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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16

der bildenden Künste ein, in welcher Stellung er seitdem eine eifrige Lehrthätigkeit entfaltet hat. Seine künstlerischen Schöpfungen, welche Historien-, Porträt- und Genremalerei umfassen, hielten sich fortan in den Grenzen eines strengen, nüchternen Realismus, welcher seinen Hauptzweck in der treuen Wiedergabe der wirklichen Erscheinung ohne Hinzufügung poetisch-idealer Elemente sucht. Die Ereignisse der Jahre 1870 und 1871 boten ihm die Motive zu denjenigen seiner Bilder, die den größten Beifall gefunden heben. Es sind: Moltke in seinem Arbeitszimmer zu Versailles, Moltke vor Paris, die Kaiserproklamation in Versailles (1876, im königlichen Schloß zu Berlin; kleinere Wiederholung im Besitz des Fürsten Bismarck; in andrer Fassung als Wandgemälde in der Herrscherhalle des Berliner Zeughauses), Kaiser Wilhelm I. im Mausoleum zu Charlottenburg 19. Juli 1870, das Panorama der Schlacht bei Sedan in Berlin (zusammen mit Bracht, Röchling u. a.), Moltke bei Sedan und das Genrebild: Kriegsgefangen (1886). Seine Art der Auffassung bleibt hinter der Aufgabe zurück, wo es sich um tiefere Charakteristik handelt, wie z. B. in der Darstellung des Schlußakts des Berliner Kongresses von 1878 (im Rathaus zu Berlin), in Einzelbildnissen (Fürst Bismarck im Reichstag) und in Gruppenbildnissen (Dr. Luther auf einem Familienfest, Feier des 70. Geburtstags). Von seinen übrigen Schöpfungen sind hervorzuheben: die Gemälde im Rathaussaal zu Saarbrücken mit Darstellungen aus dem Krieg von 1870, die Krönung Friedrichs I. in Königsberg (im Berliner Zeughaus) und die Eröffnung des deutschen Reichstags durch Kaiser Wilhelm II. 15. Juni 1889.

9) E., Pseudonym, s. Bürstenbinder.

10) Franz von, s. Murad Efendi.

11) Hans, Pseudonym, s. Blaze de Bury.

Werner von Eppenstein, Erzbischof von Mainz, war Dompropst daselbst, als er 1259 zum Erzbischof erwählt wurde. Auf seiner Reise nach Rom 1261 zur Einholung seiner Bestätigung und des Palliums ward er durch die Alpen von dem Grafen Rudolf von Habsburg geleitet, dessen treffliche Eigenschaften er hierbei kennen lernte. Nach dem Tod Richards von Cornwallis bewirkte er daher 1273, daß sich die rheinischen Kurfürsten über eine neue Königswahl einigten und 29. Sept. 1273 Rudolf gewählt wurde. Obwohl er auf Vergrößerung seines Bistums und Erweiterung der fürstlichen Allgewalt eifrig bedacht war und deswegen auch wiederholt mit seinen Nachbarn in Fehde geriet, unterstützte er doch Rudolf bei Begründung seiner Herrschaft und Herstellung des Landfriedens. Er starb 2. April 1284 in Aschaffenburg. Vgl. von der Ropp, Erzbischof Werner von Mainz (Götting. 1872).

Wernerīt, s. Skapolith.

Werneuchen, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, Kreis Oberbarnim, mit (1885) 1740 Einw.

Wernher, 1) (Werinher) der Pfaff oder Mönch genannt, lebte im 12. Jahrh. und ist Verfasser eines Gedichts von dem „Leben der Jungfrau Maria“ in drei Büchern, nach einer lateinischen Legende, das bis zur Rückkehr aus Ägypten geht, herausgegeben von F. W. Ötter (Nürnb. 1802), besser von Hoffmann in seinen „Fundgruben“ (Bd. 2, Bresl. 1837), zuletzt von Feifalik (Wien 1860). Früher nahm man irrig an, daß W. identisch sei mit dem unter Abt Eberhard als Mönch im Kloster Tegernsee lebenden W., der eine für die damalige Zeit große Geschicklichkeit in der Miniatur- und Glasmalerei besaß. – Ein jüngerer W., Bruder W. genannt, wahrscheinlich Laienbruder in einem Kloster, lebte 1220–66 und ist einer der bessern Spruchdichter aus der Schule Walthers von der Vogelweide. Vgl. K. Meyer, Untersuchungen über das Leben Reinmars von Zweter und Bruder Werners (Bas. 1866); Lamey, Bruder Werner (1880).

2) Adolf, Chirurg, geb. 20. Sept. 1809 zu Mainz, studierte in Gießen, Heidelberg und Berlin, dann in Frankreich und England unter Dupuytren und Cooper, ließ sich als Arzt in Offenbach nieder, wurde 1835 außerordentlicher, 1837 ordentlicher Professor der Chirurgie in Gießen, 1845 auch Professor der pathologischen Anatomie daselbst. Er trat 1878 in den Ruhestand und starb 4. Juli 1883 in Mainz. W. arbeitete besonders über Geschwülste und Brüche und schrieb: „Handbuch der allgemeinen und speziellen Chirurgie“ (2. Aufl., Gieß. 1862–63, 2 Bde.); „Die Bestattung der Toten“ (das. 1880); „Zur Impffrage, Resultate der Vaccination etc.“ (Mainz 1883) u. a.

Wernher der Gartener, Dichter, lebte als Pater Guardian in dem bayrischen Kloster Ranshofen und verfaßte zwischen 1234 und 1250 die poetische Erzählung vom „Meier Helmbrecht“, die älteste deutsche Dorfgeschichte. Sie schildert das übermütige Leben und Treiben eines jungen reichen Bauern, der mit seinen Genossen zu den ärgsten Freveln sich versteigt und ein tragisches Ende findet. Die unmittelbar nach der Wirklichkeit gezeichnete Charakteristik und Lebendigkeit verleihen dieser Dichtung einen hohen kulturgeschichtlichen Wert. Herausgegeben ward sie von Haupt (in der „Zeitschrift für deutsches Altertum“, Bd. 4), von Lambel (in „Erzählungen und Schwänke“, 2. Aufl., Leipz. 1883) und von Keinz (in „Meier Helmbrecht und seine Heimat“, 2. Aufl., das. 1887); übersetzt von Schröder (Wien 1865), Pannier (Köthen 1876) und L. Fulda (Halle 1889).

Wernigerode, standesherrliche Grafschaft am Harz, den Grafen von Stolberg-W. gehörig, ehemals zum obersächsischen Kreis gerechnet, zwischen Halberstadt, Grubenhagen und Wolfenbüttel, bildet seit 1825 einen Kreis des preußischen Regierungsbezirks Magdeburg, umfaßt 278 qkm (5,05 QM.) und hat (1885) 26,481 Einw. Der nördliche Teil der Grafschaft bildet eine nur von einigen Anhöhen unterbrochene Ebene, der südliche umfaßt den höchsten Teil des Harzes mit dem Brocken, dem Ilsethal und großen Waldungen. Der Hauptort der Grafschaft und des Kreises, die Stadt W., an der Holzemme, am nördlichen Fuß des Harzes und an der Linie Heudeber-Ilsenburg der Preußischen Staatsbahn, 232 m ü. M., hat 4 evang. Kirchen und eine Kapelle, eine altluther. Kirche, ein altertümliches Rathaus, ein Gymnasium, ein Waisenhaus des Pestalozzivereins der Provinz Sachsen (Plemnitzstiftung), ein großes Hospital, 3 Kuranstalten für Nervenleidende, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, Branntweinbrennerei, Eisen- und Kunstgießerei, Papier-, Wagen-, Schokolade-, Marmor- und Farbwaren-, Zigarren-, Kutschgeschirr-, Mineralwasser-, Konserven-, Lampen- und Käsefabrikation, Wollweberei, eine Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen, Steinbrüche, Bierbrauerei, Sägemühlen, eine Anstalt für Landschaftsphotographie, Kunstschlosserei, Holzhandel etc. und (1885) 9085 meist evang. Einwohner. Neben der Stadt liegt auf einem 260 m hohen Berg das schöne, neurestaurierte gräfliche Residenzschloß mit Bibliothek von 95,000 Bänden, Gemäldegalerie, Naturalienkabinett und Tiergarten. Dicht bei W. die Dörfer Hasserode (s. d.) und Nöschenrode. – Die Grafschaft hatte schon seit dem Anfang des 12. Jahrh. eigne Grafen, unter denen Konrad II. 1268 die Grafschaft den brandenburgischen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 541. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b16_s0541.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2021)