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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

ein und derselbe Bodenaufguß verschiedene Leguminosenarten durchaus ungleich beeinflußte, und daß ein an sich günstig wirkender Aufguß für jede Leguminose sofort seine Wirkung einbüßte, sobald er nur auf 70° erhitzt worden war. Hält man hiermit die von Beyerinck über die Bakterien der Wurzelknöllchen gemachten Entdeckungen zusammen, so erscheinen die von Hellriegel gefundenen Thatsachen ganz gut deutbar. Nichtsdestoweniger steht ein Abschluß der Frage nach der Stickstoffnahrung der Pflanzen nicht in naher Aussicht, da noch viele andre Nebenfragen zu lösen sind. Vgl. Hellriegel, Untersuchungen über die Stickstoffnahrung der Gramineen und Leguminosen („Zeitschrift des Vereins für die Rübenzuckerindustrie des Deutschen Reichs“, Nov. 1888); Frank, Über Ursprung und Schicksal der Salpetersäure in der Pflanze („Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft“, Bd. 5., 1887); Derselbe, Über die Einflüsse, welche das Sterilisieren des Erdbodens auf die Pflanzenentwickelung ausübt (ebenda, Bd. 6., 1888); Hellriegel, Bemerkungen zu vorstehendem Aufsatz von Frank (ebenda, Bd. 7., 1889).

 Stieber, Wilhelm, preuß. Polizeibeamter, geb. 3. Mai 1818 zu Merseburg, studierte die Rechte u. wurde 1843 als Referendar beim Polizeipräsidium in Berlin angestellt. Er bildete sich zu einem der gewandtesten Kriminalpolizeibeamten aus, und in der Zeit der Reaktion wurde er besonders bei politischen Untersuchungen und Verfolgungen verwendet, so daß er allgemein verhaßt und gefürchtet war. Unter der neuen Ära 1860 ward er wegen Überschreitung der Amtsgewalt angeklagt, zwar freigesprochen, aber zur Disposition gestellt. 1860 und 1870/71 ward er als Chef der Feldpolizei verwendet und erwarb sich durch seine Umsicht und rastlose Thätigkeit Erfolge, so daß er zum Geheimen Regierungsrat befördert wurde. Er starb 29. Jan. 1882. Nach Stiebers Tod erschienen nach seinen Papieren frei bearbeitete „Denkwürdigkeiten des Geheimrats S.“ (Berl. 1883).

 Stieda, Wilhelm, Volkswirt, geb. 1. April 1852 zu Riga, wohin sein Großvater 1800 aus Dannheim in Thüringen eingewandert war, studierte 1869–75 in Dorpat, Berlin und Straßburg, promovierte in Tübingen mit der Dissertation „Das Sexualverhältnis der Gebornen“ (Straßb. 1875), habilitierte sich 1876 in Straßburg, war 1878–82 Professor in Dorpat, folgte dann einem Ruf als Regierungsrat an das kaiserliche Statistische Amt des Deutschen Reichs in Berlin und 1884 als Professor der Staatswissenschaften an die Universität Rostock. Seine wissenschaftlichen Arbeiten, von denen eine große Zahl in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht wurde, erstrecken sich auf das Gebiet der Wirtschaftsgeschichte, der Nationalökonomie und der Statistik. Von selbständig erschienenen Schriften sind noch zu nennen: „Zur Entstehung des deutschen Zunftwesens“, Habilitationsschrift; „Das Verfahren bei Enqueten über soziale Verhältnisse“, Gutachten (Bd. 13 der Schriften des Vereins für Sozialpolitik 1877); „Die Eheschließungen in Elsaß-Lothringen 1872–76“ („Statistische Mitteilungen über Elsaß-Lothringen“, Heft 12, 1879); „Litteratur, heutige Zustände und Entstehung der deutschen Hausindustrie“ (in Bd. 39 der Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Leipz.1889); „Revaler Zollbücher und -Quittungen“ (Bd. 5 der „Hansischen Geschichtsquellen“, Halle 1887).

 Stieler, 4) Eugen, Maler, Bruder des Dichters Karl S., geb. 19. Sept. 1845, studierte anfangs in Berlin und München die Rechte und machte 1872 sein Staatsexamen, entschied sich aber dann für die Malerei und trat 1873 in die Münchener Kunstakademie. 1875 wurde er Schüler Pilotys und malte unter dessen Leitung die Kirchhofsszene aus „Hamlet“. Später entstanden noch einige Genrebilder, wie z. B. die ersten Künstlerleiden, ein Volkstheater und die alte Wiege. Doch fand er den Schwerpunkt seines Schaffens mehr im Bildnisfach, in welchem er sich durch feine Charakteristik und geschmackvolle Auffassung auszeichnet. Einen großen Teil seiner Thätigkeit widmet S. den Interessen der Münchener Künstlerschaft. Nachdem er 1880 Vorstand der Münchener Kunstgenossenschaft geworden, machte er sich um die Organisation derselben und ihre würdige Vertretung nach außen sehr verdient. Nach kurzer Unterbrechung trat er 1885 von neuem an die Spitze der Genossenschaft und fungierte 1888 als erster Präsident der Münchener Jubiläumskunstausstellung.

 Stirling (spr. stö́r-), James Hutchinson, engl. Schriftsteller, Philosoph und Kritiker, geb. 22. Juni 1822, studierte Medizin in Glasgow, hielt sich eine Zeitlang in Frankreich und Deutschland auf, um sich dann ganz der Litteratur zuzuwenden. Sein zweibändiges Werk über Hegel: „The secret of Hegel: the Hegelian system in origin, principle, form etc.“ (1865) gilt als der Ausgangspunkt neuer Anregungen der philosophischen Studien in England. Es folgten: „Sir William Hamilton, or the philosophy of perception“ (1865); „Jerrold, Tennyson and Macaulay, with other critical essays“ (1868); „Address on materialism“ (1868); „As regards protoplasm“ (2. Aufl. 1872); „Lectures on the philosophy of law“ (1873); „Burns in drama, together with faded leaves“ (1878); „Text-book of Kant“ (1881) u. a. Auch lieferte er eine verbreitete Übersetzung von Schweglers „Geschichte der Philosophie“.

Stockmar, Ernst von, ehemaliger Kabinettssekretär der Kronprinzessin Viktoria (Kaiserin Friedrich). Aus seinem Nachlaß erschien: „Ludwig XVI. und Maria Antoinette auf der Flucht nach Montmédy im Jahr 1791“ (Berl. 1890).

 Stojanow, Zacharias, bulgar. Politiker und Schriftsteller, wuchs als Hirtenjunge auf, eignete sich indes durch unermüdlichen Fleiß aus eigner Kraft eine höhere, ja eine philosophische Bildung an und trat als fruchtbarer Schriftsteller für die Selbständigkeit seines bulgarischen Volkes auf. Nach der Errichtung des unabhängigen Fürstentums Bulgarien ward er 1879 in das Sobranie gewählt und schloß sich der äußersten Linken an; seine volkstümlichen und wirksamen, aber radikalen Schriften ließen ihn sogar als Nihilisten erscheinen. 1885 beteiligte er sich als Mitglied des Revolutionsausschusses in Philippopel an der Erhebung Ostrumeliens und widmete seitdem seine ganze Kraft der Einheit und Unabhängigkeit seines Vaterlandes. Nach dem Sturz des Fürsten Alexander trat er den russischen Einmischungsversuchen und Ränken in der Zeitung „Swoboda“ mit Entschiedenheit entgegen und schloß sich ganz Stambulow an. Er wurde zum Vizepräsidenten, dann zum Präsidenten des Sobranie gewählt, starb aber schon 15. Sept. 1889 auf einer Reise in Paris.

 Štolba (spr. schtol-), Joseph, tschech. Novellist, geb. 1846 zu Königgrätz, studierte die Rechte an der Universität Prag, bereiste 1873–74 Nord- und Zentralamerika und ist gegenwärtig Notar in Nechanitz. Eine interessante Schilderung seiner Erlebnisse in Westindien, Mexiko und Nordamerika gab er dann in seinem Buch „Jenseit des Ozeans“. In jenen überseeischen Gegenden sammelte Š. auch den Stoff zu seinen Novellen: „Im Urwald“ und „Alfonso Perez“.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 776. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0780.jpg&oldid=- (Version vom 22.5.2021)