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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

von seiten des Anerben nicht alteriert werden; wie das Sprichwort sagt: „Die Alten werden mit dem Gut verkauft“. Dagegen erlischt der A. mit dem Tode des Leibzüchters. War derselbe beim Abschluß des Vertrags verheiratet, so behält seine überlebende Ehefrau die vorbehaltene Wohnung ganz, während sie in Ansehung der Naturalleistungen nur die Hälfte derselben beanspruchen kann. Vgl. Runde, Von der Leibzucht oder dem A. auf deutschen Bauerngütern (Oldenb. 1805); Puchta, Über die rechtliche Natur der bäuerlichen Gutsabtretung (Gieß. 1837).

Altenzaun, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Osterburg, nahe der Elbe, 4 km südlich von Sandau. Hier deckte Oberst York 26. Okt. 1806 mit preußischen Füsilieren und Jägern in längerm Gefecht den Übergang des Herzogs von Weimar über die Elbe bei Sandau gegen den nachdrängenden Marschall Soult.

Alter. 1) In der Physiologie bezeichnet das A. nicht nur die Zahl der verlebten Jahre, sondern auch den dieser Zahl entsprechenden Entwickelungszustand des Körpers und Geistes. Pythagoras nahm vier solcher Entwickelungsstufen (Lebensalter) an, jede zu 20 Jahren. Solon und Macrobius dachten sich das Leben in zehn Lebensalter geteilt, jedes zu sieben Jahren, eine Einteilung, die sich auf die alte Lehre von den Stufenjahren (anni cyclici oder climacterici) gründet, von denen jedes einen Zeitraum von sieben Jahren oder einen siebenjährigen Cyklus umfassen soll. Gewöhnlich wird das Leben in vier A. geteilt, nämlich in das Kindesalter (infantia), die Jugend (adolescentia), das Mannesalter (virilitas) und das Greisenalter (senectus). Jedes dieser A. zerfällt wieder in verschiedene Abschnitte: das Kindesalter nämlich in das Fötusleben, die frühere Kindheit und das Knabenalter; die Jugend erstreckt sich bis zur Beendigung des Wachstums; das Mannesalter begreift in sich das junge, reife und abnehmende, das Greisenalter aber das beginnende und das hohe A. Das Fötalleben legt der Mensch im Mutterleib zurück. Mit dem Tag der Geburt hat er bei normaler Dauer der Schwangerschaft diejenige Reife erlangt, um außerhalb des mütterlichen Organismus selbständig fortzuleben, Nahrungsmittel in sich aufzunehmen und zu assimilieren sowie zu atmen. Näheres s. Kind. Die erste Zeit nach der Geburt bringt das Kind größtenteils im Schlaf zu. Sein Leben beschränkt sich wesentlich auf den Fortgang der vegetativen Verrichtungen. Allmählich zeigen sich auch Spuren der Sinnesthätigkeit. Die willkürlichen Bewegungen sind ungeschickt, nur ganz allmählich lernt das Kind seine Muskeln in zweckmäßiger Weise gebrauchen. Das Herz arbeitet sehr lebhaft, durchschnittlich macht es 140 Schläge in der Minute. Mit dem Durchbruch der ersten Zähne wird das Säuglingsalter abgeschlossen, zum Kauen aber wird das Kind erst geschickt mit dem Eintritt der Backenzähne; dann erst erwacht das Bedürfnis, andre Nahrung zu sich zu nehmen als die Muttermilch. Mit dem Hervorbrechen der sogen. Milchzähne beginnt auch die regere Entwickelung des ganzen Knochensystems. Die Entwickelung der Muskeln hält mit der der Knochen gleichen Schritt, das Kind lernt seinen Kopf aufrecht halten und kann mit 5–6 Monaten aufrecht sitzen; bald versucht es auch zu kriechen, aber erst im 10. oder 11. Monat lernt es stehen und nach Verlauf des 1. Jahrs gehen. In der Zeit nach dem Durchbruch der ersten Zähne schreitet das Wachstum des Körpers, damit die Entwickelung des Skeletts und der Muskeln immer noch schnell vorwärts, doch nicht ganz so schnell wie im Säuglingsalter. Die Verdauungsorgane werden kräftiger, das Kind verträgt und verdaut bald jede Art von Nahrung. Die sinnlichen Wahrnehmungen werden schärfer und bestimmter, es zeigen sich die ersten intellektuellen Regungen, namentlich aber lernt das Kind, sobald es etwa 11/2 Jahr zurückgelegt hat, allmählich auch seine Sprachwerkzeuge gebrauchen. Die Grenze des frühern Kindes- und Knabenalters wird bezeichnet durch den Ausfall der Milchzähne und den beginnenden Durchbruch der bleibenden Zähne, der in das 7. Lebensjahr zu fallen pflegt. Im Knabenalter, welches bis zum Eintritt der Mannbarkeit dauert, tritt die runde Form des Körpers mehr zurück und wird schlanker; mit größerer Ausbildung der Knochen nehmen auch die Kraft und Gewandtheit der Bewegungsorgane zu; die Sprache bildet sich mehr und mehr aus, und der Gesang fängt an, sich zu entwickeln; die Geistesthätigkeit gewinnt eine bestimmtere Richtung; das unbewußte Auffassen der äußern Eindrücke verwandelt sich in ein beabsichtigtes Lernen; der Geist richtet sich mit Selbstbestimmung auf die Objekte und sucht sie sich anzueignen, unterstützt durch Neugierde und Wißbegierde, durch den Trieb, sich zu beschäftigen und es den Erwachsenen nachzuthun, wozu sich dann später auch die Freude am Wissen gesellt; der Verstand fängt an zu sondern, zu vergleichen, den Grund der Dinge zu erforschen; die Einbildungskraft schafft sich Ideale von Größe und Tapferkeit; das Ehrgefühl steigert sich, das Gedächtnis erreicht nach und nach einen immer höhern Grad, es erfaßt leicht und behält das Erfaßte für das ganze Leben, so daß in diesem A. die Grundlage für alles künftige Wissen gelegt wird. Infolge des schnellern Wachstums des Körpers steigert sich auch das Bedürfnis der Nahrungsaufnahme. Der Puls nimmt an Schnelligkeit ab und hat nur 80–90 Schläge in der Minute. Das Jünglingsalter reicht von der beginnenden Entwickelung der Zeugungskraft (Pubertät) bis zur Beendigung des Wachstums, also beim männlichen Geschlecht vom 17. bis zum 23., beim weiblichen vom 14. bis zum 20. Jahr. Das Wachstum geht im Anfang dieses Lebensalters meist schnell vorwärts und macht, besonders wenn es zuvor nicht bedeutend vorgerückt war, einen neuen Schuß, bisweilen 10–16 cm in einem Jahr. Das Aufhören des Wachstums tritt im 18., 20., selten im 23. Jahr ein. Die mittlere Größe beim männlichen Geschlecht beträgt dann 1,57–1,73 m, beim weiblichen 1,46–1,62 m, die mittlere Schwere aber 65 kg. Es nimmt in diesem Lebensalter die Größe des Körpers ungefähr um 26–31 cm, das Gewicht aber ungefähr um 30 kg zu. Kopf, Bauch und Extremitäten treten mehr zurück bei stärkerer Entwickelung der Brust, des Kehlkopfs und, namentlich beim weiblichen Geschlecht, des Beckens. Die Stimme erleidet eine Veränderung, und die Pubertät (s. d.) tritt auf. Mit diesen körperlichen Veränderungen gehen auch solche der psychischen Thätigkeiten einher. Gedächtnis, Verstand und Urteilskraft reifen mehr heran, besonders aber erlangt die produktive Einbildungskraft ein hohes Übergewicht. Das Mannesalter zerfällt in das junge, reife und höhere. Das erstere beginnt mit beendigtem Wachstum, gegen das 24. Jahr. Alle körperlichen Systeme stehen zu einander in einem vollkommenen Verhältnis, Aufnahme der Stoffe der Außenwelt und Abgabe an dieselbe treten mehr ins Gleichgewicht; das Wachstum in die Länge hat sein Ziel erreicht, dagegen nimmt der Körper mehr an Breite und Dicke zu. Das Zeugungsvermögen ist in

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0418.jpg&oldid=- (Version vom 21.4.2022)