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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

eine Eisenbahn verbunden, nach dem Abzug der Engländer aber wieder verlassen wurde.

Adullam, alte kanaanit. Stadt, im Gebiet des Stammes Juda, bekannt durch die Höhlen in ihrer Nähe, in deren einer sich der Sage nach David mit seinem Anhang verbarg, um den Nachstellungen Sauls zu entgehen. Nach der Tradition sind es die Höhlen bei Chareitûn unweit Bethlehem. Adullamiten war in England 1866 während der Debatten über die Reformbill der Spitzname einer kleinen Anzahl Mißvergnügter der liberalen Partei (darunter Lord Elcho, Robert Lowe etc.), welche in wesentlichen Punkten der Bill mit den Konservativen stimmten und dadurch den Sturz des Ministeriums Russell-Gladstone herbeiführten.

Adulter (lat.), Ehebrecher; Adultĕra, Ehebrecherin; adulterieren, ehebrechen, verfälschen; Adulteration, Verfälschung; Adulterium, Ehebruch; Adulterinus, im Ehebruch erzeugtes Kind.

Adultus (lat.), erwachsen.

Adumbration (lat.), Skizze, Entwurf.

Ad unum omnes (lat.), alle ohne Ausnahme.

A dur (ital. La maggiore, franz. La majeur, engl. A major), in der Musik s. v. w. A mit großer Terz; A dur-Akkord = a cis e; A dur-Tonart, mit drei vorgezeichneten Kreuzen, s. Tonart.

Adustion (lat.), das Brennen, Beizen.

Advaita (sanskr.), Nichtdualismus, Monismus, eine philosophische Schule Indiens, von Sankarâdschârya gegründet, der um Mitte des 8. Jahrh. n. Chr. in Südindien wirkte. Ihre Hauptlehre ist, daß die menschliche Seele nicht verschieden von Gott, der Körper zeitweise ihr Gefängnis ist und dieselbe bei dem Tod zur (unpersönlichen) Gottheit zurückkehrt. Das A. ist eine Fortbildung des Wedantasystems (s. d.) und vielfach erörtert in Werken der drei südindischen Sprachen: Tamil, Telugu, Kanaresisch.

Ad valōrem (lat.), d. h. nach dem Wert. Ad valorem-Zölle, nach dem Wert bemessene Zölle, besonders in Nordamerika üblich.

Ad valvas curiae (lat.), an den Rathausthüren (nämlich anzuschlagende Bekanntmachung).

Advént (lat., „Ankunft“), die Vorbereitungszeit auf die Weihnachtsfeier, ursprünglich, gleich der auf Ostern, eine Fastenzeit; daher noch jetzt das Verbot der Trauungen und lauten Lustbarkeiten in der katholischen Kirche. Die erste Spur der Feier der Adventszeit findet sich im 6. Jahrh. Die griechische Kirche dehnt die Feier auf 40 Tage aus, während die lateinische nur vier Adventsonntage hat, von denen der erste als Anfang des Kirchenjahrs gilt.

Adventisten, eine religiöse Sekte in den Vereinigten Staaten von Amerika und auch in England, welche an ein in nächster Zeit kommendes tausendjähriges Reich glauben, das mit Christi Wiederkunft in sichtbarer Gestalt beginnen soll (vgl. Chiliasmus). Der Gründer derselben ist William Miller, der von 1831 ab in den nordamerikanischen Staaten New York, Massachusetts, Maine u. a. eine große Zahl von Anhängern um sich scharte (daher auch Millerites genannt) und den Untergang der Welt zuerst für März 1843, dann 1844 vorhersagte. Obwohl die Mehrzahl seiner Gläubigen ihn verließ, so wußte er doch eine ansehnliche Zahl zurückzuhalten und neu zu organisieren; indes konnte er es nicht verhindern, daß eine Spaltung eintrat. Die A. zerfallen jetzt in Evangelical Adventists, Second-Advent Christians, Seventh Day Adventists, Life and Advent Union und Age to come Adventists, welche nur in einigen Punkten ihres religiösen Bekenntnisses voneinander abweichen, wie z. B. über die Auferstehung der Bösen, über Unsterblichkeit u. a. Die Zahl der Anhänger Millers ist nach seinem Tod (1849) fortwährend gestiegen und wird durch den Zensus von 1880 auf 90,079 mit 746 Predigern angegeben. Jede der oben aufgeführten Abteilungen unterhält wenigstens eine periodische Zeitschrift, auch sonst ist die publizistische Thätigkeit der A. eine sehr rege. Für die Gründung von Schulen haben nur die Seventh Day Adventists etwas gethan, ihre Kirchen besitzen sehr wenig Eigentum, ihre Prediger finden ihren Lebensunterhalt fast ausschließlich außerhalb ihres geistlichen Berufs. Ihre Organisation ist danach mit wenig Ausnahmen eine ziemlich lose.

Adverbium (lat.), Umstandswort, Bestimmungswort, wörtlich „der beim Verbum stehende Redeteil“, der die Bedeutung desselben näher bestimmt. Der Name A. ist eine Übersetzung der von den alexandrinischen Grammatikern des Altertums herrührenden Bezeichnung Epirrhema. Das A. kann nicht dekliniert werden und wird in die Unterarten: Adverbien des Orts (hier, da), der Zeit (dann), der Qualität oder Modalität (wie, so, rasch) und der Zahl (zweimal) zerlegt. Ihrer Entstehung nach sind, wie die vergleichende Sprachwissenschaft gelehrt hat, fast alle Adverbien ursprünglich Kasus von Substantiven gewesen, die aber nicht mehr als solche empfunden werden; noch jetzt kommen im Deutschen solche Kasus, wie „wunderbarerweise“, „fröhlichen Sinnes“, „eilends“, vor, welche ganz die Bedeutung von Adverbien angenommen haben.

Adversārien (lat.), bei den Römern s. v. w. Kladde, Brouillon; auch ein Konzeptbuch, insbesondere (seit dem 15. Jahrh.) eine Sammlung zu späterer Benutzung aufgezeichneter Notizen über Gegenstände der Grammatik, Philosophie etc.

Adversārius (lat.), Gegner, Widersacher; Adversative, Entgegensetzung; Adversität, Widerwärtigkeit, Unfall.

Advocati ecclesiae (Defensores, Actores ecclesiae, lat.), ehedem die Anwalte der Kirchen und geistlichen Stiftungen. Ihnen lag die Vertretung der Gerechtsame der betreffenden Kirche, die Führung ihrer Prozesse, die Beschützung der zur Kirche gehörigen Armen und Jungfrauen und die Aufsicht über die Güter und Revenuen der Kirche ob. Als später die Kirchen des bewaffneten Schutzes bedurften, gewährten sie auch diesen und wurden also Schirmvögte und Schutzherren derselben, daher sie meist aus benachbarten angesehenen Rittern genommen wurden. Selbst die deutschen Kaiser sahen es als hohe Ehre an, oberste Schirmherren der Kirche zu sein, daher unter allen ihren Titeln der des advocatus ecclesiae voranstand.

Advocatus diabŏli (lat.), der Name dessen, der beim Kanonisationsverfahren im Namen des Teufels Einsprache gegen die vom sogen. Advokaten des Himmels befürwortete Aufnahme eines Verstorbenen in das Verzeichnis der Seligen erhebt. S. Kanonisation.

Advokat (lat.), Rechtsbeistand, Sachwalter, früher auch Vor- und Fürsprecher genannt; eigentlich derjenige, welcher neben einer Partei vor Gericht auftritt, im Gegensatz zum Prokurator oder Anwalt, dem bevollmächtigten Stellvertreter einer Partei. Man pflegt jedoch gegenwärtig diesen Unterschied kaum noch zu beachten und gebraucht die Ausdrücke A. und Anwalt zumeist als gleichbedeutend, indem man unter A. einen Rechtsgelehrten versteht, welcher neben oder anstatt einer Partei vor Gericht auftritt,

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0135.jpg&oldid=- (Version vom 29.10.2021)