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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

Harmattan. Wenn es auch in manchen Strichen zuweilen ein ganzes Jahr lang gar nicht regnet, so gibt es doch meist vereinzelte Gewitter, oft mit den heftigsten Regengüssen, und es sammeln sich daher selbst in dieser Zone Wasser in der Tiefe; ja, in langen Zwischenräumen füllen sich selbst vorübergehend die Betten von Regenbächen (Wadis), um aber bald wieder zu versiegen. Die Mittelmeerländer, einschließlich Unterägypten, gehören dem Gürtel des Winterregens an. Hier gibt es zwei Jahreszeiten, einen trocknen, regenfreien Sommer und einen gewitterreichen Regenwinter. Wie dieser Wechsel zusammenhängt mit der Windrichtung, zeigt uns Teneriffa. Vom Mai bis Oktober bringen die hier wie in allen Mittelmeerländern von Marokko bis Suez herrschenden trocknen Nordost- und Nordwinde (die Etesiae der Alten) Trockenheit; aber sowie die Sonne niedersinkt, sinkt auch der auf der Höhe des Piks fortdauernd wehende, aus der Äquatorialgegend kommende Südwestwind nieder und bringt vom November bis März Regen. In Südafrika hat man drei wesentlich verschiedene Regenzonen unterschieden: die Küstenzone mit sehr günstigen Regenverhältnissen, einen Gürtel der Tafelländer mit wenig Regenfall und der daraus resultierenden Austrocknung der Landschaften und einen dritten Gürtel zwischen 22 und 27° südl.[WS 1] Br., der in zwei Hälften zerfällt, eine östliche, das fruchtbare, regenreiche Transvaal umfassend, und eine westliche, die unwirtliche Kalahari bildend. Die afrikanischen Inseln haben fast alle Seeklima. Von den verderblichen kalten Schneestürmen im Atlasland erzählen die Winterfeldzüge der Franzosen in Algerien. Auf den Hochgebirgen Abessiniens fällt bis 2900 m Höhe bloß Regen, von da bis 4200 m Regen und Hagel und erst darüber Schnee, der nur in Vertiefungen einige Tage liegen bleibt, während der Pik von Teneriffa (über 3200 m) drei volle Monate in Schnee eingehüllt ist. In den Tropen trifft der Frost in die trockne Zeit; aber im Großnamaqualand ist dickes Eis vom Mai bis Juli etwas Gewöhnliches, ebenso kommt auf dem Plateau des Damalands bis zum Tschobe, selbst auf der Ebene noch Frost vor. Im Innern des Kaplands treten ebenfalls oft heftiger Frost und Schnee ein, ewigen Schnee aber kennt man nur auf den Hochgipfeln des Kenia und Kilima Ndscharo.

Pflanzenwelt.

Die Flora Afrikas läßt sich in fünf Reiche einteilen: 1) die Flora der Mittelmeerländer (Atlasländer, Barka, Unterägypten); 2) jene des Wüstengebiets der Sahara; 3) die des Sudân, bis 20° südl. Br.; 4) die Flora der Kalahari und 5) jene der Südspitze Afrikas oder die Kapflora. Die Flora der Mittelmeerländer bietet in Bezug auf ihre Pflanzendecke die größte Ähnlichkeit mit der Pyrenäischen Halbinsel. Namentlich bemerkt man eine auffällige Ähnlichkeit zwischen der Flora Algeriens und Andalusiens, jener der Regionen des Atlas mit denen der Sierra Nevada. In Unterägypten ist durch Anbau fast die ganze einheimische Flora verdrängt. Soweit der Winterregen, der mit trocknem Sommer wechselt, herrscht, finden wir diese Flora mit ihren duftenden Lippengewächsen (Lavendel, Majoran, Rosmarin etc.), ihren Nelken, borretschartigen Pflanzen, den schön blühenden Zistrosen etc. Zahlreiche Zwiebelgewächse, vor allen aber der alle Brachäcker überwuchernde und auch über den nördlichen Teil der tropischen Zone weitverbreitete Affodill charakterisieren vorzüglich diese Flora. Von Palmen überwuchert die Zwergpalme als lästiges Unkraut das Land, während die Dattelpalme an der Küste wie in den tiefern Thälern des Innern als Fruchtbaum gepflanzt wird. Immergrüne Holzgewächse bilden vorherrschend Wald und Busch; die mit Blattfall im Winter treten zurück. Der Lorbeer, die Myrte, der Buchsbaum, der Erdbeerbaum, die Terebinthe, worunter die treffliches Holz liefernde Pistacia atlantica, der Kreuzdorn (Rhamneen), hohe Heiden- und Ginsterarten, Sumach, im feuchten Sande Tamarisken bilden mit den vorherrschenden strauch- und baumartigen immergrünen Eichen (Kermes-, Stein-, Korkeichen) den Strauch- und selbst den Hochwald (Korkeiche), der freilich, durch Waldbrand vielfach verwüstet, in großen Landstrichen vernichtet ist. Von Nadelhölzern treten die Aleppofichte, die Pinie, auf den höhern Lagen des Atlas selbst die Weißtanne und in ganzen Waldungen die edle Zeder auf. Weitverbreitet sind der Wacholderstrauch und der Weihrauchbaum, der im Hohen Atlas ganze Bestände bildet. Eine Europa ganz fremde Erscheinung ist aber der vielverbreitete Sandarachstrauch. An den Bächen blüht der Oleander. Dazu gesellen sich Bäume unsrer gemäßigten Zone: die Walnuß, die Esche, der Weißdorn, auf den höchsten Gipfeln echte Alpenpflanzen. Barka, Westtunis, das gebirgige Algerien, der Rif, der Hohe Atlas besitzen noch Wälder. Im südlichsten Atlas führt der ölreiche Arganbaum (Elaeodendron Argan) zu den Formen der Tropenzone über. Dazu gesellen sich zahlreiche angepflanzte Bäume, insbesondere Fruchtbäume: die Platane, der Ölbaum, der Mandel-, der Feigen- und der Pfirsichbaum, in Ägypten die große schattige Sykomore, verschiedene Südfrüchte, selbst unser Kernobst und vor allem auch der Weinstock; in Ägypten noch tropische Fruchtbäume. A. war die Getreidekammer Roms; Weizen und Gerste sind auch gegenwärtig die wichtigsten Getreidearten, die fast ohne Pflege gedeihen. Mais und Durra werden als Sommergetreide gebaut, seltener Reis. Von großer Ausdehnung ist der Bau der Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Erbsen) und der Zwiebeln. Baumwolle liefert Ägypten zur Ausfuhr. Unter den Farbepflanzen benutzt der Eingeborne die Henna (Lawsonia inermis); Safflor, Krapp und Safran (Tripolis) werden ausgeführt; den Indigo zieht man nur an der Südgrenze der Sahara und in Ägypten, ebenda von Ölpflanzen den Sesam und um des Opiums willen den Mohn. Tripolis und Algerien liefern viel Alfa (Stipa tenacissima), das, ursprünglich wild wachsend, jetzt auch kultiviert wird. Der Anbau beschränkt sich aber bei der Trockenheit der Sommer des Westens auf die bewässerten oder vom Winterregen überschwemmten Stellen. Am Strand und auf Salzboden im Innern herrschen zahlreiche Sodapflanzen.

Die Wüstenflora ist der Mittelmeerflora gegenüber ärmlich und bietet vornehmlich Pflanzen mit starker Behaarung (Dornsträucher). Fast alle Pflanzen der Sahara suchen sich in die Thäler zu flüchten; die Hauptbestandteile der Vegetation bilden große Büsche von Zizyphus und Ginster, eine kriechende Capparis und Gräser in einzelnen Büscheln. Auf den öden Hamadas kann man oft tagelang reisen, ohne einen Baum, zur Sommerszeit, ohne überhaupt eine frische Pflanze zu finden außer der spärlichen Vegetation, die sich in den Einsenkungen erhält und dem Kamel ein dürftiges Futter liefert. Die Alfa, der Kameldorn oder Mannaklee sind die Hauptfutterpflanzen; außerdem Ginster, Astragaleen,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: nördl.
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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0159.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)