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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 18

Interesse nimmt, zersplitterte, und daß beide Bühnen das Vereinsjahr 1890/91 mit einer so geringen Anzahl von Mitgliedern begannen, daß ein ferneres Fortbestehen der beiden Vereine nebeneinander zweifelhaft geworden ist. Die Deutsche Bühne brachte bis Februar 1891 im Thomastheater (ebenfalls an Sonntagen) „Schicksal“ von K. Bleibtreu, „Brot“ von C. Alberti, „Irma“ von Müller-Guttenbrunn und „Die neuen Menschen“ von Hermann Bahr zur Aufführung, die sämtlich von dem größern Teile der Zuhörerschaft abgelehnt wurden, die Freie Bühne, deren Vorstand für das zweite Vereinsjahr das Residenztheater gemietet hatte, in derselben Zeit Strindbergs Schauspiel „Der Vater“, „Angèle“ von O. E. Hartleben, „Ohne Liebe“ von Marie von Ebner-Eschenbach, ein neues Schauspiel von Hauptmann: „Einsame Menschen“ und „Die Raben“ von Henri Becque. Von diesen Aufführungen hatten nur das Lustspiel von M. v. Ebner-Eschenbach und das Schauspiel Hauptmanns, der darin auf seine frühern naturalistischen Ausschreitungen fast völlig verzichtet hatte, einen unbestrittenen Erfolg.

Im August 1890 wurde in Berlin unter dem Namen Freie Volksbühne ein dritter Verein begründet, der sich an die großen Volksmassen, besonders an die arbeitenden Klassen wendet und deshalb, den Berliner Verhältnissen entsprechend, ein sozialdemokratisches Gepräge trägt. Nach den Satzungen hat sich der Verein die Aufgabe gestellt, „die Poesie in ihrer modernen Richtung dem Volke vorzuführen und insbesondere zeitgemäße Stücke durch Vorträge und Vorlesungen zu erläutern“. Über die zur Aufführung gelangenden Stücke hat ein Ausschuß zu entscheiden, in den unter andern die Schriftsteller O. Brahm, W. Bölsche, J. Hart, Konrad Schmidt und B. Wille gewählt wurden, die später auch die Vorträge hielten. Bei der Auswahl der Stücke, die seit Oktober 1890 im Ostendtheater zur Aufführung gelangten, und bei den Vorträgen und Vorlesungen ging die litterarische Leitung des Vereins von der Ansicht aus, daß die moderne realistische Richtung der Poesie auch den litterarischen Neigungen der arbeitenden Klassen am meisten entsprechen würde. Aber die Aufführung von Ibsens „Volksfeind“ und „Stützen der Gesellschaft“ und von Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“ fanden geringeres Verständnis als die von Schillers „Kabale und Liebe“. Der Grundsatz der Gleichberechtigung aller kommt bei diesen Aufführungen dadurch zum Ausdruck, daß die Plätze eine Stunde vor Beginn der Vorstellung verlost werden. Auch dieses Unternehmen hat nicht den Anklang gesunden, den die Gründer des Vereins bei dem angeblich stark vorhandenen Bildungsbedürfnis der untern Volksklassen erwartet hatten. – Ein im Mai 1889 in Berlin gestifteter Verein zur Begründung deutscher Volksbühnen ist bisher nur durch Veranstaltung von Vorträgen und Vorlesungen von Bühnenwerken in die Öffentlichkeit getreten, ohne daß es ihm gelungen ist, einen Einfluß auf das Theaterwesen zu gewinnen.

Freiligrath, Ferdinand, Dichter. Vgl. Gisberte Freiligrath, Beiträge zur Biographie F. Freiligraths (Minden 1889).

Freiwillige. Diejenigen Infanteriebataillone, welche zum 1. April Einjährig-F. einstellen, werden Anfang des Jahres vom Kriegsministerium öffentlich bekannt gemacht.

Fremont, John Charles, nordamerikan. Reisender und Pionier in den Felsengebirgen, starb 13. Juli 1890 in New York.

Freßzellen, s. Blut, S. 123.

Frey, 3) Emil, schweizer. Staatsmann, wurde im Dezember 1890 zum Mitglied des Bundesrats erwählt und ihm die Leitung des Militärdepartements übertragen.

Freycinet, Charles Louis de Saulces de, franz. Staatsmann, bildete im März 1890 nach dem Rücktritt Tirards ein neues Ministerium, in welchem er selbst den Vorsitz und das Portefeuille des Krieges übernahm.

Frič (Fritsch), 2) Anton, tschech. Naturforscher und Schriftsteller, geb. 1832 zu Prag, wo er Medizin studierte und gegenwärtig als Professor der Zoologie an der tschechischen Universität wirkt. Er bereiste Frankreich, England, Ungarn, Dalmatien, Montenegro und Dänemark und schrieb außer Beiträgen zum „Archiv der naturwissenschaftlichen Landesdurchforschung Böhmens“ (z. B.: „Die Fauna der Steinkohlenformation in Böhmen“, „Die Wirbeltiere Böhmens“ u. a.): „Naturgeschichte der Vögel Europas“ (Prag 1862–71); „Die Schichten der Erdrinde“; „Die Cephalopoden der böhmischen Kreideformation“ (das. 1872); „Die Reptilien und Fische der böhmischen Kreideformation“ (das. 1878); „Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Permformation Böhmens“ (das. 1879–85, 2 Bde.); ferner: „Die Flußfischerei in Böhmen“ (das. 1871); „Die künstliche Fischzucht in Böhmen“ (das. 1874) u. a. Auch gab er eine „Fischereikarte des Königreichs Böhmen“ (Prag 1888) heraus.

Fridericia, Julius Albert, dän. Historiker, geb. 1849 zu Kopenhagen, studierte daselbst Geschichte und erwarb 1876 den philosophischen Doktorgrad, um sich darauf ganz dem Studium der Geschichte seines Vaterlandes zu widmen. Sein Hauptwerk ist: „Danmarks ydre politiske Historie i Tiden fra Freden i Lybek til Freden i Brömsebro“ (1876–81, 2 Bde.). Er ist jetzt Unterbibliothekar an der Kopenhagener Universitätsbibliothek.

Friedenthal, Rudolf, preuß. Staatsmann, starb 7. März 1890 zu Gießmannsdorf bei Neiße.

Friedland (Trotzendorf), Valentin, humanist. Schulmann. Vgl. Sturm, Valentin Trotzendorf und die lateinische Schule zu Goldberg (Goldb. 1889, Festschrift).

Friedländer, Max, Sänger und Musikschriftsteller, geb. 12. Okt. 1853 zu Brieg i. Schl., bildete sich unter Manuel Garcia und J. Stockhausen aus, debütierte 1880 in den Londoner Monday Popular Concerts als Konzertsänger (Baß) und wurde danach besonders bekannt als Schubert-Sänger. Er veranstaltete eine kritische Gesamtausgabe von Fr. Schuberts Liedern (Peters in Leipzig) und schrieb eine Biographie desselben (gegenwärtig unter der Presse). F. wohnte bis 1883 in Frankfurt a. M., seitdem in Berlin.

Friedrich, 2) F. II., römisch-deutscher Kaiser. Vgl. Winkelmann, Kaiser F. II., Jahrbücher der deutschen Geschichte (Leipz. 1889 ff.); Köhler, Das Verhältnis Kaiser Friedrichs II. zu den Päpsten seiner Zeit (Bresl. 1888).

3) F. III., römisch-deutscher Kaiser. Vgl. Äneas Sylvius, Geschichte Friedrichs III. (deutsch von Ilgen, Leipz. 1889).

[Brandenburg.] 11) F. Wilhelm, der Große Kurfürst. Vgl. Belling, Der Große Kurfürst in der Dichtung (Berl. 1888); Meinardus, Protokolle und Relationen des brandenburgischen Geheimen Rates aus der Zeit des Kurfürsten F. W. (Leipz. 1890, Bd. 1).

[Hessen.] 23) F. II., Landgraf von Hessen-Homburg. Vgl. Jungfer, Der Prinz von Homburg in seinem Verhältnis zu Karl X. und dem Großen Kurfürsten (Berl. 1890).

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 18. Bibliographisches Institut, Leipzig 1891, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b18_s0332.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2021)