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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

Paris 1877 mit einer ähnlichen Maschine zur Herstellung von Banknotenpapier und Clark in London ebenfalls 1877, mit einem Patent, das sich auf Schöpfformen bezieht, die mittels zwei nebeneinander herlaufender Ketten über die Bütte gebracht, hier durch eine Schöpfvorrichtung mit Stoff versehen, dann gerüttelt und abgegautscht werden. Die neueste, mit Erfolg in Betrieb gesetzte Maschine dieser Art ist von M. Sembritzki in Schlöglmühl (Niederösterreich) angegeben und wird von Escher, Wyß u. Komp. in Zürich gebaut. Fig. 1 vergegenwärtigt das Prinzip derselben. Der Schöpfrahmen A trägt die viereckige Form a, welche in dem viereckigen, doppelwandigen Kasten vollkommen dicht schließend sich auf und ab bewegen kann. Über der Form liegt der sogen. Verteiler D, der sich zusammensetzt aus dem festen Kasten f, welcher mittels des Kanals g in beständiger Verbindung mit dem Stoffbehälter E bleibt, dem der Stoff vom Knotenfänger zugeht, und dem eigentümlichen Schwimmer h, der die Bestimmung hat, den Stoff gleichmäßig verteilt auf die Form zu bringen. Zu dem Zweck befinden sich im Boden des Kastens f eine größere Anzahl Röhrchen i und im Schwimmer ebensoviel Löcher i1, welche so weit sind, daß die Röhrchen mit Spielraum in dieselben eintreten können. Wenn sich demnach der Schwimmer senkt und somit der Kasteninhalt steigt, so tritt dieser durch den Spielraum in die Röhrchen i und fließt auf die Form. Die hierzu erforderliche Senkung des Schwimmers erfolgt durch den Hebel l1l, der nach untenhin einen Arm trägt, gegen den rechtzeitig ein Stoß erfolgt. Nachdem die Form mit Stoff gefüllt ist, entfernt sie sich mit dem Rahmen; zu dem Ende ruht sie auf einem Schlitten B, welchem durch eine Zahnstange

Fig. 1. Sembritzkis Papiermaschine.

mittels eines sich abwechselnd nach beiden Drehrichtungen angetriebenen Zahnrades eine hin- und hergehende Bewegung erteilt wird. Bei dieser Bewegung wird der Formrahmen durch seitwärts sitzende, auf den Schienen c gleitende Arme a2 an bestimmten Stellen gehoben und gesenkt und außerdem bei der Aufwärtsbewegung noch dadurch horizontal gerüttelt, daß der Schlitten B zwischen zwei schwingenden Schienen läuft. Während dieser Bewegung muß auch die Entwässerung stattfinden, und zwar erfolgt dieselbe durch das Saugrohr C, das mit einer Flantsche e auf der Schiene kk1 gleitet und dabei infolge der Senkung dieser Schiene allmählich frei wird und das Wasser mit einer Saugkraft auslaufen läßt, die von der Länge dieses Rohrs abhängt, dessen Durchgangsöffnung durch einen Hahn geregelt wird. Das Abgautschen des fertigen Bogens geschieht mittels endlosen Filzes und der Gautschwalze F, gegen die das Blatt infolge einer entsprechenden Hebung der Form auf deren Rückwärtsbewegung kräftig angepreßt wird. Das Bewegungsschema, Fig. 2, zeigt den beschriebenen Vorgang: bei 1 steht die Form unter dem Verteiler zur Aufnahme des Stoffes, zwischen 1 und 2 findet Schüttelung und Entwässerung statt, zwischen 2 und 3 Hebung zum Anpressen an die Gautschwalze, zwischen 3 und 4 das Gautschen, zwischen 4 und 5 Senkung und zwischen 5 und 1 Abspritzen des Siebes,

Fig. 2. Bewegungsschema.

zugleich mit Füllung des Saugrohrs C, bei 1 Rückkehr zur Schöpfstelle mit Anstoßen an den Hebel l, zum Heben des Schwimmers h und neuem Beginn des Prozesses. Das bei F abgegautschte P. wird bei o von dem Steigfilz G mit ergriffen, durch eine Naßpresse N geführt und bei H von dem endlosen Filz F mit der Hand abgenommen, um dann stapelweise in die Trockenpresse zu gelangen. Die Maschine wird zur Ausnutzung der Bewegungsvorrichtung gewöhnlich doppelt gebaut, so daß sich der Verteiler in der Mitte befindet und abwechselnd eine Form von links und rechts gefüllt und abgegautscht wird. Die vorstehend beschriebene Maschine liefert wirklich geschöpfte Papierbogen von solcher Regelmäßigkeit und Vorzüglichkeit, wie es selbst die geübtesten Büttenarbeiter nicht zu schaffen vermögen. Erhabene und vertiefte Musterungen auf dem Sieb treten in dem fertigen P. als Wasserzeichen scharf und klar hervor. Eine Form schöpft je nach der Papierstärke zwei- bis viermal in der Minute. Wählt man daher eine Größe der Form, daß daraus z. B. 4 Bogen Schreibpapier hervorgehen, so liefert jede Form in 10 Stunden 4800–9600 Bogen Schreibpapierformat. Die weitere Behandlung (Trocknen, Leimen, Satinieren etc.) stimmt mit derjenigen bei der Handpapierfabrikation überein.

[Schädlichkeiten.] Das hauptsächlichste Rohmaterial für die Papierfabrikation, die Hadern oder Lumpen, sind oft mit Infektionsstoffen behaftet, welche zur Entstehung der sogen. Hadernkrankheit (s. d., Bd. 17) Veranlassung geben. Zum Schutz der Arbeiter ist Desinfektion der Hadern, Verbot der Ausfuhr von Hadern aus Ländern, in welchen Epidemien herrschen, Verarbeitung der Hadern in gut ventilierten und regelmäßig desinfizierten Räumen, Revaccination in mindestens sechsjährigen Zwischenräumen, Wechsel der Kleider und Reinigung des Gesichts und der Hände beim Verlassen des Raums erforderlich. Bei der Verarbeitung der Hadern entsteht viel ekelhafter und schädlicher Staub, welcher starke Ventilation erforderlich macht, auch sind die Maschinen zur Zerkleinerung der

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 640. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0644.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2021)