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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 18

Seewasser des Salzgehalts halber nicht brauchbar ist. Schiffshospitäler fehlen auf keinem Auswandererschiff. Sie gewähren meist auf 100 Passagiere 4 Betten und sollen auch auf Schiffen, die keinen Arzt führen, eingerichtet sein. Hinsichtlich ihrer Lage besteht noch große Meinungsverschiedenheit, jedenfalls muß man auch bei ihnen die für Landhospitäler geltenden Forderungen hinsichtlich des Luftkubus, der Beleuchtung, der Reinlichkeit etc. stellen und nach annähernder Erfüllung streben. Schiffe mit Arzt führen auch eine Apotheke, aber selbst da, wo ein Arzt fehlt, erscheint es geraten, dem Schiffer eine Auswahl geeigneter Arzneimittel anzuvertrauen, die er genau nach einer Vorschrift anzuwenden hat. Das englische Gesetz fordert bei Segelschiffkursen von 80 Tagen, bei Dampfschiffkursen von 45 Tagen und bei einer Gesamtpersonenzahl von 300 die Mitnahme eines approbierten und bei der Hafenbehörde gemeldeten Arztes, der norddeutsch-amerikanische Handelsvertrag schreibt bei mehr als 500 Passagieren einen Arzt vor, der ausdrücklich in Sachen der Hygiene mit besonderer Rücksicht auf die Verhältnisse, Vorkommnisse und Zufälligkeiten auf und infolge von Seereisen unterrichtet sein soll. Beim Anlaufen der Häfen ist das Zusammenwirken des Schiffsarztes mit den Hafenrevisionsbehörden von ähnlicher Wichtigkeit wie vor dem Antritt der Reise die Revision aller das Schiff Betretenden (Passagiere und Mannschaften) durch einen nur der Sanitätsbehörde (nicht aber der Schiffsgesellschaft) verantwortlichen Arzt. Vgl. Gärtner, Anleitung zur Gesundheitspflege an Bord von Kauffahrteischiffen (Publikation des kaiserlichen Gesundheitsamtes, Berl. 1888).

Schiffsinspektion, s. Revisionssysteme.

Schlächten, s. Dislokation, S. 205.

Schlachthäuser, öffentliche, finden sich schon im Altertum, und die Römer statteten sie mit derselben Pracht aus wie andre öffentliche Gebäude. Auch das Mittelalter hat dergleichen aufzuweisen. Im 14. Jahrh. bestand in Liegnitz ein Kuttelhof, und niemand durfte anderswo als dort schlachten. Das finanzielle Interesse der Städte veranlaßte im 17. und 18. Jahrh. verschiedene deutsche Städte zur Errichtung von Schlachthäusern, welche zur Durchführung und bessern Kontrolle der damals fast allgemein eingeführten Fleischsteuer geeignet waren, heutigen hygienischen Anforderungen aber in keiner Weise entsprachen. Auch Frankreich hatte früh öffentliche S., und Napoleon I. dekretierte 1810, daß alle Privatschlächtereien in mittlern und größern Städten zu beseitigen und öffentliche derartige Etablissements zu errichten seien. Belgien folgte dem französischen Beispiel, und auch in der Schweiz, in Italien, England, Schottland besitzen gegenwärtig alle bedeutendern Städte öffentliche S. In Österreich und den süddeutschen Staaten sind die Gemeinden befugt, den Schlachthauszwang für alle Arten von Vieh einzuführen. In Preußen kam eine gesetzliche Regelung der Schlachthausfrage erst 1868 zu stande, aber bis 1880 wurden auf Grund dieses Gesetzes nur in zehn Städten S. errichtet. Die hierbei gemachten Erfahrungen führten dann zu dem Gesetz von 1881, welches die Befugnisse der Gemeinden ganz bedeutend erweitert. Den letztern steht nunmehr die Befugnis zu, das von außerhalb in den Gemeindebezirk eingeführte Fleisch innerhalb gewisser Grenzen einer Untersuchung zu unterwerfen; im städtischen Verkehr eine Sonderung des Schlachthausfleisches und des von außen eingebrachten Fleisches durchzuführen; die städtischen Schlächter zu nötigen, das öffentliche Schlachthaus der Stadt zu benutzen, wenn sie für ihren städtischen Gewerbebetrieb schlachten. Da die Entschädigungspflicht der Gemeinden den Besitzern von Schlachthäusern gegenüber vielerorts ein Hindernis für die Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern gewesen, so erhielt das Gesetz eine Deklaration, nach welcher der Ertrag, welcher von den Grundstücken und Einrichtungen, die bisher der Privatschlächterei gedient hatten, bei anderweiter Benutzung erzielt werden kann, von dem bisherigen Ertrag in Abzug zu bringen ist. Auch verbot es endlich die Errichtung neuer Privatschlachtanstalten.

Öffentliche S. bedürfen folgender Einrichtungen: 1) Schlachträume mit Gelegenheit zur Befestigung der Tiere, zum Aufziehen und Aufhängen der Stücke, Schragen zur Aufnahme der Eingeweide, Düngerkarren etc.; für die Schweine Einrichtungen zum Brühen. Die Schlachträume müssen besonders gut ventiliert und mit festem, undurchlassendem Fußboden (Zement, Asphalt), der leicht abgespült werden kann, versehen sein. Die Abführungskanäle werden zweckmäßig mit einem Gitter verschlossen, um Ratten abzuhalten. 2) Ställe für nicht sofort zu schlachtende Tiere und Räume zur Aufbewahrung des Futters. 3) Einrichtungen zur schnellen, unschädlichen Beseitigung der Abfälle. Man schafft diese jetzt sofort in eiserne, mit einem eisernen Deckel verschließbare Wagen und vermeidet offene, feste Düngerstätten. Mit den meisten Schlachthäusern sind Wohnungen für die Beamten und in Norddeutschland Räume für die mikroskopische Untersuchung des Schweinefleisches verbunden. Auch legt man in neuester Zeit Kühlhäuser an, in welchen durch künstlich erzeugte Kälte eine Temperatur von 0–5° und eine relative Feuchtigkeit von 70 Proz. bei 5° erhalten wird. Da das Fleisch bei längerm Verweilen in den Kühlhäusern zarter wird, ohne auch nur im geringsten an Schmackhaftigkeit einzubüßen, so werden die Kühlhäuser vielfach auch im Winter im Betrieb erhalten. In einigen Städten hat man aus praktischen Gründen mit dem Schlachthaus eine animale Impfanstalt verbunden. Man kann leicht die geeignetsten Kälber aussuchen, die abgeimpften Kälber weiter verwerten und, bevor der Impfstoff zur Verwendung kommt, den völligen Gesundheitszustand des Tieres durch tierärztliche Untersuchung feststellen. Vgl. Hennicke, Bericht über S. und Viehmärkte in Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, England und der Schweiz (Berl. 1881); Osthoff, Die Schlachthöfe und Viehmärkte der Neuzeit (Leipz. 1881, 5 Hefte); für einzelne Anlagen die beschreibenden Werke über Berlin von Orth und Biebendt (Berl. 1872) und von Blankenstein und Lindemann (das. 1885), über Hannover von Hecht (Hannov. 1883), München von Zenetti (Münch. 1880), Chemnitz von Hechler (Hannov. 1885), Karlsruhe von Strieder (Karlsr. 1890).

Schlafstellenwesen. Schlafstellen liegen gewöhnlich in gemeinschaftlichen Räumen, in welchen also einander fremde, nicht zusammengehörige Personen zum Zwecke gleichzeitigen Nächtigens Unterkunft finden. Oft, besonders in großen Städten und Industriebezirken, nächtigen dieselben Personen mehrere Nächte an derselben Stelle in der Familienwohnung kleiner Leute (Schlafburschen, Schlafmädchen), während Personen, die nirgends Wohnung oder Unterkunft haben, Logierhäuser niedrigsten Ranges gewöhnlich nur für eine oder wenige Nächte aufsuchen und die Asyle für Obdachlose die Obdachsuchenden nur für eine beschränkte Zahl von Nächten aufnehmen. Alle diese Einrichtungen, mit Ausnahme der letztern, sind oft bedenklichsten Charakters, die common lodging houses

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 18. Bibliographisches Institut, Leipzig 1891, Seite 828. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b18_s0844.jpg&oldid=- (Version vom 10.11.2022)