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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

Petersburg berufen, habilitierte sich aber 1856 als Privatdozent der Psychiatrie an der Wiener Universität und erwarb 1860 die Irrenheilanstalt in Oberdöbling, wo er reichhaltiges Beobachtungs- und Krankenmaterial für seine Vorlesungen fand. 1866 wurde er zum außerordentlichen Professor, 1872 zum Vorstand der psychiatrischen Abteilung des allgemeinen Wiener Krankenhauses und 1875 zum Vorstand der psychiatrischen Klinik in der niederösterreichischen Landesirrenanstalt ernannt. Als Irrenarzt genoß L. einen unbestrittenen Ruf, sein Gutachten wurde in den wichtigsten psychiatrischen Fällen eingeholt, und in seine Heilanstalt wurden Kranke aus allen Ländern und aus den höchsten Ständen gebracht. 1888 trat L. zufolge gesetzlicher Bestimmung seines Alters halber von der Lehrthätigkeit zurück und starb 9. Okt. 1889. Er schrieb: „Lehrbuch der psychischen Krankheiten“ (2. Aufl., Erlang. 1865); „Psychiatrische Studien“ (Wien 1877).

Leim enthält 5–6 Proz. Wasser, dessen Menge leicht durch Trocknen im Luftbad bestimmt wird. Einen Gehalt an Bleisalzen erkennt man in der verdünnten Lösung durch Schwefelwasserstoff, einen Gehalt an Zinksalzen ebenso durch Schwefelammonium. Kalkgehalt wird in der Asche bestimmt. Auf Säuregehalt prüft man die Lösung mit Lackmuspapier. Zur mechanischen Prüfung des Leims werden 3 Teile L. (nicht unter 250 g) mit 6 Teilen Wasser im Dampfbad gekocht, bis nur noch fünf Neuntel vom Gewicht der ursprünglichen Mischung vorhanden sind. Harte, resp. weiche Hölzer von 42 cm Länge und 4 × 4 cm Querdurchschnitt werden in der Mitte durchsägt und die Hirnflächen mit der Leimlösung wieder zusammengeleimt. Man läßt die Hölzer 72 Stunden in einem trocknen Raum bei 17–20° liegen und zerbricht sie dann in folgender Weise. Die eine Hälfte der zusammengeleimten Hölzer erhält 18 cm von der Fuge in der Mitte der Breite ein Loch, durch welches ein an seinem untern Ende mit einem Haken versehener Bolzen gesteckt wird, der eine Wagschale trägt. Das Holz wird mittels Klammern an einem Tisch befestigt, so daß die Fuge 1 cm über den Rand des Tisches vorsteht. Die Belastung beginnt mit 25 kg und wird von Minute zu Minute um 5 kg gesteigert, bis der Bruch eintritt. Es sind je zwei derartige Fugen, aus hartem und weichem Holz, der Probe zu unterwerfen. Brauchbarer L. muß eine Durchschnittsbelastung von mindestens 70 kg für die Fugen ergeben.

Bei der Darstellung des Leims entwickeln sich sehr übelriechende Dämpfe, welche die Arbeiter und die Nachbarschaft belästigen. Zur Minderung dieses Übelstandes sind Vorschriften erlassen worden, welche die Benutzung in Verwesung übergegangener tierischer Abfälle verbieten, die Einkalkung frischer Abfälle und die Aufbewahrung des Leimguts in völlig trocknen, der Luft zugänglichen Räumen vorschreiben. Die Abwässer dürfen nicht in den Erdboden des Fabrikgrundstücks versenkt werden, auch ist ihre Ableitung in offene Gräben nur gestattet, wenn sie vorher mit Kalkmilch vermischt und durch Absetzen völlig schlammfrei gemacht worden waren. Bei Anlage von Leimfabriken wird in neuerer Zeit Gewicht darauf gelegt, daß ein geeignetes Terrain vorhanden sei, auf welchem die Abwässer durch Rieselung unschädlich gemacht werden können. Zum Kochen des Leimguts ist ein Kessel mit Blechhaube anzuwenden, welche die Ableitung der Dämpfe unter den Rost der Kesselfeuerung gestattet. Niemals dürfen die Dämpfe unmittelbar ins Freie abgelassen werden. Die Rückstände von der Verkochung des Leimguts sind sofort in geschlossenen Behältern aus der Fabrik zu entfernen oder in gemauerten, zementierten und verschlossenen Gruben mit Kalk oder Chlorkalk zu behandeln, um sie von Zeit zu Zeit fortzuschaffen.

Leinster, Charles William Fitzgerald, vierter Herzog von, starb 13. Mai 1887. Gegenwärtiger Inhaber des Titels ist sein Sohn Gerald Fitzgerald, geb. 16. Aug. 1851.

Leipzig, Stadt. Durch Einverleibung der Gemeinden Reudnitz und Anger-Krottendorf (1. Jan. 1889), der Gemeinden Volkmarsdorf, Neustadt, Neuschönefeld, Sellerhausen, Neureudnitz, Thonberg, Gohlis und Eutritzsch (1. Jan. 1890) in die Stadt L. ist die Zahl der Einwohner auf 287,000 gestiegen.

 Leisten, Jakob, Maler, geb. 1845 zu Düsseldorf, besuchte 1861–63 die dortige Akademie und das Atelier des Bildhauers Reiß und widmete sich erst 1864 der Malerei. Nachdem er 1869–73 in München gearbeitet hatte, ließ er sich in Düsseldorf nieder. Seine Genrebilder sind von geist- und gedankenvoller Komposition, ernstem Gefühl, mit großer Sorgfalt und in glänzendem, tiefgestimmtem Kolorit aufgeführt. Die hervorragendsten sind: ein Liebesbrief, die erste Mitrailleuse, Werther und Lotte, Idylle, Begraben, der Ehekontrakt, Wochenbesuch bei der Gutsherrschaft, der letzte seines Namens, Waldschlößchen, Aufbruch zum Hochzeitstanz, Onkel Kardinal, Duett und Wartesaal I. und II. Klasse.

Lemaître, 1) Frédéric, franz. Schauspieler. Eine ausführliche Biographie schrieb Lecomte (Par. 1888, 2 Bde.).

  2) Jules, franz. Schriftsteller, geb. 27. April 1853 zu Vennecy (Loiret), war zuerst Zögling des kleinen Priesterseminars in Paris, bildete sich aber dann in der höhern Normalschule zum akademischen Lehrer aus, wirkte als solcher in Havre, in Algier, Besançon und Grenoble und widmete sich später in Paris dem Journalismus. In der „Revue bleue“ that L. sich zuerst durch seine Studien über zeitgenössische Schriftsteller hervor, schrieb prickelnde Chroniken für den „Figaro“, gegenwärtig die täglichen „Billets du matin“ im „Temps“. Er versuchte sich fast in allen Gattungen und in den meisten mit Glück, bisher am wenigsten auf der Bühne, wo sein vieraktiges Schauspiel „Révoltée“ trotz vorzüglicher Eigenschaften mehr Tadel als Lob erntete. Seine Werke sind: „Les médaillons“, Gedichte (1880); „Petites Orientales“, Gedichte (1882); „La comédie après Molière et le théâtre de Dancourt“ (1882); „Serenus, histoire d’un martyr“ (1886); „Les contemporains, études et portraits littéraires“ (1885 ff., 4 Bde.); „Impressions de théâtre“ (1889, 4 Bde.); „Corneille et la poétique d’Aristote“ (1889).

 Lemonnier, Camille, namhafter belg. Schriftsteller, geb. 24. März 1845 zu Brüssel, lebt in La Hulpe. Gegenwärtig der bedeutendste Vertreter der französisch-belgischen Litteratur und mit E. Picard Haupt des „jungen Belgien“, einer Gruppe, welche das Wiederaufleben derselben in Belgien anstrebt, gehört L. zur äußersten realistischen Schule. Trotzdem er Zola im Derben wie im Haschen nach seltenen Ausdrücken zu überbieten sucht, kann man seinen Erzählungen, Skizzen und Romanen („Nos Flamands“, 1869; „Contes flamands et wallons“, 1873; „Bébés et joujoux“, 1880; „Les charniers, Sedan“, 1881; „Un mâle“, 1882; „Le mort“, 1882; „Thérèse Monique“, 1882; „Ni chair ni poisson“, 1884; L’Hystérique“, 1884; „Les concubins“, 1885; „Happe-Chair“, 1886; „Noëls flamands“, 1887; „La comédie des jouets“, 1887; Madame Lupar“, 1888, u. a.)

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 524. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0528.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2021)