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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

Rosenkränzen, hölzernen Löffeln etc.) selbst erwerben. Wissenschaftliche Studien treibt man auf dem A. nicht. Im Mittelalter waren zwar die Klöster der Hauptsitz griechischer Gelehrsamkeit und der Mittelpunkt christlich-byzantinischer Kunst, und die Mönche des A. gelten von jener Zeit her noch heute für die gelehrtesten im Orient, allein sie kennen kaum die Titel einiger ihrer Bücher. Die Zahl der Manuskripte der Klosterbibliotheken wird auf 13,000 geschätzt. Die Manuskripte sind meist theologischen Inhalts; für die klassische Philologie ist kaum ein Gewinn zu hoffen. Mehr Ausbeute versprechen die patristischen und kirchlichen Handschriften, die meiste aber die große Anzahl griechischer und slawischer Urkunden. Das Alter und die Schönheit einzelner dieser Schriftstücke, die mit den Bildnissen der Kaiser und Fürsten geschmückt und mit Siegeln in Gold, Blei, Wachs etc. versehen sind, macht sie teilweise zu den kostbarsten Kleinodien der Diplomatik und Paläographie. Auch besitzen die Kirchen einen großen Reichtum an zum Teil trefflichen Malereien, Schnitzereien, Fresken und allerlei Kunstsachen aus Gold, Silber, Elfenbein etc.

Geschichte der Athosklöster. Den Namen A. leiten die Alten gewöhnlich ab von dem Giganten Athos, der im Kampf mit den Göttern den Berg aus Thessalien hierher geschleudert haben soll. Ohne Zweifel war der A. schon in vorchristlicher Zeit ein Heiligtum der umliegenden Völker, dessen Bewohner von Spenden der Pilger lebten. Die Spitze des Bergkegels, wo heute das Kirchlein Mariä Himmelfahrt steht, krönte ein Kolossalbild des thrakischen Zeus, und in einem Tempel am Strand, wo jetzt die Abtei des Philotheos steht, feierte man jährlich ein großes Fest sämtlicher Athoniten, von dem die Lokaltradition bis auf diesen Tag sich erhalten hat. Christliche Eremiten traten auf dem A. zuerst um die Mitte des 9. Jahrh. auf, worauf um 880 Klöster erbaut wurden, welche den A. als ihr ausschließliches Eigentum erhielten, aber von den Einfällen der Araber und Sarazenen viel zu leiden hatten. Der eigentliche Begründer der Klosterkolonie wurde um 968 der Mönch Athanasios, welcher das Musterkloster St. Lavra erbaute. Byzantinische Mönchspraxis mit Handarbeit und Gebet, gemeinschaftlicher Mahlzeit und Unterwerfung aller unter den Willen eines einzigen gab der jungen Kolonie festen Halt. Seitdem erhoben sich unter Konstantin Monomachos (1042–54) neben Lavra andre Klöster im großen Stil, namentlich Xeropotamu und Vatopädi, neben einer Menge steingemauerter Klausen mit Kirche, Garten, Ackerfeld, Obstwald und eingefriedigtem Besitz, im ganzen über 180 selbständige Anlagen mit 700 Mönchen. Aus der Grasdachhütte und dem Zentralkirchlein ward nach und nach ein prachtvoller Tempel nebst Kloster, daneben die fortlaufende Marktgasse mit Kaufläden und Arbeitsschuppen, gepflasterte Nebengassen, Häuser, Kapellen, Gärten, die kleine Hauptstadt des A. Die Erbauung der 21 Großabteien, die man jetzt auf dem A. findet, fällt zwischen 970 und 1385; die jüngste ist St. Dionys. A. ward nach dem Verfall des griechischen Kaiserreichs das neue Jerusalem der Slawen und Rumänen, und alles, was der Klosterbund heute besitzt, stammt aus den Slawenländern an der Donau und aus Rußland. Von den 21 Großabteien sind Chilantari, Zographu, Simopetra, St. Paul, Xenophu und Russikon serbo-bulgarische Stiftungen, acht andre aber: St. Gregorin, Karakalu, Dochiarion, Kutlumusi, Xeropotamu, Pantokratoros, das trapezuntische St. Dionys und selbst das prachtvolle Lavra, Schöpfungen der Fürsten von Jassy und Bukarest. Keinen Anteil, weder an der Gründung noch an der Wiedererneuerung, haben die Slawowalachen nur an Iwiron, Protaton, Esphigmenu, Philotheu, Kastamonitu und Stavronikita. Was die innere Geschichte betrifft, so hießen die Einsiedler vor der Athanasianischen Reform Hesychasten (Ruhende), was das völlige Versunkensein des Geistes in Gott bezeichnen sollte, das man durch unverwandtes Anschauen von Brust und Nabelgegend zu erreichen meinte. Durch Bekämpfung dieser Schwärmerei erregte im 14. Jahrh. der lateinische Mönch Barlam einen heftigen Streit, der dadurch beendigt ward, daß ein Konzil in Konstantinopel das geheimnisvolle Licht, welches die Athosbewohner erblicken wollten, mit dem unerschaffenen Lichte des Bergs Tabor für identisch erklärte. Größere Gefahr drohte später dem Dogma der Athosmönche von innen heraus. Vorstand der Akademie von Vatopädi wurde um 1765 der gelehrte Korfiot Eugenius Bulgari. Er fand nur 7 Schüler vor, bald aber strömten solche aus der Türkei, aus Rußland und Italien herzu, so daß die Akademie bald gegen 200 Zöglinge in 170 Zellen zählte. Der freie philosophische Geist, den Bulgari vertrat, erweckte aber die Besorgnis der Athosmönche, die Bulgari endlich zwangen, seinen Posten zu verlassen. Mit ihm verloren sich auch die Zöglinge, das Institut verkümmerte und ward endlich als „gefährlich für Religion und Sittlichkeit“ durch ein Reskript des ökumenischen Patriarchen völlig aufgelöst. Vgl. Fallmerayer, Fragmente aus dem Orient (2. Aufl., Stuttg. 1877); Pischon, Die Mönchsrepublik auf A. (Raumers „Histor. Taschenbuch“ 1860); Gaß, Zur Geschichte der Athosklöster (Gieß. 1865); Langlois, Le mont A. (Par. 1866); Roßmann, Gastfahrten (Leipz. 1880); Lambros, Ein Besuch auf dem Berge A. (deutsch, Würzb. 1881).

Äthra, in der griech. Mythologie Tochter des Königs Pittheus von Trözen, als Gemahlin des Ägeus (nach andern durch Poseidon) Mutter des Theseus. Dieser hatte mit Hilfe des Peirithoos die Helena entführt und sie dann seiner Mutter zur Hut übergeben. Als darauf die Dioskuren zur Befreiung ihrer Schwester Helena auszogen, ward A. von denselben gefangen und begleitete als Sklavin die Helena nach Troja. Nach der Eroberung der Stadt wurde sie hier unter den kriegsgefangenen Sklavinnen von ihren Enkeln, den Söhnen des Theseus, Demophon und Akamas, erkannt und auf deren Bitten von der Helena freigegeben. Nach Hygin entleibte sie sich später aus Gram über den Tod ihrer Söhne. Ihre Geschichte ward von den griechischen Tragikern mehrfach bearbeitet. Verschieden von dieser Ä. ist die Okeanide Ä., die Gemahlin des Atlas und von ihm Mutter der Hyaden und des Hyas.

Äthrioskop (griech.), Art Aktinometer (s. d.), bei welchem die nächtliche Strahlung durch das Sinken eines Thermometers beobachtet wird, dessen Kugel mit schwarzer Wolle umwickelt ist und sich im Brennpunkt eines metallischen Hohlspiegels befindet.

Aethūsa L. (Gleiße), Gattung aus der Familie der Umbelliferen mit der einzigen Art A. cynapium L. (gemeine Gleiße, Gartenschierling, Hundspetersilie, s. Tafel „Giftpflanzen I“), mit spindelförmiger, faseriger, ästiger, weißer Wurzel, aufrechtem, rundem, gestreiftem, bereiftem, abwärts ästigem Stengel, im Umriß fast gleichseitig dreieckigen, oberseits dunkel-, unterseits heller grünen und besonders hier stark glänzenden, zwei- bis dreifach fiederteiligen Blättern, eiförmigen, fiederspaltigen Blättchen mit linealischen, spitzen Abschnitten, meist dreiblätterigen,

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 1015. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s1015.jpg&oldid=- (Version vom 14.5.2022)