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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

Bauern im Oderbruch), bekannt machte, welches in der Schärfe und Eigentümlichkeit der Charakteristik an Menzel erinnerte, aber in dem licht gestimmten Kolorit unter dem Einfluß der Hellmalerei stand. In seinen folgenden Bildern: der jüngste Rekrut (1887, Grenadiere Friedrichs II. als Einquartierung in einem Bauernhof), ein Liebesmahl (im Offizierskasino eines Infanterieregiments) und Neckerei (Soldaten Friedrichs II. mit Mädchen scherzend), entfaltete er auch einen frischen, ursprünglichen Humor. Die Kraft seiner Charakteristik zeigte sich am bedeutsamsten in dem 1889 ausgestellten Gemälde: eine bange Nacht (Friedrich II. in der Dorfkirche von Elsnig nach der Schlacht bei Torgau). W. hat auch Bildnisse, Aquarelle (Kaiser Friedrich am Sarg Wilhelms I. im Mausoleum zu Charlottenburg) und einen Cyklus dekorativer Wandgemälde aus dem Berliner Volksleben für das Monopolehotel in Berlin gemalt und ist Lehrer an der königlichen Kunstschule.

Wasserbau. Zunächst haben die in den letzten Jahren eingetretenen Verheerungen durch Hochwasser in Preußen Vorschläge zur Abwehr von Überschwemmungsgefahren besonders durch die schlesischen Gebirgsflüsse hervorgerufen, welche unter anderm in einer dem preußischen Landtag vorgelegten Denkschrift des Ministeriums für Landwirtschaft niedergelegt sind und darin gipfeln, daß künstlich angelegte Sammelbehälter zur Verminderung der Hochwassermenge in den obern Flußgebieten wegen der Schwierigkeit und Kostspieligkeit ihrer Anlage und wegen der Seltenheit hierzu geeigneter Örtlichkeiten weniger zur Beseitigung von Überschwemmungsgefahren dienen können als die durchgeführte Regelung der gefahrbringenden Wasserläufe. Zu einer solchen Regelung, welche die fließenden Gewässer befähigt, gewöhnliche Hochstuten unschädlich abzuführen, gehören die Herstellung eines normalen, d. h. hinreichend geräumigen und zweckmäßig geformten, also angemessen breiten und tiefen, Flußbettes, die Herstellung eines möglichst gleichmäßigen Gefälles zur Vermeidung von zu großen und zu geringen Strömungen, welche bez. Einrisse von Ufern und Sohle oder Ablagerungen von Geschieben bewirken würden, und die Beseitigung zu scharfer Krümmungen, welche bei Hochfluten eine Verlegung der Stromrichtung und dadurch Einreißen von konkaven und Ablagerungen von konvexen Ufern veranlassen könnten. Zu diesen allgemeinen kommen als besondere durch die Bodenbeschaffenheit des Flußbettes, der Oberflächenbildung des Flußthals und durch etwa vorhandene technische Anlagen bedingte Maßregeln, welche in der Befestigung der Ufer und des Bettes durch geeignete Ein- und Anbauten aus Stein und Holz, in der Anlage oder Regelung von Deichen und in der Beseitigung eines durch Wehre oder Brücken herbeigeführten schädlichen Aufstaues des Wassers bestehen. Bei Vornahme dieser Arbeiten ist eine planmäßige, nach einheitlichen Grundsätzen durchgeführte Regelung erforderlich, wobei die zuvor angeführten Maßregeln sämtlich am rechten Ort und in der geeignetsten Weise zur Anwendung kommen müssen.

Unter den Neuerungen, welche im W. eingeführt wurden, sind einige Wehr- und Schleusenanlagen sowie die Baggerungen u. Felssprengungen in Nordamerika hervorzuheben. Unter den erstern zeichnen sich die im Ohio bei Pittsburg aus. Das dortige Wehr ist nach Art der Chanoinaschen Klappenwehren gebaut und bewährt sich gut, wenn auch sein Betrieb kostspielig ist. Die Thore der benachbarten großartigen Schleuse, welche 33,5 m breit und 180 m lang ist, sind einheitliche Verschlußkasten, die bei Öffnung der Schleuse nach Art der Schiebethüren mittels zweier Dampfmaschinen seitlich in tiefe Schlitze gezogen werden. Beim Bau des neuen Hafens von San Diego in Kalifornien wird ein von Bower konstruierter Bagger angewandt, welcher als Schneide- und Saugebagger zugleich wirkt und selbst schweren Thonboden fördert. Zu den Felsensprengungen in dem reißenden St. Lorenzstrom verwendet der Ingenieur Gilbert Sprengboote mit vier auf das Flußbett aufgesetzten Füßen, welche dem Wasserstoß wenig Angriffsfläche darbieten. Von jenen Booten aus wird das Sprengen mittels Dynamits und Herausheben der Felsentrümmer bewirkt, wodurch die Kosten der Beseitigung des Kubikmeters Felsen von 20–30 auf 2–3 Doll. ermäßigt worden sind. – Zur Litteratur: Franzius, Der W. (im „Handbuch der Baukunde“, 3. Abt., Berl. 1890).

Wasserrad. Zur bessern Ausnutzung der motorischen Kraft der Flachlandflüsse soll an Stelle der Schiffsmühlenräder die sogen. Hydrolokomobile von Nossian dienen. Diese besteht in der Hauptsache aus zwei hintereinander auf derselben Welle angeordneten und mit ihrer Achse in der Stromrichtung liegenden Rädern, welche nach Art der Henschel-Jonval-Turbinen mit entgegengesetzt schraubenförmigen Schaufeln versehen und zwischen zwei Pontons so gelagert sind, daß sie gemeinschaftlich nach Belieben gehoben oder gesenkt werden können. Das von der Strömung zuerst getroffene Rad steht fest und dient als Leitschaufelapparat, um das Wasser in passendem Winkel gegen die Schaufeln des zweiten Rades (Laufrad) zu führen. Die Schaufeln des Laufrades sind von einem Regulator derart verstellbar, daß sie die Laufradkanäle je nach der Kraftentnahme oder der Stromgeschwindigkeit mehr oder weniger öffnen und hierdurch für einen gleichmäßigen Gang gesorgt ist. Der Antrieb von Arbeitsmaschinen erfolgt direkt vom Umfang des Laufrades aus mittels Ketten, Seile etc. Dem Schiffsmühlenrad gegenüber hat dieser Motor vor allem den Vorzug, daß er die Geschwindigkeit der Wassermassen bis nahezu auf den Grund ausnutzt. Auch gestattet die größere Tourenzahl eine bequemere Kraftübertragung auf Arbeitsmaschinen. Die Hydrolokomotive soll Verwendung finden für elektrische Beleuchtung und Kraftübertragung unter Benutzung elektrischer Akkumulatoren, für den Betrieb von Mühlen, für landwirtschaftliche Zwecke (Bewässerung, Betrieb landwirtschaftlicher Maschinen), für Flußregulierungen und Brückenbauten (Betrieb von Baggern, Rammen, Winden, Kränen), für die Flußschiffahrt beim Ein- und Ausladen etc. Mit der Flußgeschwindigkeit ändert sich natürlich die Leistung. Über die Leistungen und Dimensionen werden folgende Angaben gemacht:

Raddurch­messer in Metern Minimal­wasser­tiefe in Metern Fluß­geschwin­dig­keit in Metern pro Sekunde Leistung in Pferde­kräften Dimensionen der Pontons Gewicht
lang breit tief des Motors allein des Mo­tors mit Pontons
Meter
2 2,3 2 4,9 9 1 1,1 3200 5400
3 3,4 2 12 10 1,2 1,25 4200 7000
4 4,8 2 20 12 1,3 1,35 5300 8500
5 5,5 2 33 15 1,45 1,5 6500 10500
6 6,5 2 48 18 1,8 1,8 8000 13000

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 818. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0822.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2022)