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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

Holzhandel betreiben. Auch besitzt A. eine besonders gegen Rheumatismen wirksame jodhaltige Stahlquelle (Jordansbad). Die vom heil. Pirmin 734 gegründete Benediktinerabtei hatte umfangreiche Besitzungen, wurde 1803 säkularisiert und nebst der Stadt und dem Gebiet dem Fürsten von Leiningen als Entschädigung zugewiesen. Unfern der Stadt im Wald liegt Waldleiningen, die Sommerresidenz des Fürsten, und die schöne Schloßruine Wildenburg. Vgl. Hildenbrand, A. und der östliche Schwarzwald (Aschaffenb. 1883).

Amorces (franz., spr. amórs, Knallbriefe), zwei aufeinander geklebte Stückchen Seidenpapier, zwischen welchen sich etwas Zündmasse (chlorsaures Kali und roter Phosphor mit Gummischleim gemischt) befindet. Die A. detonieren durch Schlag oder Stoß ziemlich heftig und dienen als Munition für Kinderpistolen und Kinderkanonen, bisweilen auch als Zündmittel. A. à capsules, Zündhütchen.

Amoretten, Liebesgötter, s. Eros.

Amoretti, Carlo, ital. Gelehrter, geb. 1741 zu Oneglia, trat 1757 in den Augustinerorden, erhielt 1772, nachdem er Weltgeistlicher geworden war, die Professur des Kirchenrechts in Parma und wurde 1797 als Bibliothekar der Ambrosianischen Bibliothek nach Mailand berufen, wo er 1816 starb. A. hat sich besonders um die Mineralogie wie anderseits um die Paläographie und Kunstgeschichte verdient gemacht. Unter seinen Schriften sind die „Nuova scelta d’opuscoli interessanti sulle scienze e sulle arti“ (Mail. 1775–88, 27 Bde.), worin er von den wissenschaftlichen Fortschritten andrer Völker berichtete, ferner „Della rabdomanzia“ (das. 1808), „Elementi di elettricità animale“ (das. 1816), „Viaggio di Milano ai tre lagi“ (das. 1814) am geschätztesten. – Seine Nichte Maria Pellegrina A., geb. 1756, war eine namhafte Rechtskundige, erwarb sich 1777 zu Pavia die Doktorwürde und starb 1787.

Amorgos (Amurgó), eine der östlichen Cykladen im Ägeischen Meer, südöstlich von Naxos, 127 qkm (2,31 QM.) groß und von langgestreckter Gestalt, von einer hohen, kahlen Bergkette durchzogen, zum Teil bewaldet, hat 4000 Einw. Der Hauptort Kastron, mit ca. 2000 Einw., liegt amphitheatralisch um das alte Schloß der Herzöge des Archipels. Im Altertum ward auf A., dem Vaterland des Simonides, die fast durchsichtige amorgische Leinwand verfertigt. Reste der antiken Städte Minoa, Arkesine und Ägiale sind erhalten.

Amoriter, im Altertum ein mächtiger Volksstamm der Kanaaniter, der oft für diese überhaupt genannt wird. Sie wohnten nordostwärts vom Jordan am Jabok im S. bis zum Hermon im N. Im 13. Jahrh. v. Chr. unterwarfen sie die Moabiter, drangen über den Jordan vor, stürzten die Macht der Chetiter und eroberten das ganze Land Kanaan bis zum Meer. Doch wurde ihre Macht durch den Sieg der Hebräer unter Josua bei Gibeon gebrochen, und sie verschwanden als selbständiges Volk.

Amorōso (ital.), musikal. Vortragsbezeichnung: lieblich, zärtlich; als Substantiv auch s. v. w. Liebhaber, daher primo A., erster Liebhaber (auf dem Theater).

Amórph (griech., „formlos, ungestaltet“) heißt ein Körper, welcher auch in seinen kleinsten Teilen keine kristallinische Gestalt oder Textur zeigt. Manche Körper kennen wir nur im amorphen Zustand, andre nur im kristallinischen, viele in beiden Zuständen. Letztere erscheinen besonders dann amorph, wenn sie so schnell in die starre Aggregatform übergehen, daß die Moleküle nicht Zeit finden, sich regelmäßig zu ordnen. Indes können amorphe Körper, ohne den Aggregatzustand zu ändern, kristallinisch werden, und dieser Übergang in den kristallinischen Zustand ist stets von Wärmeentwickelung begleitet. Erwärmt man amorphes Selen auf 100°, so kristallisiert es, und dabei steigt das Thermometer auf 210–215°. Bisweilen wird hierbei Licht entwickelt, so z. B., wenn sich in einer Lösung von amorpher arseniger Säure Kristalle bilden. Amorphe Körper zeigen nach allen Richtungen hin gleiche Eigenschaften, z. B. Kohäsion, Härte, Wärmeleitungsfähigkeit, Lichtgeschwindigkeit, während kristallinische sich in diesen Beziehungen nach verschiedenen Richtungen ungleich verhalten, etc.; auch sind die kristallinischen Körper meist härter, spezifisch schwerer, widerstandsfähiger gegen chemische Einflüsse und schwerer schmelzbar. Dabei gehen sie bei einer bestimmten Temperatur plötzlich in den flüssigen Aggregatzustand über, während amorphe Körper häufig erweichen und allmählich flüssig werden. Nicht selten sind die Körper im amorphen Zustand anders gefärbt als im kristallinischen: amorphes Schwefelquecksilber ist schwarz, kristallinisches rot, amorpher Phosphor rot, kristallinischer gelb etc.

Amorpha L. (Unform, wegen der unvollständigen Schmetterlingsblüte so genannt), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, Sträucher mit unpaarig gefiederten, meist durchsichtig punktierten Blättern und kleinen, meist schmutzig violetten Blüten ohne Flügel und Kiel in dichten, endständigen Ähren. Mehrere Arten werden als Zierpflanzen kultiviert; am bekanntesten ist A. fruticosa L. (Bastardindigo), ein schöner Zierstrauch mit Blumen in 8–20 cm langen Ähren, aus Carolina und Florida, wird vom Wild nicht angerührt und hält unsre gewöhnlichen Winter sehr gut aus. Die Blätter liefern bei geeigneter Behandlung den sogen. Bastardindigo.

Amorphīe (griech.), Formlosigkeit, insbesondere Mißgestaltung eines organischen Körpers, Mißgeburt. Amorphismus, amorphe Struktur.

Amorphophallus Bl., Gattung aus der Familie der Araceen, Kräuter mit knolligem Wurzelstock, welcher nur ein einziges großes, dreiteiliges Laubblatt mit einfach oder doppelt fiederspaltigen Abschnitten und außerdem den langgestielten Blütenkolben entwickelt. Etwa 16 Arten, in Ostindien und den Sundainseln heimisch, von denen A. Rivieri Dur., mit 1 m großem Blatt, während des Sommers ins freie Land gepflanzt werden kann. A. Titanum Becc. (Conophallus Titanum Becc.), auf Sumatra, besitzt eine Knolle von 50 cm Durchmesser, einen 2–5 m hohen Blattstiel, und die Hauptabschnitte der Blattfläche sind 3 m lang. Der Kolbenstiel wird 1 m, der Kolben selbst 1,25 m und das die 70–80 cm lange Blütenscheide überragende nackte, kegelförmige Kolbenende 1,3 m lang.

Amorphus (griech.), Mißgeburt ohne erkennbare Organe.

Amortisation (v. franz. amortir, ertöten, auslöschen), ursprünglich der Übergang liegender Güter und Gefälle aus weltlichen Händen in geistliche, d. h. an die Kirche oder an eine milde Stiftung. Die Objekte wurden durch A. abgabenfrei und dem Verkehr entzogen; sie fielen „an die Tote Hand“. Der durch solche Zuwendungen an die Kirche im Mittelalter rasch fortschreitenden Bereicherung der Toten Hand steuerte zuerst Kaiser Karl V. durch die Bestimmung, daß zu jeder A. die Staatsgenehmigung erforderlich sei. Später wurde in den meisten europäischen Staaten auf gesetzlichem Weg viel amortisiertes Gut durch

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 497. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0497.jpg&oldid=- (Version vom 3.10.2022)