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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

bei Nebel, Regen etc., Artikel 16 die Ermäßigung der Fahrgeschwindigkeit bei Nebel etc., Artikel 17–27 enthalten die Steuer- und Segelregeln. Letztern ist als Einleitung vorangesetzt: „Die Gefahr des Zusammenstoßens kann, wenn die Umstände es gestatten, erkannt werden durch sorgfältiges Überwachen der Kompaßpeilung eines sich nähernden Fahrzeuges. Wenn die Peilung nicht merklich ändert, so ist anzunehmen, daß eine Gefahr des Zusammenstoßens besteht.“ Artikel 28 setzt die Schallsignale für Fahrzeuge fest, welche einander in Sicht haben. Die Regeln, welche für die Schiffahrt in Häfen, auf Flüssen oder in Binnengewässern von den örtlichen Behörden gegeben sind, bleiben unbeeinflußt in Kraft. Artikel 31 endlich enthält Festsetzungen über Notsignale bei Tag und bei Nacht. Ein Anhang enthält wichtige Beschlüsse über die Lichtstärke aller Lichter, die Einrichtung der Laternen (Glühlichter sind gestattet, Bogenlichter einstweilen ausgeschlossen), die Wirksamkeit der Dampfpfeifen, Sirenen, Nebelhörner und Glocken. Diese Bestimmungen sind sehr wichtig, da angestellte Ermittelungen ergaben, daß von den farbigen Seitenlichtern der Kauffahrteischiffe (jedes Schiff hat am Steuerbord ein grünes, am Backbord ein rotes Seitenlicht und jeder Dampfer mindestens 6 m über dem Schiffsrumpf am Mast oder Schornstein ein weißes Topplicht zu führen) 75 Proz. nicht die gesetzlich vorgeschriebene Sichtweite von 2 Seemeilen = 3704 m besaßen. Die deutsche Seeberufsgenossenschaft hat deshalb angeordnet, daß vom 1. April 1891 ab alle Seiten- und Topplichter mit einem Tauglichkeitsattest der Deutschen Seewarte, welche alle Laternen prüft, versehen sein müssen.

Im wesentlichen enthalten die Beschlüsse der M. keine Bestimmungen, die nicht in einzelnen Seestaaten bereits gesetzlich bestehen; aber ihre Verschiedenheit legte in Rücksicht darauf, daß das Recht, die See zu befahren, international ist, den Wunsch nahe, die Ausübung dieses Rechtes im Interesse aller durch eine Straßenordnung international zu regeln; daher ist diese mit Recht als der wichtigste Gegenstand von der M. zunächst erledigt worden, weil er die Vermeidung von Zusammenstößen auf See bezweckt. Ausweich- und Kursregeln zur See waren so lange, als die See allein von Segelschiffen befahren wurde, von geringer Bedeutung gegenüber den sonstigen Gefahren der Seeschiffahrt, erst nach Einführung der Dampfschiffe machte sich deren gesetzliche Regelung notwendig. In England begann man ihre Prüfung bereits Anfang der 30er Jahre, deren Ergebnis ein Erlaß des Trinityhauses vom 30. Okt. 1840 war, wonach alle Dampfer gezwungen wurden, sobald bei sich kreuzenden Kursen von Schiffen Gefahr des Zusammenstoßes entstände, das Ruder Backbord zu legen, d. h. den Bug des Schiffes rechts zu drehen, also rechts auszuweichen. Diese Bestimmung wurde 1854 nach Vereinbarung Englands und Frankreichs mit einem neuen Reglement über die Signalisierung zur Vermeidung von Seeunfällen durch Zusammenstoß von Schiffen, auch für Segelschiffe, verbindlich bis 1863. In diesem Jahre erschienen nach mehrjährigen gemeinsamen Beratungen der englischen und französischen Seebehörden „Verordnungen zur Verhütung des Zusammenstoßes der Schiffe auf See“, welche von den meisten Seestaaten angenommen und daher zu einem internationalen Gesetz wurden, und welche noch heute die Grundlage der in den Einzelstaaten bestehenden Verordnungen über die Seeschiffahrt bilden, in Deutschland sowohl als in Österreich. Hier war bereits 1852 eine Vorschrift über die Signalgebung bei Nebel und des Nachts gegeben, welche 1859 erweitert und 1863 durch Annahme der erwähnten englisch-französischen ersetzt wurde. Später wurden genauere Vorschriften über Einrichtung der Signalmittel, namentlich der Positionslaternen (Seiten- und Topplichter) gegeben, als die Zunahme der Dampfschiffahrt solche nötig machte, so daß die Beschlüsse der M. von dem englischen Reglement von 1880 nicht wesentlich abweichen. Den Wert einer internationalen Straßenordnung zur See, welche die Sonderbestimmungen der Einzelstaaten auf deren Häfen und Binnengewässer beschränkt, liegt auf der Hand, und ihr Zustandekommen innerhalb des Rahmens rein seemännischer Maßregeln ist wohl zu erwarten. Die M. hat ihre Beschlußfassung hierauf beschränkt und das Gebiet des Seerechts im engern Sinn, auf welchem eine internationale Verständigung erfahrungsgemäß einstweilen als ausgeschlossen zu betrachten ist, nicht betreten. Vgl. „Protocols of Proceedings of the International Marine Conference, held in Washington, Oct. 16 to Dec. 31, 1889“. (Washingt. 1890); Wislicenus, Ergebnisse der internationalen M. zu Washington und ihre Bedeutung für Deutschlands Seewesen (Leipz. 1891); Banaré, Les collisions en mer (in der „Revue maritime et coloniale“ 1888 u. 1889).

Maritime wissenschaftliche Expeditionen. Zur Erforschung der Ozeane ist in den letzten Jahren eine Reihe von erfolgreichen größern oder kleinern Unternehmungen ausgeführt, durch welche die bisher erhaltenen Resultate und Kenntnisse auf dem Gebiete der Meereskunde wesentlich vervollständigt und vermehrt worden sind. Wir geben nachstehend im Anschluß an die im 11. Band (S. 256–258) dieses Lexikons enthaltene Zusammenstellung und in chronologischer Reihenfolge eine Übersicht über die wichtigsten dieser Expeditionen. Die amerikanischen Schiffe Albatroß, Enterprise und Blake haben ihre frühern Forschungsreisen fortgesetzt und zwar:

Albatroß, unter Commander Tanner, 1885 und 1886 im Golfe von Mexiko und an der Ostküste der Vereinigten Staaten von Nordamerika, von Neuschottland und Neufundland, 1887–90 im Südatlantischen und im Stillen Ozean längs der ganzen Westküste von Amerika.

Enterprise, unter Commander A. S. Barker, hat Ende 1885 auf der Fahrt von Neuseeland nach der Magelhaensstraße im südlichen Stillen Ozean eine Reihe Tiefseebeobachtungen ausgeführt, die von besonderm Interesse sind, da sie bis zu einer verhältnismäßig hohen Breite und bis nahe an die Eisgrenze heranreichen. Die Linie läuft parallel mit den 1875 von der Gazelle und Challenger in diesem Ozean gewonnenen Linien, fällt jedoch südlicher, zwischen 45 und 50° südl. Br. Im folgenden Jahre setzte das Schiff seine Forschungen im Atlantischen Ozean fort und zwar von Montevideo ausgehend in nordöstlicher und ostnordöstlicher Richtung bis auf ca. 30° südl. Br. und 28° westl. L., sodann in fast nordsüdlicher Richtung das brasilische Becken durchschneidend, die Insel Trinidad auf ungefähr 120 Seemeilen im O. passierend, sich nach NW. wendend, Kap St. Roque auf 150 Seemeilen Entfernung passierend und von hier auf Barbados zulaufend; von den Antillen wurden die Beobachtungen fortgesetzt in einer Linie St. Thomas-Kap Hatteras. Auf der letztern Strecke wurden 80 Seemeilen nördlich von Puerto Rico in 19°53′ nördl. Br. und 65°45′ westl. L. 8262 m Tiefe gelotet, nächst der von der Blake nicht weit davon entfernt gefundenen Tiefe von 8341 m die größte bisher im Atlantischen Ozean konstatierte Meerestiefe.

Blake führte unter Kommando des Leutnants J. E. Pillsbury 1888 eine Reihe von Lotungen im Atlantischen Ozean bei den Antillen aus.

Bruat, französisches Schiff unter Schiffsleutnant Marquis, stellte 1884 ausgedehntere Lotungen zwischen der Nordwestküste von Neukaledonien und Kap Sandy an der Ostküste Australiens an.

L’Hirondelle, Jacht des Fürsten Albert von Monaco. Mit diesem Fahrzeug unternahm der Genannte 1885, 1886 und 1887 der Meeresforschung gewidmete Expeditionen im Nordatlantischen
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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 600. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0614.jpg&oldid=- (Version vom 24.4.2022)