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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16

Lieder für Männer-, Frauen- oder gemischten Chor, die Motetten etc. bis hinauf zur reinen Gesangsmesse; zu letzterer das Kunstlied, die Arie, Kavatine, das Recitativ, Duett, Terzett und die andern mehrstimmigen Sätze. Aus der Verbindung dieser Tonformen, besonders der letztern, entstehen die größern musikalischen Kunsterzeugnisse, die Oper, das Oratorium, die Kantate etc.

Vokation (lat.), Berufung zu einem Amt.

Vokativ (lat.), s. Kasus.

Vol., Abkürzung für Volumen (s. d.), besonders auch im Französischen und Englischen für Volume, Band (eines mehrbändigen Buches).

Volābel (lat.), flüchtig; Volabilität, Flüchtigkeit.

Voland (Junker V.), s. Faland.

Volant (franz., spr. wolāng), Federball; Flügel der Windmühle; lose aufgesetzter Besatz von dünnem Stoff auf Damenkleidern (vgl. Falbel).

Volapük („Weltsprache“; a. d. engl. world, „Welt“, und speak, „sprechen“), von dem Pfarrer Joh. Mart. Schleyer (geb. 18. Juli 1831 zu Oberlauda in Baden, seit 1885 in Konstanz privatisierend) erdachter Name der von ihm 1879 konstruierten künstlichen Sprache, welche als Verständigungsmittel zwischen Angehörigen verschiedener Nationen dienen soll. Es gibt jetzt Weltsprachevereine in den meisten Städten Deutschlands, in fast allen großen Städten Österreich-Ungarns und Frankreichs, ferner in England, Italien, Holland, Belgien, Spanien, Portugal, Rußland, Skandinavien, der Schweiz, Amerika, China, Ägypten etc. Neben den von dem sprachenkundigen Erfinder selbst verfaßten Grammatiken des V. in 20 verschiedenen Sprachen und seinem „Wörterbuch des V.“ gab es Anfang 1889: 23 Volapükzeitungen, worunter 6 in Deutschland erscheinende, verschiedene „Volapüka-buks“, d. h. Übersetzungen in V. aus verschiedenen Sprachen, und eine ganze Litteratur über das V. (Lehrbücher von Kirchhoff, Fieweger, Schnepper, Kniele, Colling, K. F. Hoffmann, Heine, Plaumer, Toussaint u. a.). Der Glanzpunkt des V. ist seine überaus einfache und regelmäßige Grammatik. Die Deklination beruht auf der abwechselnden Anfügung der drei Vokale a, e, i an den Wortstamm zur Bezeichnung der Kasus, und des Konsonanten s zur Bezeichnung der Mehrzahl. So:

men der Mensch       mens die Menschen
mena des Menschen       menas der Menschen
mene dem Menschen       menes den Menschen
meni den Menschen       menis die Menschen.

Die Konjugation wird durch Anhängung der Pronomina ob ich, ol du, om er, of sie etc. und des pluralischen s gebildet, also z. B.:

löfob ich liebe       löfof sie liebt
löfol du liebst       löfobs wir lieben
löfom er liebt       löfols ihr liebt etc.

Andre Konjugationsendungen dienen zur Bezeichnung des Konjunktivs, Imperativs, Infinitivs, Partizips, während die Zeiten und Genera des Verbums durch vorn angefügte Silben ausgedrückt werden. Einige weitere Präfixe und Suffixe werden zur Bildung der Adjektive, Superlative etc. verwendet. Der Wortschatz des V. umfaßt zur Zeit gegen 14,000 Wörter, worunter etwa 1300 Wurzelwörter. Von letztern ist etwa ein Drittel, darunter die gebräuchlichsten Wörter, dem Englischen, ein Viertel dem Latein und den romanischen Sprachen, ein Fünftel dem Deutschen, der Rest andern lebenden Sprachen entnommen. Die Diphthonge, das h und r sind verbannt, dagegen finden sich die Zwischenvokale ä, ö, ü mit besonderer Vorliebe verwendet. Die Lebensfähigkeit des V. bleibt unbewiesen, solange es wie bisher vorwiegend den Charakter einer gelehrten Spielerei behält. Den praktischen Standpunkt scheinen die französischen Anhänger des V. unter der Führung von A. Kerckhoffs, dem Herausgeber der Zeitschrift „Le Volapük“, einzunehmen, indem sie das V. ausschließlich als internationale Handelssprache (langue commerciale internationale) kultivieren, die eine Art Ergänzung zu den internationalen Signalen der seefahrenden Nationen bilden soll. Doch sind die lobenswerten Zwecke des V. auf dem Gebiet des telegraphischen Verkehrs zwischen Handelsfirmen verschiedener Länder schon mehrfach durch den Gebrauch verabredeter Wörter erreicht worden. Vgl. Schleyer, Grammatik der Universalsprache V. (7. Aufl., Konst. 1887); Derselbe, Großes Weltsprachewörterbuch (4. Aufl., das. 1888); „Rund um die Welt, eine Zeitschrift für Volapükisten“ (Berl. 1888 ff.). S. auch Weltsprache.

Volaterrä, Stadt, s. Volterra.

Vol au vent (franz., spr. woll o wāng), Hohlpastete, Blätterteigpastete mit Deckel, feinem Ragout oder Frikassee von Wild, Geflügel, Zunge, Kalbsmilch etc.

Volcāno (Tinakura), s. Santa Cruz 1 (Inselgruppe).

Volci (etruskisch Velsu), eine der etrurischen Zwölfstädte, 8 km vom Tyrrhenischen Meer, westlich des Flusses Armenta (heute Fiora) gelegen, in der Geschichte nur einmal genannt aus Anlaß eines 280 v. Chr. von den Römern über V. gefeierten Triumphs. Bald darauf machten letztere auch das als Hafen zu V. gehörige Cosa (heute Ruinenstätte Ansidonia) zu einer Kolonie. Die Bedeutung und der Reichtum von V. wird durch ihre seit 1828 ausgegrabene Nekropole auf dem noch heute Pian de Voci genannten Felde dargethan, welche den europäischen Museen eine Menge durch Schönheit und Verschiedenartigkeit gleich ausgezeichneter Prachtvasen, Geschmeide, Bronzearbeiten etc. geliefert hat.

Vole (franz., spr. woll), Kunstausdruck für die Gesamtheit der Stiche im Kartenspiel, Schlemm.

Volénte Deo (lat., abgek. v. D.), so Gott will.

Volénti non fit injuria (lat.), „dem Wollenden geschieht nicht Unrecht“, ein nur auf erwerbliche und veräußerliche Rechte anwendbarer Grundsatz; außerdem s. v. w. unser „Des Menschen Wille ist sein Himmelreich“.

Volero, s. Publilius.

Volger, 1) Wilhelm Friedrich, verdienter Schulmann, geb. 31. März 1794 zu Neetze bei Lüneburg, studierte in Göttingen erst Theologie, sodann Naturgeschichte, Geographie und Geschichte, wurde 1815 Kollaborator am Johanneum zu Lüneburg und 1830 Rektor, 1844 Direktor der mit dem Johanneum vereinigten Realklassen. 1867 trat er in den Ruhestand und starb 6. März 1879. Außer einer Reihe von vielbenutzten Schulbüchern für den geschichtlichen und geographischen Unterricht an höhern Lehranstalten veröffentlichte er: „Geschichtstafeln“ (Hamb. 1847–1850, 2 Tle.); „Der Dreißigjährige Krieg im Fürstentum Lüneburg“ (Lüneb. 1847–54, 3 Tle.); „Der Ursprung und der älteste Zustand der Stadt Lüneburg“ (das. 1861); „Die Patrizier der Stadt Lüneburg“ (das. 1863); „Urkundenbuch der Stadt Lüneburg“ (das. 1872–77, 3 Bde.).

2) Georg Heinrich Otto (genannt Senckenberg), Geolog und Mineralog, Sohn des vorigen, geb. 30. Jan. 1822 zu Lüneburg, studierte in Göttingen, habilitierte sich daselbst 1847, wurde 1849 Lehrer

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b16_s0258.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2021)