verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17 | |
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tragen diejenigen T. an sich, welche Flußterrassen hinterlassen haben (Tafel, Fig. 4). Die Terrassen, d. h. horizontale Stufen an den Thalgehängen, treten in zwei genetisch verschiedenen Arten auf: als Ausfüllungs- und Felsterrassen. Im allgemeinen stellt jede Flußterrasse den Rest eines frühern Thalbodens dar, welcher dadurch zerstört wurde, daß der Fluß aus irgend welcher Ursache sein Bett durch Einschneiden in die Unterlage tiefer legte. Das sogen. Mittelgebirge bei Innsbruck ist eine solche Terrasse, die bis zu 400 m über die jetzige Thalsohle ansteigt und fast 4 km breit ist; sie besteht aus Schotterablagerungen der Gletscherbäche der Eiszeit und aus Moränen. Die Terrassen sind nicht immer aus alten Flußablagerungen zusammengesetzt, sehr oft sind sie in den festen Fels eingegraben. Besonders deutlich sind solche Terrassen in den höhern Thälern der Alpen ausgeprägt, in denen sie sich nicht nur in den Längsprofilen geltend machen, sondern auch an den Thalwänden übereinander erscheinen. Die beiden Profile (Textfig. 2 u. 3) lassen auf den ersten Blick erkennen, wie die Terrassen aus den Thalstufen entstanden sind. Vereinigt man die Terrassen und die noch vorhandenen Thalstufen, die in gleichem Niveau liegen, miteinander, so erhält man vier verschiedene Thalböden, die sich unter geringer Neigung thalabwärts senken. Im Reußthal lassen sich vier solcher alter Thalsohlen unterscheiden, in 2200–1900, 1600–1400, 1200–900, 900–600 m Höhe; als fünfte Stufe kommt dazu diejenige von Amsteg bis Flüelen, die noch keine Terrasse hat. Die kleinern Seitenthäler haben mit dem Hauptthal nicht gleichen Schritt gehalten, sie münden stets in beträchtlicher Höhe über der Sohle des Hauptthals. Die Erosion ist an den Abstürzen in fortwährender Thätigkeit, auf den Thalstufen macht sie sich nicht bemerkbar. Aus dem Vorstehenden läßt sich der Schluß ziehen, daß die Stufen- und Terrassenoberflächen einem Stillstand in der Thalbildung entsprechen, die Abstürze dagegen Bewegungsperioden. Um die Entstehung dieser Erscheinung zu erklären, hat man verschiedene Faktoren herangezogen, welche in der erodierenden Wirkung der Flüsse eine periodische Änderung bedingen könnten. Das Nächstliegende ist, Perioden einer gesteigerten Gebirgsbildung anzunehmen, mit denen ein erneutes Einschneiden der T. zusammenfallen würde, während den Ruhepausen in der Aufwölbung ein Stillstand in der Thalbildung, d. h. Terrassenbildung, entsprechen würde. Dieselbe Wirkung müßten Verschiebungen des Meeresniveaus im Verhältnis zum Festland haben, mag man nun Hebungen des Festlandes oder Senkungen des Meers annehmen. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß meteorologische Verhältnisse die Ursache der Terrassenbildung sind. Eine Zunahme der mittlern jährlichen Niederschlagsmenge muß in der Menge des ablaufenden Flußwassers in gleicher Weise zum Ausdruck kommen, wie sich dieser Faktor in dem Stande der Gletscher oder in dem Niveau der Binnenseen bemerkbar macht. Vgl. F. Löwl, Über Thalbildung (Prag 1884); v. Richthofen, Führer für Forschungsreisende (Berl. 1886); Neumayr, Erdgeschichte, Bd. 1 (Leipz. 1887).
✽ Thalsperre (Staubecken, Stausee, Sammelteich), die künstliche Absperrung eines Thals durch eine Erdschüttung oder durch Mauerwerk zum Zweck der Aufstauung fließender Gewässer, besonders behufs Gewinnung von Nutzwasser für die Landwirtschaft oder die Gewerbe, für Wasserversorgung der Städte und für die Speisung von Schiffahrtskanälen, ausnahmsweise zur Abwehr von Überschwemmungsgefahren. Zur Anlage von Thalsperren eignen sich am besten hinreichend geräumige, thalabwärts sich verengernde, unbebaute Thalbecken mit hohen Ufern, deren Sohle und Wände gleichartig und hinreichend fest sind, um sowohl die Last der Sperrmauer oder des Sperrdammes zu tragen, als auch Durchquellungen und Unterspülungen zu verhindern. Die Sperrwerke erfordern außer einer sehr sorgfältigen Herstellung eine gewissenhafte Unterhaltung, damit durch Beschädigung oder Bruch derselben nicht eine plötzliche Entleerung des Staubeckens eintreten kann, welche für die thalabwärts gelegenen Ländereien und Ortschaften mehr oder minder verhängnisvoll werden müßte. Die Sperrwerke werden bis zu Höhen von 50 m als Erdschüttungen mit flachen Böschungen und Steinbekleidung, als Mauern mit verbreitertem Fuß oder als Erdschüttungen mit Kernmauern ausgeführt. In Amerika sind etwa zwei Drittel aller Sperrwerke mit Erde hergestellt, welche sich zum Teil mitten in den Städten befinden, wie das große Wasserbecken im Zentralpark in New York und das Becken der Wasserwerke in Buffalo. Der größte bekannte Stausee ist der von den Ägyptern um 2000 v. Chr. zur Bewässerung der Nilebene angelegte, unter dem Hochwasser des Nils gelegene Mörissee mit 3000 Mill. cbm Fassungsraum, welcher im 3. Jahrh. v. Chr. zerstört wurde und hierbei furchtbare Verheerungen anrichtete. Im J. 1802 brach die 50 m hohe, 240 m lange T. bei Puentes in Spanien infolge Auswaschens der als Grundbau dienenden Felsschichten, wobei 800 Häuser vernichtet und 600 Menschen getötet wurden, im J. 1864 die 28 m hohe T. bei Sheffield mit einem Fassungsraum von 3,4 Mill. cbm, wobei 240 Menschen das Leben verloren und große Verwüstungen angerichtet wurden. Auch der im J. 1881 eingetretene Bruch der in der Provinz Oran in Algerien für 35 m Wassertiefe erbauten T. bei L’Habra verursachte große Verheerungen an Leben und Eigentum, während der im Mai 1889, wahrscheinlich infolge Überströmung der Dammkrone, erfolgte Bruch des Staudammes im South Fork-Thal oberhalb Johnstown in Pennsylvanien von 284 m Länge und 22 m größter Höhe bei 22 Mill. cbm Fassungsraum des Staubeckens ganze Teile dieser Stadt zerstörte, wobei etwa 4000 Menschen in den Fluten und Trümmern umkamen. Unter den in neuerer Zeit ausgeführten gemauerten Thalsperren ist unter andern die für 33 m Wassertiefe erbaute bei Ternay in Frankreich und die im Thal der Gileppe für 47 m Wassertiefe erbaute bei Dolhain in Belgien zu erwähnen, wovon die letztere die Fabriken der Stadt Verviers mit Wasser versorgt, geschweift ist und bei einer Kronenbreite von 15 m eine Fußbreite von 65,82 m besitzt. Unter den neuern Anlagen von Thalsperren im Gebirge sind diejenigen hervorzuheben, welche im Elsaß teils zur Nutzbarmachung des Wassers, teils zur Minderung der Hochwassergefahren hergestellt worden sind. Das größere dieser Staubecken, welches in erster Linie Meliorationszwecken des Thalgebiets, in zweiter Linie der im Thal angesessenen Industrie (welche sich mit 100,000 Mk. an den 430,000 Mk. Gesamtkosten beteiligt hat) dienen soll, ist bei Sewen hergestellt und besitzt bei 549 km Niederschlagsgebiet 22 m größte Tiefe und 1,100,000 cbm Fassungsraum. Die Sperrmauer ist aus kyklopischem Granitmauerwerk mittels Zementkalkmörtel aufgeführt. Die Stauanlage im Schießrotried faßt 360,000 cbm bei 10 m größter Tiefe und hat ein Niederschlagsgebiet von 1,429 km. Der Sperrdamm ist aus Erde geschüttet und wird, wenn er sich während eines Jahrs gesetzt hat, an der Wasserseite
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 791. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0795.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2024)