkünfte von gewissen Grundstücken zugewiesen. Das Amt war ein lebenslängliches. Ihr Amtslokal hieß auguraculum. Nachdem Institut und Disziplin der A. in früherer Zeit das höchste Ansehen genossen hatten, wurde seit der Aufklärung des 2. Jahrh. v. Chr. der Glaube daran bedeutend erschüttert, und wenn man auch von seiten der konservativen Partei alles anwandte, um das Institut aufrecht zu erhalten, so wurden die Auspizien doch mehr und mehr eine leere Formalität, welche nur für die Zwecke der politischen Parteien ausgebeutet wurde. Gleichwohl waren dieselben mit der ganzen römischen Religion und daher auch mit dem Staatsorganismus so eng verwachsen, daß sie erst mit dem Umsturz des römischen Staats- und Religionswesens aufhörten. Von den öffentlichen A. zu unterscheiden sind die sogen. Privataugurn, welche auf eigne Hand die Vorzeichen für Privatleute auslegten und, da auch im Privatleben nichts Wichtiges ohne solche Förmlichkeiten geschah, ein einträgliches Geschäft getrieben haben mögen.

Augúst (Erntemonat, Ährenmonat, lat. Augustus), der achte Monat im christlichen, der sechste im altrömischen Kalender, daher anfangs Sextilis genannt. Seinen jetzigen Namen erhielt er dem Kaiser Augustus zu Ehren, welcher in[WS 1] ihm besondere Glücksfälle erlebte. Im Mittelalter nannte man in Deutschland den Juli den ersten Augst und den A. den andern Augst. Die Sonne tritt im A. in das Zeichen der Jungfrau. Die mittlere Temperatur dieses Monats ist im mittlern Europa etwas niedriger als die des Juli. Nach Dove ist die Durchschnittswärme des Augusts in

Archangel +14,1° C. London +17,5° C.
Petersburg +15,0° - Amsterdam +18,5° -
Berlin +18,0° - Brüssel +18,0° -
Prag +20,3° - Paris +18,5° -
Wien +21,1° - Bordeaux +22,9° -
München +17,8° - Basel +18,4° -
Karlsruhe +19,3° - Mailand +23,1° -
Dublin +15,9° - Rom +24,3° -

Die mittlere Veränderlichkeit der Temperatur, d. h. der Mittelwert von allen in einem möglichst großen Zeitraum für den Monat vorgekommenen Abweichungen von der ihm zukommenden Mitteltemperatur, ist wenig verschieden von der des Juli, aber größer als im September; sie beträgt im nordöstlichen Europa 1,4, in den baltischen Ländern 1,3, in Deutschland 1,3, in Westeuropa 1,2, in England 0,9, in Italien 0,9° C.

August, männlicher Taufname, Verkürzung des lat. Augustus (franz. Auguste, engl. Augustus, ital. Augusto oder Agosto, span. Augusto). Bemerkenswerte Fürsten dieses Namens sind:

[Braunschweig.] 1) A. der jüngere, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, geb. 10. April 1579 zu Dannenberg, siebenter und jüngster Sohn des Herzogs Heinrich und der Prinzessin Ursula von Sachsen-Lauenburg, erhielt eine gelehrte Erziehung, studierte in Rostock und Tübingen bis 1599, wurde 1601 Domherr zu Straßburg, machte eine Reise durch Italien, Frankreich und England und lebte dann 30 Jahre in stiller Zurückgezogenheit auf dem Schloß in Hitzacker. Hier schrieb er unter dem Namen Gustavus Selenus (d. h. Augustus von Lunäburg) sein seiner Zeit berühmtes Werk „Das Schach- oder Königsspiel“ (Leipz. 1616) und die „Cryptomenyticae et Cryptographiae libri IX“ (Lüneb. 1624). Aus der Erbschaft des 1634 erloschenen mittlern Hauses Brandenburg-Wolfenbüttel fiel ihm 1635 das Fürstentum Wolfenbüttel zu. Doch konnte er erst 1643 dorthin übersiedeln, da es bis dahin noch von den Kaiserlichen besetzt war. Er nahm dahin auch seine in Hitzacker begründete Bibliothek mit, welche er bis auf 180,000 Bände, darunter wertvolle Handschriften, vermehrte, selbst mit großer Sorgfalt verwaltete, und von der er eigenhändig einen Katalog in fünf starken Foliobänden geschrieben hat. Um Hebung der Kirche, der Schule, des Rechtswesens, der Steuerverhältnisse erwarb er sich durch weise Verordnungen große Verdienste. Daneben trieb er seine gelehrten Studien fort und gab 1640 eine „Geschichte des Herrn Jesu“ und 1644 eine „Evangelische Kirchenharmonie, d. h. der Hochheiligen Schrift unterschiedene Texte und Worte“, welche sechs Auflagen erlebte, beide nach dem Urtext der Bibel gearbeitet, heraus. Auch der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ gehörte er an. Er war vermählt mit Klara Marie von Pommern, dann mit Dorothea von Anhalt-Zerbst, endlich mit Sophie Elisabeth von Mecklenburg. Er starb 17. Sept. 1666. A. ist Begründer der jüngern Wolfenbüttelschen Linie des Hauses Braunschweig. Vgl. Bethmann, Herzog A., der Gründer der Wolfenbütteler Bibliothek (Wolfenb. 1863).

[Erzstift Magdeburg.] 2) A., der 48. u. letzte Erzbischof und Administrator des Erzstifts Magdeburg, zweiter Sohn des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen und der Magdalena Sibylla, Tochter des Herzogs Albrecht Friedrich von Preußen, geb. 13. Aug. 1614 zu Dresden, ward schon in seinem 12. Jahr (1625) vom Domkapitel in Magdeburg zum Koadjutor des damaligen Administrators, Christian Wilhelms von Brandenburg, und nach dessen Ächtung und Absetzung 1628 zum Erzbischof gewählt und als solcher im Prager Frieden (20. Mai 1635) stillschweigend anerkannt. Aber erst 1638 gelangte A. zum ruhigen Besitz des Erzstifts. Am 23. Nov. 1647 vermählte er sich mit Anna Maria, Tochter des Herzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, die ihm 5 Söhne und 7 Töchter gebar. A. legte damals die erzbischöfliche Würde nieder und ließ sich zum Administrator des Erzstifts postulieren, dessen Besitz ihm, als im

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ihn
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0092.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2021)