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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

„Aus dem Jahr 1819“ (Hamb. 1861), „Aus der Vorzeit des Zollvereins“ (das. 1865), „Die Schlußakte der Wiener Ministerkonferenz“ (Berl. 1860), „Frei Schiff unter Feindes Flagge“ (mit Klauhold, Hamb. 1866) und gab mit Klauhold 1861–71 das „Staatsarchiv. Sammlung von Aktenstücken zur Geschichte der Gegenwart“ (fortgesetzt von Delbrück) heraus.

Ägidianische Konstitutionen (Egidianen), Verfassung für die päpstlichen Staaten, unter Innocenz VI. durch den Kardinal Ägidius Albornoz (s. d.) 1354 gegeben (s. Kirchenstaat).

Ägīdius a Columnis (Egidio de Colonna, nach seinem Geburtsort Rom auch Ägidius Romanus), Scholastiker, wegen seiner tiefen Gelehrsamkeit Doctor fundatissisimus genannt, Schüler des Thomas von Aquino, dann Erzieher Philipps des Schönen von Frankreich, ward 1296 Erzbischof von Bourges; starb 22. Sept. 1316. Er war einer der konsequentesten Realisten. Unter seinen zahlreichen Schriften findet sich auch eine Schutzschrift für Bonifacius VIII.

Agieren (lat.), wirken, handeln; als Schauspieler auftreten.

Agīl (lat.), flink, gewandt; Agilität, Flinkheit, Gewandtheit.

Agilità (ital., spr. adschi-), Beweglichkeit; con a., als musikal. Vortragsbezeichnung s. v. w. lebendig, behend, schnell.

Agilolfinger, ältestes bayr. Herzogsgeschlecht, als dessen Stammvater Agilolf, Heerführer und Verwandter des Frankenkönigs Chlodwig, genannt wird, und das in Bayern seit dem Verfall des Ostgotenreichs bis zur Einverleibung des Landes in das Frankenreich unter Tassilo II. (788) selbständig herrschte. S. Bayern (Geschichte).

Aegĭlops L. (Walch), Gattung aus der Familie der Gramineen, der Gattung Triticum sehr nahestehend, mit starkbauchigen, am abgestutzten Ende zwei- bis vierzähnigen, begrannten Hüllspelzen und bauchigen, gestutzten, zwei- bis dreizähnigen, begrannten Deckspelzen. A. ovata Gren. et Gods., in Südeuropa, verändert sich durch Kultur und geht in A. triticoides Reg. über (welche Art manche Botaniker für einen Bastard von A. ovata und Triticum vulgare, dem gemeinen Weizen, halten); fortgesetzte Kultur erzeugt aus A. triticoides das dem Weizen außerordentlich ähnliche, samenbeständige A. speltaeformis Jord. Fabre in Agde bei Montpellier erhielt nach zwölfjähriger Kultur wohl ausgebildete Ähren mit großen, mehlreichen Körnern.

Ägīna, zum griech. Nomos Attika gehörige Insel, südwestlich von Athen im Golf von Ä. (dem Saronischen Meerbusen der Alten) gelegen, 86 qkm (1,56 QM.) groß mit nur ca. 6000 Einw., gegenwärtig von keiner Bedeutung, im Altertum dagegen länger als ein Jahrhundert die erste Seemacht in den hellenischen Gewässern und zugleich durch Kunstthätigkeit und Industrie hervorragend. Die Insel hat eine dreieckige Gestalt, ist gebirgig (bis 534 m), jetzt gänzlich ohne Bewaldung und fast ohne fließendes Wasser; sie hat nur an der Westseite einige offene Reeden, im übrigen ist sie von zahlreichen Klippen umgeben und namentlich an der Ostseite fast ganz unzugänglich. Der Boden ist steinig und mager, zumeist aus Kalk bestehend, jedoch keineswegs unfruchtbar, sondern bei sorgsamer Behandlung für den Anbau von Gerste, Wein, Mandeln, Feigen und Öl wohlgeeignet; außerdem liefert er vortrefflichen Töpferthon und im N. gute Bausteine.

Die Insel, ursprünglich Önone genannt, erhielt nach der Sage den Namen Ä. von der gleichnamigen Tochter des Flußgottes Asopos, welche hier dem Zeus den Äakos gebar. Letzterer herrschte hier über das Geschlecht der achäischen Myrmidonen, die älteste Bevölkerung der Insel, welche der Sage nach bereits Schiffe zimmerte und mit Segeln versah. Später wurde Ä. von Epidauros aus durch Dorier besetzt und kolonisiert, und die junge Kolonie wetteiferte in Schiffahrt und Handel mit der Mutterstadt, bis sie sich um 550 v. Chr. vor deren Oberherrschaft befreite. Von nun an hob sich Ä. immer mächtiger und gelangte an Bevölkerungszahl, Macht und Reichtum zu einer fast beispiellosen Blüte, deren Höhe in die Zeit kurz vor den Perserkriegen fällt. Die Gesamtzahl ihrer damaligen Bevölkerung wird zu ½ Mill. (wovon über 400,000 Sklaven) angegeben. Der Handel ging besonders nach dem Peloponnes sowie nach den entlegenern Küsten des Ostens und Westens, namentlich nach Kreta und dem Pontus, von wo Ä. seinen Getreidebedarf bezog, und wo es auch eigne Kolonien angelegt hatte. Als Ausfuhrartikel lieferte die einheimische Industrie besonders Thon- und Erzwaren. Salben und allerlei Kurz- und Galanteriewaren, die weithin in hohem Ruf standen. Das älteste hellenische Münz-, Maß- und Gewichtssystem ging von Ä. aus, und seine Bewohner waren als schlaue und gewandte, wohl auch betrügerische Handelsleute allgemein bekannt. Indessen thaten sich die Ägineten auch auf andern Gebieten ruhmvoll hervor: mit den Athenern, mit welchen sie aus Handelseifersucht bereits einen Krieg geführt hatten, wetteiferten sie an Tapferkeit in den Schlachten gegen die Perser, gegen welche sie 80 Triëren aufstellten und in der Schlacht bei Salamis den ersten Preis der Tapferkeit errangen; in den Olympischen Spielen trugen die Söhne edler Geschlechter Äginas zahlreiche Siege davon, welche Pindar verherrlichte, und die bildende Kunst, insbesondere die Erzbildnerei, gedieh auf der Insel zu einer Vollendung, die wir noch jetzt bewundern (s. Äginetische Kunst). Nach den Perserkriegen sank A. in demselben Verhältnis, wie Athen stieg. Gegenseitige Eifersucht und Handelsneid weckten und nährten die Feindschaft zwischen beiden Nachbarstaaten, 458 erklärte Ä. mit Korinth und Epidauros Athen den Krieg, doch wurde es nach einem Seesieg der Athener bei Kekryphaleia eingeschlossen und 456 zur Unterwerfung gezwungen. Beim Beginn des Peloponnesischen Kriegs zwangen die Athener 429 die Einwohner, ihr Vaterland mit Weib und Kind zu verlassen und attischen Kolonisten Platz zu machen. Lysandros führte zwar nach Athens Demütigung 404 aus Thyreatis die zerstreuten Überreste der vertriebenen Ägineten zurück, aber die Insel erreichte kaum den Schatten ihrer frühern Macht wieder. Später wurde Ä. abwechselnd eine Beute der Makedonier, der Ätolier, des Attalos, bis es zuletzt unter römische Herrschaft kam.

Die alte gleichnamige Hauptstadt lag an der Westküste in einer breiten fruchtbaren Ebene ungefähr an der Stelle der heutigen Stadt Ä. (mit ca. 3000 Einw.), war aber von weit bedeutenderm Umfang als diese. Sie besaß außer einer offenen Reede zwei große künstliche Häfen, deren Molen noch jetzt wohlerhalten sind, und von denen der südlichere, an welchem Präsident Kapo d’Istrias einen neuen Molo anlegen ließ, noch heute im Gebrauch ist. Sonst zeugen nur wenige Säulenreste, eine Fülle von Scherben alter Thongefäße und zahlreiche in den Felsboden eingesenkte Grabkammern von der alten Stadt. Das bedeutendste Denkmal des alten Ä. sind die etwa

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0191.jpg&oldid=- (Version vom 30.10.2021)