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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

Münsterberg, Über Aufgaben und Methoden der P. (Leipz. 1891).

Psychologische Gesellschaften sind in den letzten Jahren mehrfach gegründet worden. Ihr Arbeitsgebiet umfaßt nicht die gesamte Wissenschaft von den seelischen Vorgängen, sondern nur einen schwer zu beschreibenden und schlecht zu umgrenzenden Teil der Gesamtpsychologie, nämlich den, der sich mit den ungewöhnlichen Erscheinungen des Seelenlebens beschäftigt und sein Musterbeispiel im Hypnotismus hat. An diesem Teile sind nicht nur die Psychologen, sondern auch Ärzte und Juristen interessiert und alle diejenigen, welche dem bis in das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrh. fortwuchernden Aberglauben (Spiritismus u. dgl.) entgegentreten wollen. Vornehmlich Mitglieder der psychologischen Gesellschaften waren es, die sich 1889 beim internationalen Kongreß für physiologische Psychologie zusammenfanden, und die sich 1892 zu einer zweiten Versammlung vereinigen wollen. Die älteste der bestehenden Gesellschaften ist die 1882 gegründete Londoner Society for Psychical Research. An der Spitze dieser 700 Mitglieder zählenden Gesellschaft steht Professor Henry Sidgwick in Cambridge. Die Gesellschaft hat die besten Untersuchungen über das streitige Gebiet der Telepathie und über Halluzinationen (s. d.) veröffentlicht; sie hat sich aber auch durch sorgfältige Experimentalarbeiten um die Theorie der Hypnose und durch umfassende Recherchen um die Bloßlegung des theosophischen Schwindels verdient gemacht. In engster Fühlung mit ihr steht die American Society for Psychical Research, deren Generalsekretär, Rich. Hodgson, in Boston seinen Sitz hat. In Paris ist 1884 durch den Professor der Physiologie Ch. Richet und durch den Neuropathologen Charcot eine Société de psychologie physiologique gegründet worden, deren Bulletins hauptsächlich von hypnotischen Phänomenen, ja sogar von Fällen eines Fernsehens u. dgl. berichten. Als Ergänzung der Bulletins dienen die von Dariex geleiteten „Annales de science psychique“, indem sie das im Auslande veröffentlichte einschlägige Material zusammenstellen und eine kritische Bücherschau enthalten. Rußlands psychologische Gesellschaft (Präsident Professor Nicolas Grot in Moskau) ist litterarisch ungemein thätig und hat den Rahmen ihres Arbeitsgebietes am weitesten gespannt. Sie gibt eine Vierteljahrsschrift und außerdem von Zeit zu Zeit starke Sammelbände heraus. In Deutschland ist die seit 1886 zu München bestehende Psychologische Gesellschaft die älteste. Unter v. Schrencks Ägide hat sie sich in wahrhaft wissenschaftlichem Sinne bethätigt, während eine von ihr abgezweigte kleinere Vereinigung aus einer Gruppe von Männern zusammengesetzt ist, die an ein magnetisches Agens neben der Suggestion, an die von der Medizin geleugneten somnambulen Fähigkeiten und an Spiritismus in der eigentlichen Bedeutung des Wortes glauben. Ganz im Sinne der ältern Münchener Gesellschaft arbeitet die Gesellschaft für Experimentalpsychologie zu Berlin. Daher haben sich 1891 beide Vereine zu einer Gesellschaft für psychologische Forschung zusammengethan, welche in Fortsetzung eines früher von der Berliner Sektion allein geführten Unternehmens eine Reihe von Schriften (redigiert von v. Schrenck und Dessoir) herausgibt.

Puffer, hydraulische, s. Eisenbahnbetrieb, S. 217.

Pulver zum Betrieb von Motoren (s. d.).

Pumpen. Seit kurzem wird von der Maschinen- und Armaturenfabrik vormals Klein, Schanzlin u. Becker in Frankenthal eine Verbunddampfpumpe mit nur einem Schieber in den Verkehr gebracht, welche sich durch große Leistungsfähigkeit, einen geräuschlosen, ruhigen Gang und geringen Dampfverbrauch auszeichnen soll. Die Pumpe besteht aus zwei nebeneinander angeordneten einfach wirkenden Pumpencylindern, über denen zwei Dampfcylinder angebracht sind. Die Kolben der P. sind mit denen der Dampfcylinder durch Kolbenstangen verbunden und bewegen sich mit ihnen zugleich hin und her, jedoch so, daß, wenn das eine Kolbenpaar aufwärts geht, das andre hinabsteigt. Diese Gegenbewegung wird durch Einschaltung einer doppelt gekröpften Schwungradwelle, deren Kurbelzapfen gegeneinander um 180° versetzt sind, erreicht. Die Dampfcylinder sind nach dem Verbundsystem eingerichtet, d. h. nur der eine (kleinere) wird mit Kesseldampf gespeist, während der andre (größere) die Expansion des in jenem wirksam gewesenen Dampfes ausnutzt. Derartige Dampfcylinder werden sonst mittels zweier gesonderter Schieber gesteuert. Da die Kolben der beiden Dampfcylinder vollkommen gegenläufig sind,

Fig. 1. Fig. 2.
 Längsschnitt.  Ansicht des Schieber-
spiegels.
Fig. 3. Fig. 4.
Querschnitt. Schieber.
Verbunddampfpumpe mit einem Schieber von Klein, Schanzlin u. Becker.

so wechseln sie stets zu derselben Zeit den Hub, der große oben, wenn der kleine unten steht, und umgekehrt. Man kann daher die beiden Schieber durch ein einziges Exzenter bewegen, wenn man dafür sorgt, daß der eine den wirksamen Dampf oben einläßt und den verbrauchten unten abziehen läßt, wenn der andre unten auf Eintritt und oben auf Austritt steht und umgekehrt. Man kann daher auch beide Schieber zu einem Verbundschieber vereinigen und den Abdampf des kleinen Schiebers im Rücken des Verbundschiebers nach dem großen Schieber übertreten lassen, und das geschieht bei der vorliegenden Ausführung. Der kleine Schieber hat dabei eine Höhlung oder Muschel für den Austritt des Dampfes nicht nötig. Der Schieberkasten ist auf die Seite des großen Cylinders verlegt, woraus sich ergibt, daß die Dampfkanäle nach dem kleinen Cylinder hin über den großen Cylinder hinweggeführt werden. Hierdurch wird jedoch ein schädlicher Raum nicht geschaffen, da der Dampf in den Kanälen gemeinschaftlich mit dem Abdampf des kleinen Cylinders nach

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 753. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0767.jpg&oldid=- (Version vom 28.1.2022)